Arzneimittel können unter Umständen zu erheblichen Risiken für Patientinnen und Patienten führen. So kann die gleichzeitige Einnahme verschiedener Medikamente Wechselwirkungen verursachen. Der aktuelle Arzneimittelreport der Barmer hat gezeigt, dass bei Schwangeren ein Defizit in der Arzneimitteltherapiesicherheit besteht, da ihnen teilweise kindsschädigende Medikamente verordnet werden. Notwendig ist daher die Entwicklung eines sektorenübergreifenden Arzneimitteltherapie-Managements unter Nutzung der digitalen Möglichkeiten.
Berlin, 26.08.2021 – AdAM, TOP und eRIKA sind die Innovationsfondsprojekte der Barmer zur Erprobung einer digital unterstützten Strategie für eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Arzneimitteltherapiesicherheit. Sie alle haben ein Ziel – das Risiko für Patientinnen und Patienten bei der Einnahme von Medikamenten zu minimieren. Alle Projekte nutzen die Vorteile digitaler Vernetzung. Gleichzeitig sollen sie die sich etablierenden digitalen Anwendungen wie elektronische Patientenakte und eMedikationsplan an den hohen Anforderungen der Arzneimitteltherapiesicherheit ausrichten.
AdAM unterstützt das Arzneimitteltherapie-Management im ambulanten ärztlichen Bereich
Um Hausärztinnen und Hausärzte beim Arzneimitteltherapie-Management ihrer Patienten zu unterstützen, wurde das Versorgungsprojekt AdAM entwickelt. Im Rahmen von AdAM können Hausärzte über eine Webanwendung behandlungsrelevante Informationen aus dem Abrechnungsdatenbestand der Barmer über ihre Patienten anfordern. Damit erhalten Ärztinnen und Ärzte nicht nur einen Einblick über die von der Krankenkasse für die Patienten abgerechneten Arzneimittel, was die Erstellung eines Medikationsplans und die inhaltliche Prüfung der Arzneimittelverordnungen erleichtert. Sie bekommen auch patientenspezifische Hinweise auf vermeidbare Risiken der Arzneitherapie. Der digital gestützte Prozess ermöglicht zudem die Erstellung eines umfassenden Medikationsplans mit laienverständlichen Hinweisen.
Das Projekt zur Minimierung von Arzneimittelrisiken wurde aus Mitteln des Innovationsfonds zunächst gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung in Westfalen-Lippe umgesetzt. Das Projekt läuft jetzt aus. Damit die gewonnenen Erkenntnisse nicht nur Patienten in Westfalen-Lippe zu Gute kommen, sollte das Projekt nach erfolgreicher Evaluation anhand kollektivvertraglicher Regelungen bundesweit Eingang in die Regelversorgung finden.
TOP schlägt die Brücke zwischen den Sektoren
Häufig gibt es Informationsdefizite zur Medikation eines Patienten zwischen Krankenhaus und weiterbehandelndem Arzt. Mit TOP sollen die vermeidbaren Risiken der Arzneimitteltherapie und der Sterblichkeit insbesondere von Patienten mit Mehrfacherkrankungen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sowie die Zahl der Re-Hospitalisierungen gesenkt werden.
Das Projekt stellt den Krankenhäusern deshalb ebenfalls alle behandlungsrelevanten Informationen aus Krankenkassendaten zur Verfügung, sofern die Patienten ihr Einverständnis gegeben haben. Dazu gehören Vorerkrankungen und eine Liste aller verordneten Arzneimittel – ähnlich wie bei dem Projekt AdAM.
Zudem ist eine enge Zusammenarbeit von Apothekern und Ärzten im Krankenhaus vorgesehen, um Medikationsrisiken für Patienten während und nach ihrer stationären Behandlung zu vermeiden. Im Krankenhaus wird der Medikationsplan der Teilnehmer vervollständigt oder, sofern noch nicht vorhanden, erstmalig erstellt und um laienverständliche Hinweise ergänzt.
eRIKA – Automatische Prüfung auf Arzneimitteltherapiesicherheit schon bei Verordnung
Mit dem Projekt eRIKA schließlich sollen – vorbehaltlich einer Zusage der Förderung durch den Innovationsfonds – die vermeidbaren Risiken bei der Medikation auf allen Versorgungspfaden der Patienten durch das Gesundheitswesen aufgespürt und verhindert werden. So soll bei der Verordnung eines Arzneimittels und der Abgabe durch die Apotheke immer eine automatische Prüfung auf Arzneimitteltherapiesicherheit durchgeführt und gegebenenfalls Anpassungen in der Arzneimitteltherapie vorgenommen werden.
Bei der Entwicklung dieses komplexen Prozesses wird KIM, der digitale Dienst der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die Kommunikation unter Leistungserbringern, mitgeführt. Die gematik und der health innovation hub (hih) des Bundesministeriums für Gesundheit sind im Expertenbeirat des Projekts. Perspektivisch wird eine „Harmonisierung“ des digitalen Prozesses mit der elektronischen Patientenakte angestrebt.
Damit moderne Versorgungsansätze allen Versicherten zu Gute kommen, ist es wichtig, dass die gewonnenen Erkenntnisse aus den Innovationsfondsprojekten zeitnah den Weg in die Regelversorgung finden.