In ihren Programmen zur Bundestagswahl fordern die Parteien die Sicherstellung und schnelle Verfügbarkeit von Arzneimitteln sowie die Entwicklung von Medikamenten für schwerkranke Patienten, von Antibiotika und Impfstoffen. Je nach politischem Blickwinkel werden dabei finanzielle und strukturelle Anreize für die Pharmaindustrie und wettbewerbliche Instrumente betont – oder stärker auf Regulierung gesetzt. Nach Auffassung der Barmer muss das Ziel der Arzneimittelpolitik sein, einen schnellen Zugang zu Arzneimittel-Innovationen sicherzustellen und gleichzeitig die Bezahlbarkeit für das Gesundheitssystem im Blick zu behalten.
Berlin, 03.09.2021 – Eine besondere Herausforderung bei innovativen Medikamenten stellt die immer größer werdende Zahl hochpreisiger Arzneimittel im Bereich neuartiger Therapien dar, etwa in der Onkologie oder bei seltenen Erkrankungen. Um die Patientensicherheit dieser vielfach nur wenig erprobten innovativen Arzneimitteltherapien zu erhöhen, sollten sie nur an hochspezialisierten, besonders qualifizierten Zentren wie Unikliniken zum Einsatz kommen. In diesem kontrollierten Umfeld kann durch eine umfassende Evaluation die Datenlage zur Wirksamkeit verbessert und gleichzeitig eine hohe Behandlungsqualität sichergestellt werden. Zentral sind dabei eine enge wissensgenerierende Begleitung des therapeutischen Einsatzes sowie klare Qualitätsanforderungen an die Kliniken, wie die Therapie einer Erkrankung und der Umgang mit möglichen Nebenwirkungen abzulaufen hat.
Die Rolle der Krankenkassen muss dabei zukünftig über die eines „reinen Kostenträgers“ hinausgehen und sollte darin bestehen, die Qualitäts- und Sicherheitskriterien für die Versorgung mit neuen Therapieansätzen mitzugestalten – auch um auf diesem Wege dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit der Versorgung Rechnung zu tragen. Damit kann die Finanzierbarkeit und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems erhalten und eine Arzneimittelversorgung auf hohem Niveau gesichert werden.
Preis und Nutzen neuer Arzneimittel müssen in einem vertretbaren Verhältnis stehen. Für die Zukunft werden deshalb Strategien benötigt, wie notwendige Arzneimitteltherapien zu bezahlbaren Preisen gewährleistet werden können. Dazu zählt etwa, dass der mit dem GKV-Spitzenverband verhandelte Erstattungsbetrag für ein neues Arzneimittel rückwirkend ab dem ersten Tag des Inverkehrbringens wirken muss und nicht erst ab dem 13. Monat.
Sogenannte Orphan Drugs, also Medikamente für Menschen mit seltenen Erkrankungen, spielen eine immer größere Rolle in der Arzneimittelversorgung. Auch Patientinnen und Patienten mit seltenen Erkrankungen haben ein Recht auf eine evidenzbasierte Behandlung. Daher sollten keine Sonderregelungen mehr zugelassen und eine frühe Nutzenbewertung mit anschließenden Preisverhandlungen aller neuen Orphan Drugs verankert werden.
Mit diesem Beitrag positioniert sich die Barmer zur Bundestagswahl 2021.