Gesetzgebung

Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsqualität im Krankenhaus und zur Reform der Vergütungsstrukturen (Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – KHVVG)

Lesedauer unter 16 Minuten

Termine Gesetzgebung

- zustimmungsfrei -
22.11.20242. Durchgang Bundesrat
17.10.20242./3. Lesung Bundestag
25.09.2024Anhörung im Gesundheitsausschuss
05.07.20241. Durchgang Bundesrat
27.06.20241. Lesung Bundestag
15.05.2024Kabinettsbeschluss
13.03.2024Referentenentwurf (nicht ressortabgestimmt)
13.11.2023Überarbeiteter Arbeitsentwurf
27.09.2023Überarbeiteter Arbeitsentwurf
19.09.2023Arbeitsentwurf Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG)
10.07.2023Gemeinsame Eckpunkte von Bund und Ländern
06.12.2022Dritte Empfehlung Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung: 
Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung

Wesentliche Inhalte des Gesetzes

  • Krankenhausplanung nach bundeseinheitlichen Leistungsgruppen
  • Einführung einer Vorhaltevergütung 
  • Regelungen zu sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen 
  • Etablierung eines Transformationsfonds zum Umbau der Krankenhauslandschaft 
  • Liquiditätssicherung für Krankenhäuser (Vollfinanzierung Tariflohnsteigerungen, volle Berücksichtigung des Orientierungswertes) 

So positioniert sich die Barmer

KHVVG mit letzten Änderungen beschlossen

Die Krankenhausreform ist am 17.10.2024 in 2./3. Lesung vom Deutschen Bundestag beschlossen worden. Am 22.11.2024 ist der 2. Durchgang des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG) im Bundesrat geplant. 
Zuvor hatten sich die Abgeordneten der Ampel-Koalition auf ein umfangreiches Paket an Änderungsanträgen verständigt. Darin werden verschiedene Präzisierungen und Neuregelungen getroffen, etwa zu den Vorgaben für die Leistungsgruppen oder für die weitere Förderung der Ambulantisierung. Änderungen sind auch am geplanten Krankenhaustransformationsfonds oder bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen vorgesehen.

Während die grundsätzliche Ausrichtung der Reform sowie die Finanzierungssystematik des Krankenhaustransformationsfonds bestehen bleiben, gibt es eine Reihe von Änderungen etwa bei den Förderkriterien für Transformationsfondsprojekte. Anders als bisher vorgesehen, sollen zukünftig sowohl zusätzliche Ausbildungskapazitäten bei Kooperationen und Verbundbildungen förderfähig werden, als auch Maßnahmen im Bereich der digitalen Infrastruktur von Krankenhäusern.
Als Voraussetzung für die Förderung von Transformationsfondsprojekten sah der Entwurf des KHVVG bislang die Verpflichtung für die Länder vor, in den Jahren 2026 bis 2035 Haushaltsmittel zur Förderung der Krankenhausinvestitionen mindestens in Höhe des Durchschnitts der Jahre 2021 bis 2024 aufzubringen. Dieser Zeitraum wird nun auf die Jahre 2021 bis 2023 verkürzt. Gleichzeitig müssen die bereitzustellenden Investitionsfördermittel um die abgebildeten Kostensteigerungen des Orientierungswertes in 2024 erhöht werden. 
Schließlich soll sich neben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch die private Krankenversicherung (PKV) an den Kosten des Transformationsfonds beteiligen, jedoch auf freiwilliger Basis. Sofern die PKV dies nicht tut, würde das Bundesgesundheitsministerium (BMG) dem Deutschen Bundestag erstmals bis Ende März 2026 eine Finanzierungsregelung unter Einbeziehung der PKV und der weiteren Kostenträger außerhalb der GKV vorschlagen.

Position der Barmer
Es ist nicht nachvollziehbar, warum aus einem Fonds zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen auch Ausbildungskapazitäten gefördert werden sollen, zumal die GKV bereits heute systemwidrig für einen erheblichen Anteil der Ausbildungsfinanzierung aufkommt.
Die Regelung zur Berücksichtigung der Steigerungen des Orientierungswerts bei der Bereitstellung der Investitionsmittel ist schlüssig und sinnvoll, da sich das Kostenniveau zwischen 2021 (erstes Referenzjahr) und 2035 (letztes Jahr des Transformationsfonds) erheblich verändern wird.
Die Umgestaltung der Krankenhauslandschaft ist eine Aufgabe der Bundesländer und muss deshalb durch öffentliche Mittel finanziert werden. Kritisch ist daher, dass der Konstruktionsfehler einer hälftigen Finanzierung durch die Beitragszahler nicht behoben wurde. Dies wird auch nicht durch eine freiwillige Beteiligung der PKV aufgelöst.

Die Koalition nimmt Abstand von den bislang geplanten Stichprobenprüfungen für Krankenhausrechnungen. Stattdessen soll die etablierte Einzelfallprüfung im Rahmen des Prüfquotensystems mit Blick auf eine mögliche Entbürokratisierung weiterentwickelt werden. Dafür wird der bisher prozentual, in Abhängigkeit vom Anteil der beanstandeten Rechnungen ermittelte Aufschlag, in einen pauschalen Aufschlag umgewandelt. Dadurch entfällt zukünftig die aufwändige Berechnung der konkreten Aufschlagshöhe. Zudem wird das Konfliktpotenzial zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen gesenkt, welches in der Vergangenheit vermehrt zu Rechtsstreitigkeiten geführt hat, heißt es im Änderungsantrag.

Position der Barmer
Bereits heute sind die Krankenkassen bei der Prüfung von Krankenhausrechnungen durch gesetzliche Vorgaben stark eingeschränkt. Eine Umstellung auf Stichprobenprüfungen hätte die Effizienz weiter eingeschränkt und zu massiven Mehrausgaben geführt. Es ist daher wichtig, dass die Einzelfallprüfungen von Krankenhausrechnungen erhalten bleiben und eine Entbürokratisierung des Verfahrens angestrebt wird.

Mit einem weiteren Änderungsantrag plant die Regierungskoalition die Einführung eines Personalbemessungsinstruments für das ärztliche Personal in der somatischen Versorgung. Dieses soll den Personalbedarf für die im Arbeitsalltag der Krankenhausärzte anfallenden Aufgaben und Pflichten abbilden. Das Instrument müsse für einen flächendeckenden Einsatz geeignet sein und standardisierte und vergleichbare Daten liefern können, so der Antrag. Das BMG beauftragt hierzu bis spätestens Ende März 2025 die Erprobung eines Konzeptes zur Ermittlung einer bedarfsgerechten ärztlichen Personalausstattung. Die Ergebnisse sollen innerhalb von sechs Monaten vorliegen. Im Anschluss kann das BMG durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Vorgaben zur Ermittlung des ärztlichen Bedarfs erlassen. 
Um die Notwendigkeit der Entwicklung und Einführung von einheitlichen Personalbemessungsinstrumenten für weitere Berufsgruppen im Krankenhaus zu untersuchen, soll eine Kommission gegründet werden. Diese soll mit Mitgliedern aus dem Kreis der Selbstverwaltung und aus Wissenschaft und Praxis bis Ende September 2025 besetzt werden. 

Position der Barmer
Es stellt sich die Frage, welche Konsequenzen aus der Personalbedarfsermittlung auch für den ärztlichen Dienst gezogen werden: Mit Blick auf die Qualität der Versorgung müssten Krankenhausstandorte, die das benötigte Personal dauerhaft nicht in ausreichender Menge vorhalten, perspektivisch von dieser Leistungserbringung ausgeschlossen werden.
Sollte die Personalbemessung ein erster Schritt hin zu einer Wiedereinführung der Selbstkostendeckung – analog zum Pflegebereich im Krankenhaus – sein, wären erhebliche Kostensteigerungen für die Beitragszahler die Folge, ohne dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten nachhaltig verbessert würde.

Krankenhäuser sollen künftig Sicherstellungszuschläge erhalten können, auch wenn sie die Mindestqualitätsvorgaben für die Basisnotfallversorgung nicht erfüllen. Dazu sollen Vereinbarungen entgegen der Regelung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) möglich werden. Auch hierzu liegt ein Änderungsantrag vor. 
Darüber hinaus wird der G-BA beauftragt zu prüfen, inwieweit die Regelungen für Sicherstellungszuschläge angepasst werden können, damit auch Belegkliniken künftig berücksichtigt werden können.
Für bedarfsnotwendige ländliche Krankenhausstandorte wird eine finanzielle Verbesserung im Rahmen der Vorhaltevergütung vorgesehen: So soll bei der Ermittlung ihrer Anteile an der Vorhaltevergütung die Mindestvorhaltezahl der jeweiligen Leistungsgruppe verwendet werden, sofern ihre tatsächliche Fallzahl niedriger ist als die Mindestvorhaltezahl. Dies ist der so genannte Sockelbetrag. Ziel ist dabei, die Anteile der Vorhaltefinanzierung dieser Krankenhausstandorte gezielt zu erhöhen.
Mit einem weiteren Änderungsantrag wird die Definition eines Krankenhausstandorts gesetzlich vorgegeben. Eine entsprechende Vereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband (GKV-SV) und Deutscher Krankenhausgesellschaft (DKG) hatte letztere im Juli gekündigt. Die Standortdefinition spielt eine wichtige Rolle etwa bei der Krankenhausplanung und stellt sicher, dass beispielsweise Mindestpersonalvorgaben oder Qualitätsrichtlinien korrekt angewendet werden.

Position der Barmer
Sicherstellungszuschläge sollen die medizinische Grundversorgung in ländlichen Regionen gewährleisten. Dazu gehört auch die Notfallversorgung rund um die Uhr für akute Notfälle, die die Sicherstellungskrankenhäuser anbieten. Sie spielen damit eine zentrale Rolle für die Versorgung in der Fläche. Krankenhäuser ohne Notfallversorgung tragen erheblich weniger zur Sicherstellung der Versorgung bei und sollten daher auch keine Zuschläge erhalten.  
Dass für bedarfsnotwendige ländliche Krankenhausstandorte eine weitere finanzielle Verbesserung in Form des Sockelbetrags im Rahmen der Vorhaltevergütung vorgesehen wird, ist falsch. Damit würden die Sicherstellungskrankenhäuser, die nach den bisherigen KHVVG-Regelungen keinerlei Qualitätsvorgaben für die Zuweisung von Leistungsgruppen zu erfüllen haben, weiter gegenüber solchen Kliniken gestärkt, die die Qualitätssicherungsvorgaben einhalten.

Die Möglichkeiten bestimmter Krankenhäuser zur Teilnahme an der ambulanten Versorgung sollen ausgebaut werden. Vorgesehen ist eine Verpflichtung der Zulassungsausschüsse, sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sowie Sicherstellungskrankenhäuser zur fachärztlichen Versorgung zu ermächtigen, wenn in der jeweiligen Arztgruppe keine Zulassungssperre besteht.
Gleichzeitig werden pädiatrische Krankenhäuser zur ambulanten Behandlung von Kindern und Jugendlichen ermächtigt, wenn Art, Schwere oder Dauer der Erkrankung die Behandlung in einer pädiatrischen Spezialambulanz nötig macht.
Darüber hinaus ist eine Öffnung der zugelassenen Bundeswehrkrankenhäuser für die ambulante ärztliche Behandlung der GKV-Versicherten vorgesehen.

Position der Barmer
Durch die weitgehende Öffnung von Kliniken für die ambulante Versorgung erhalten die Bundesländer im Rahmen ihrer Krankenhausplanung einen größeren Einfluss auf diesen Versorgungsbereich. Eine Einbindung von Krankenhäusern in die ambulante Versorgung sollte aber nur bei tatsächlich festgestellter Unterversorgung und in gleicher Weise für die hausärztliche und fachärztliche Versorgung erfolgen. Parallelstrukturen müssen vermieden werden, so etwa in der Pädiatrie durch Angebote wie Sozialpädiatrische Zentren oder Psychiatrische Institutsambulanzen für Kinder und Jugendliche. Dies muss in der Bedarfsplanung berücksichtigt werden. 

Die spezielle sektorengleiche Vergütung (Hybrid-DRG) wurde zur Abrechnung von Leistun-gen eingeführt, die sowohl in der Arztpraxis als auch im Krankenhaus ambulant erbracht werden können. Mit einem weiteren Änderungsantrag soll die Anzahl der ambulant erbringbaren Leistungen erheblich ausgeweitet werden. Ziel ist, dass bis zum Jahr 2030 schrittweise zwölf Prozent (zwei Millionen) der bislang vollstationären Fälle ambulant erbracht werden. 
Geplant ist zudem, die Kalkulation der Hybrid-DRG klar zu regeln. Im Auftrag von GKV-SV, DKG und Kassenärztlicher Bundesvereinigung werden das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) sowie das Institut des Bewertungsausschusses (InBA) jährlich damit beauftragt. Bis 2030 sollen nicht nur die stationären, sondern schrittweise auch die ambulanten kostenbezogenen Daten regelhaft in die Kalkulation einfließen.

Position der Barmer
Es ist richtig, den Prozess der Ambulantisierung medizinischer Leistungen zu beschleunigen und mehr Leistungen mit sektorengleicher Vergütung zu schaffen. Denn die vorhandenen Potenziale zur Ambulantisierung sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. 
Die im Änderungsantrag vorgegebenen Fristen sind dafür jedoch sehr knapp bemessen.

 

Zentrale Regelungen des Gesetzentwurfes

Die Leistungserbringung der Krankenhäuser soll künftig nach bundeseinheitlichen Leistungsgruppen ausdifferenziert werden. Ausgangspunkt dafür sind die Vorarbeiten in Nordrhein-Westfalen zur Weiterentwicklung der dortigen Krankenhausplanung. Dabei werden die für Nordrhein-Westfalen entwickelten 60 somatischen um fünf weitere Leistungsgruppen ergänzt. Die Zuweisung von Leistungsgruppen durch die Länder wird an die Erfüllung von Qualitätskriterien und an sogenannte Mindestvorhaltezahlen durch die Kliniken geknüpft. Die Mindestvorhaltezahlen sind zur Qualitätssicherung neu in den Gesetzentwurf aufgenommen worden und geben eine Mindestfallzahl je Leistungsgruppe vor, um eine wirtschaftliche Leistungserbringung an den einzelnen Krankenhausstandorten zu ermöglichen. Sie sollen vom BMG auf Grundlage der Empfehlungen des IQWiG sowie des InEK durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bundesweit einheitlich festgelegt werden.
Die Festlegung und Weiterentwicklung von Leistungsgruppen und Qualitätskriterien sowie möglicher Ausnahmetatbestände werden ebenfalls vom BMG durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates festgelegt. So kann Krankenhäusern eine Übergangsfrist von bis zu drei Jahren eingeräumt werden, um die Qualitätskriterien für eine zugewiesene Leistungsgruppe zu erfüllen. Zudem können Leistungsgruppen auch Kliniken zugewiesen werden, die die Qualitätskriterien nicht erfüllen – wenn dies für die Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung erforderlich ist. Die Prüfung aller Qualitätssicherungskriterien der Leistungsgruppen sollen vom Medizinischen Dienst (MD) innerhalb von neun Monaten durchgeführt werden. 

Position der Barmer
Grundsätzlich ist eine stärkere Qualitätsorientierung der Krankenhausversorgung durch die Einführung bundeseinheitlicher Leistungsgruppen, verbunden mit Mindestqualitätsvorgaben, wichtig. Die Wirksamkeit der Qualitätsvorgaben für die Leistungsgruppen wie auch der Mindestvorhaltezahlen kann erst mit Vorliegen der Rechtsverordnung abschließend bewertet werden. Im Sinne der Patientensicherheit darf es bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern zu den Qualitätsvorgaben nicht zu Abstrichen bei der Qualität durch großzügige und unbefristete Ausnahmeregelungen kommen. Das Risiko, dass sinnvolle Qualitätsvorgaben dauerhaft nicht berücksichtigt werden, ist sehr hoch.

Mit der Einführung einer Vorhaltevergütung soll die Bereitstellung der Krankenhausstrukturen weitgehend unabhängig von der Leistungsentwicklung gesichert und der Anreiz für die Krankenhäuser gesenkt werden, aus wirtschaftlichen Überlegungen oder Erfordernissen die Fallmengen auszuweiten. Für die Vorhaltevergütung entfallen 40 Prozent pauschal auf eine Absenkung der DRG-Vergütung und 20 Prozent auf die bereits existierenden Pflegebudgets, die im Rahmen der Selbstkostendeckung fallbezogen finanziert werden. Die restlichen 40 Prozent werden weiterhin über DRG abgegolten.
Das InEK erhält den Auftrag, die Vorhaltefinanzierung aus den bestehenden Fallpauschalen auszugliedern. Diese stehen den Kliniken als Zahlung eines nach Ländern und Leistungsgruppen differenzierten Vorhaltebudgets jährlich verbindlich zur Verfügung. Die Krankenhäuser erhalten die Vorhaltevergütung nur für diejenigen Leistungsgruppen, deren Qualitätskriterien sowie Mindestvorhaltezahlen sie grundsätzlich erfüllen. Die Vorhaltefinanzierung soll in den Jahren 2025 und 2026 für die Krankenhäuser budgetneutral erfolgen. Im Rahmen der Konvergenz können die Länder die Leistungsgruppen anhand bundeseinheitlicher Qualitätskriterien den einzelnen Krankenhausstandorten so zuordnen, dass die Leistungserbringung stärker konzentriert und die knappen personellen und finanziellen Ressourcen zielgerichteter verteilt und eingesetzt werden. Im Jahr 2029 soll die Krankenhausreform dann vollumfänglich greifen. 
Ab 2027 sind weitere jährliche Förderbeträge für die Bereiche Pädiatrie (288 Mio. Euro), Geburtshilfe (120 Mio. Euro), Stroke Unit (35 Mio. Euro), Spezielle Traumatologie (65 Mio. Euro) und Intensivmedizin (30 Mio. Euro) vorgesehen. 
Ebenfalls ab dem Jahr 2027 sollen jährliche Zuschläge zur Förderung von Koordinierungs- und Vernetzungsaufgaben der Kliniken in Höhe von 125 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Laut Referentenentwurf sind ab 2027 zudem jährliche Förderungen für die spezielle Vorhaltevergütung für Hochschulkliniken im Umfang von 75 Millionen Euro aus Mitteln der GKV vorgesehen. Ab dem Jahr 2025 ist eine Erhöhung der pauschalen Förderung für bedarfsnotwendige ländliche Krankenhäuser in Höhe von jährlich etwa 16 Millionen Euro eingeplant, die bisher nicht im Gesetzentwurf enthalten war.

Position der Barmer
Die Krankenhausstrukturen dürfen nicht auf Basis der bisher erbrachten Fallzahlen fortgeschrieben werden, denn dadurch wird die notwendige Konzentration der Krankenhauslandschaft konterkariert. Durch die geplante Einführung der Vorhaltevergütung, bei der 60 Prozent der Fallkosten fix sind, werden die aktuellen Strukturen verfestigt. Es fehlt die verbindliche Berücksichtigung des Bevölkerungsbezugs, um die Krankenhausstrukturen im Sinne der Patientinnen und Patienten bedarfsorientiert und wirtschaftlich weiterzuentwickeln.
Kritisch ist, dass es nach der Überleitung in das neue Vergütungssystem keine explizite Deckelung der Vorhaltekosten auf der Bundesebene gibt. Damit wird den Kliniken ein Anreiz gegeben, möglichst viele Leistungsgruppen je Standort zu erhalten.
Problematisch sind auch die zahlreichen im Gesetzentwurf vorgesehenen Zuschläge für verschiedene Leistungsbereiche. Diese führen nicht nur zu erheblichen jährlichen Mehrkosten für die Versicherten, sondern auch zu einem großen bürokratischen Mehraufwand bei den Verhandlungen vor Ort. Dabei ist fraglich, ob es zu einer Verbesserung der Versorgung kommt. Statt einer Finanzierung über Zuschläge sollte eine Finanzierung innerhalb des neuen Vergütungssystems umgesetzt und nach der Konvergenz evaluiert werden.

Mit den im Entwurf geplanten sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen will die Bundesregierung Lücken in der ambulanten und pflegerischen Versorgung schließen. Im Rahmen ihrer Krankenhausplanung sollen die Bundesländer deshalb zukünftig Krankenhäuser bestimmen, die über die stationären Leistungen hinaus auch sektorenübergreifende Leistungen erbringen. Diese Kliniken könnten also über die bereits jetzt mögliche ambulante Behandlung hinaus auch medizinisch-pflegerische Leistungen, Leistungen der Übergangs- und Kurzzeitpflege sowie der Tages- und Nachtpflege übernehmen. Zusätzlich sollen sie auch zur hausärztlichen Versorgung in Regionen ermächtigt werden, in denen keine Überversorgung festgestellt wurde. Welche stationären Behandlungsangebote die Einrichtungen anbieten müssen, wird von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und dem GKV-Spitzenverband im Benehmen mit der Privaten Krankenversicherung (PKV) vereinbart.
Vorgesehen ist, dass auch Kliniken, die nicht Teil des Krankenhausplans sind, sowie Leistungserbringer, die bislang ausschließlich ambulant gearbeitet haben, in sektorenübergreifende Einrichtungen umgewandelt werden können.
Für die Vergütung sektorenübergreifender Einrichtungen ist ein so genanntes Gesamtvolumen für alle Kosten vorgesehen, inklusive der Pflegepersonalkosten der Krankenhäuser. Dabei wird über krankenhausindividuelle Tagesentgelte abgerechnet. Gleichzeitig bleiben die bisherigen Vergütungsregelungen für erbrachte ambulante Leistungen und Leistungen der Pflegeversicherung bestehen. 

Position der Barmer
Die derzeitigen Pläne sind nicht dazu geeignet, die unterschiedlichen Versorgungsbereiche strukturell miteinander zu vernetzen und die medizinische Versorgung stärker am Bedarf auszurichten. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass an diesen Kliniken parallele Versorgungsstrukturen zu Lasten der haus- und fachärztlichen Versorgung in der Fläche entstehen. Es muss sichergestellt werden, dass die primär auf die ambulante medizinisch-pflegerische Versorgung ausgerichteten Versorgungseinheiten nicht mehr als 20 bis maximal 30 stationäre Betten vorhalten dürfen.
Gleichzeitig wird parallel zum bestehenden DRG-System ein neuer Vergütungsbereich auf der Basis von krankenhausindividuellen Tagesentgelten aufgebaut. Durch die dabei vorgesehene Selbstkostendeckung werden die Kliniken aus der Verpflichtung zum wirtschaftlichen Handeln entlassen. 

Mit dem Gesetz soll ein Transformationsfonds zum Umbau der Krankenhauslandschaft aufgelegt werden. Dies wurde bereits in der Protokollerklärung zum Krankenhaustransparenzgesetz in Aussicht gestellt. Dazu soll der erstmals 2016 eingerichtete Krankenhausstrukturfonds um ein Jahr bis Ende 2025 verlängert werden. Ab 2026 wird dieser als Transformationsfonds neu aufgesetzt.
Geplant ist, dass die GKV die Hälfte der Fondsmittel finanziert. Dazu werden über zehn Jahre jährlich bis zu 2,5 Milliarden Euro aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds verwendet, insgesamt also bis zu 25 Milliarden Euro. Diese Mittel sollen überwiegend über eine jährliche Minderung der Zuweisungen an die Krankenkassen finanziert werden. Hierfür wird die Obergrenze der Liquiditätsreserve für die Geschäftsjahre 2025 bis 2035 vorübergehend von 25 Prozent auf 50 Prozent einer durchschnittlichen Monatsausgabe des Gesundheitsfonds erhöht. 
Eine Förderung durch den Transformationsfonds ist nur möglich, wenn sich die Länder an der Finanzierung beteiligen. Sie tragen die andere Hälfte der aufzubringenden Mittel, die hälftige Beteiligung der Krankenhausträger hieran ist möglich.

Position der Barmer
Die Finanzierung von Krankenhausstrukturen sowie deren Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung ist die verfassungsrechtliche und gesetzliche Pflicht der Bundesländer. Ein Überwälzen der Investitionsverpflichtung auf die Beitragszahlenden der GKV – ohne Beteiligung der Privatversicherten – ist daher systemwidrig und falsch.
Die Erfahrungen mit dem Krankenhausstrukturfonds zeigen, dass die Mittel nur zögerlich in Anspruch genommen werden und dass Umstrukturierungen langwierig sind und häufig nicht zu den notwendigen strukturellen Anpassungen führen. Deshalb sollte der Transformationsfonds gesetzlich so ausgestaltet werden, dass die Mittel klar dem Ziel der Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen dienen und entsprechend nur bedarfsnotwendige und zukunftsfähige Strukturen gefördert werden.
Die Länder sollten zudem in Abstimmung mit den Kostenträgern ein Initiativrecht erhalten, um Krankenhausträger aktiv zu Strukturveränderungen auffordern zu können. Die aktuellen Regelungen im Strukturfonds sehen vor, dass die Krankenhausträger alleine über die Inanspruchnahme von Fördermitteln entscheiden können. 

Bereits mit der Protokollerklärung zum Krankenhaustransparenzgesetz wurden auch weitere liquiditätssichernde Maßnahmen für die Krankenhäuser im Rahmen der Betriebskostenfinanzierung angekündigt.
Im Entwurf des KHVVG wird nun die Möglichkeit einer frühzeitigen und vollständigen Refinanzierung von Tariflohnsteigerungen durch eine unterjährige Neuvereinbarung des Landesbasisfallwerts geschaffen. Tariferhöhungen für Löhne und Gehälter von Krankenhausbeschäftigten können erstmals beim Landesbasisfallwert für das Jahr 2024 auf Verlangen einer Vertragspartei unterjährig und vollständig berücksichtigt werden. Zudem wird an Stelle der bislang hälftigen Refinanzierung von Tariflohnsteigerungen eine vollständige Tariflohnrefinanzierung für alle Beschäftigtengruppen eingeführt.
Gleichzeitig soll sichergestellt werden, dass bei der Ermittlung des Veränderungswertes künftig der volle Orientierungswert berücksichtigt wird, wenn dieser oberhalb der Grundlohnrate liegt. Damit dies auch bereits für das Jahr 2025 umgesetzt und zugunsten der Krankenhäuser finanzwirksam werden kann, werden die Selbstverwaltungspartner auf Bundesebene verpflichtet, den zum 31.10.2024 zu vereinbarenden Veränderungswert nach Inkrafttreten des Gesetzes gegebenenfalls neu zu vereinbaren beziehungsweise zu erhöhen.

Position der Barmer
Durch die geplanten Maßnahmen kommt ein weiterer erheblicher Ausgabenschub auf die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zu. Gleichzeitig wird sich der bürokratische Aufwand etwa bei der unterjährigen Neuvereinbarung des Landesbasisfallwertes sowie der späteren Berechnung der krankenhausindividuellen Erlösausgleiche noch einmal erheblich erhöhen. 

Nach einer Auflistung des BMG im Referentenentwurf würden durch das KHVVG finanzielle Mehrbelastungen auf die gesetzliche Krankenversicherung in erheblicher Höhe zukommen.
Gleichzeitig stellt das BMG für das Jahr 2025 Effizienzgewinne beziehungsweise Minderausgaben für die GKV durch die Neuregelungen in Höhe von 330 Millionen Euro in Aussicht, die ab 2026 jeweils um eine Milliarde Euro ansteigen sollen. Die angenommenen Einsparungen werden jedoch nicht weiter konkretisiert oder inhaltlich hergeleitet.

Position der Barmer
Das Reformgesetz wird zu erheblichen Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung führen und Versicherte und Arbeitgeber stark belasten. Ein weiteres Ansteigen der Krankenversicherungsbeitragssätze wird auch den Gesamtsozialversicherungsbeitrag in die Höhe treiben. Der Wirtschaftsstandorts Deutschland verliert dadurch an Attraktivität.
Es ist nicht nachvollziehbar, auf welcher Grundlage die Zahlen zu möglichen Effizienzgewinnen durch das Gesetz berechnet und hergeleitet wurden. Infolge der im Gesetz geplanten Maßnahmen ist in den kommenden Jahren nicht mit Minderausgaben zu rechnen.