Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zieht Konsequenzen aus den jüngsten Arzneimittelskandalen. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) soll die Kompetenz der Bundesbehörden bei Rückrufen gestärkt und der Arzneimittelvertrieb sicherer werden. Neben diesen aus Sicht der Barmer wichtigen Neuregelungen zur Arzneimittelüberwachung sind eine Reihe von Änderungen etwa in der Versorgung mit Biosimilars oder bei der Honorierung von Zytostatika vorgesehen. Das elektronische Rezept soll deutlich früher starten als bislang geplant.
Berlin, 27.11.2018 – Nach der Verunreinigung des blutdrucksenkenden Wirkstoffs Valsartan in einem chinesischen Zuliefererbetrieb, der mutmaßlich illegalen Einschleusung von gestohlenen Arzneimitteln aus Griechenland über einen Arzneimittelimporteur in Brandenburg sowie der mutmaßlich kriminellen Falschdosierung von Krebsarzneimitteln durch einen Apotheker in Bottrop zieht Bundesgesundheitsminister Spahn gesetzgeberische Konsequenzen.
So sieht der Entwurf des am 16.11.2018 vorgelegten GSAV vor, dass Krankenkassen bei Arzneimittelrückrufen wegen Qualitätsmängeln künftig einen Regressanspruch gegenüber den Herstellern erhalten. Die Regelung ist aus Sicht der Kassen sinnvoll, ebenso wie die geplante Beteiligung der Bundesbehörden bei Inspektionen von Herstellerbetrieben in Drittstaaten. Auch können die geplante erweiterte Rückrufkompetenz bei Qualitätsmängeln und unangemeldete Inspektionen bei herstellenden Apotheken und Betrieben dazu beitragen, die Arzneimittelsicherheit zu verbessern.
Um Missbrauch wie im Fall Bottrop in der Zytostatikaversorgung in Zukunft zu vermeiden, sollen Herstellung und Preisverhandlungen voneinander getrennt werden. Dazu sollen die Krankenkassen auf Landesebene mit der Pharmaindustrie die Preise für die Wirkstoffe verhandeln. Die Apotheken erhalten für die Herstellung von Krebsarzneimitteln einen festen Arbeitspreis von 110 Euro und den verhandelten Einkaufspreis bzw. höchstens den Apothekeneinkaufspreis des verwendeten Fertigarzneimittels. Bislang rechnen zytostatikaherstellende Apotheken den Preis nach Hilfstaxe ab, der zwischen GKV-Spitzenverband und Deutschem Apothekerverband vereinbart wurde.
Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Gesundheit belaufen sich die Mehrkosten für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) auf ca. 120 Millionen Euro pro Jahr. Ob die erwarteten Einsparungen von 300 Mio. Euro durch die Rabattvereinbarungen der Kassen erreicht werden können und die Transparenz des tatsächlichen Einkaufspreises durch die geplante Gesetzesänderung erzielt wird, ist jedoch fraglich.
Positiv ist, dass die Verordnung von Biosimilars in der GKV gefördert werden soll. Neben der Vereinbarung von Verordnungszielen auf Ebene der Kassenärztlichen Vereinigungen soll auch die Austauschbarkeit analog der Generika verbindlich geregelt werden. Dies ist klug, denn Biosimilars schaffen Wettbewerb im Markt der Biologicals. Sie sind ein Schlüssel zu mehr Wirtschaftlichkeit im Arzneimittelbereich und können helfen, die Ausgaben in der GKV zu dämpfen.
Schließlich ist die beschleunigte Einführung des elektronischen Rezeptes im Arzneimittelbereich vorgesehen. Notwendig ist dabei nach Ansicht der Barmer eine gesetzliche Regelung, nach der eine unkomplizierte Einlösung des eRezeptes durch den Versicherten in der Apotheke ermöglicht wird.