Termine Gesetzgebung
zustimmungsfrei | |
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06.11.2024 | 1. Lesung Bundestag |
18.10.2024 | 1. Durchgang Bundesrat |
28.08.2024 | Kabinettsbeschluss |
19.06.2024 | Referentenentwurf |
05.10.2023 | Impulspapier „Früherkennung und Versorgung von Herz-Kreislauf- Erkrankungen“ |
Wesentliche Inhalte des Vorhabens
- Erweiterungen der Kinder- und Jugendlichen-Früherkennungsprogramme – beispielsweise um Fettstoffwechselerkrankungen
- Anpassung der Check-up 25, 40, und 50-Untersuchungen im Bereich Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Erweiterte Verordnungsfähigkeit von Medikamenten zur Cholesterinsenkung und Tabakentwöhnung
- Beratung in Apotheken zur Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Erwachsenen
So positioniert sich die Barmer
Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am 28.08.2024 den Entwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Herzgesundheit (GHG) beschlossen. Ziel des Gesetzes bleibt es, die Krankheitslast von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken und die allgemeine Herzgesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Dafür sollen unter anderem die Früherkennungsuntersuchungen im Kindes- und Erwachsenenalter angepasst sowie Medikamente verstärkt zur Cholesterinsenkung angewandt werden. Der Entwurf sieht vor, dass die Mehrkosten für die geplanten Maßnahmen aus Mitteln der Krankenkassen für Angebote der Individualprävention finanziert werden. Im Vergleich zum Referentenentwurf vom 19.06.2024 hat es einige Änderungen am Gesetzesentwurf gegeben.
Gemeinsamer Bundesausschuss wird bei Ausgestaltung nun doch eingebunden Im Referentenentwurf war geplant, dass Vorgaben für die Früherkennungsuntersuchungen und die präventive Medikation zur Senkung des Cholesterinspiegels allein per Rechtsverordnung durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgenommen werden. Dies wurde geändert. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) soll nun die entsprechenden Richtlinien für die Versorgung erarbeiten, die sich aus den gesetzlich vorgegebenen Leistungsansprüchen für die Versicherten ableiten.
Gleiches ist auch bei den Anpassungen der bestehenden Früherkennungsuntersuchungen vorgesehen. Kinder und Jugendliche sollen künftig einen Anspruch auf die Früherkennung einer Fettstoffwechselstörung haben. Versicherte im Alter von 25, 40 und 50 Jahren erhalten das Recht auf einen erweiterten Gesundheits-Check-up.
Position der Barmer
Das BMG hat auf die breite Kritik aus der Fachwelt reagiert. So ist die Entscheidung, den Gemeinsamen Bundesausschuss nun doch an der inhaltlichen Weiterentwicklung der Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu beteiligen, richtig aber nicht ausreichend. Es muss weiterhin die Aufgabe des G-BA bleiben, neue Leistungen in Gänze auf Nutzen, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit hin zu bewerten, was auch im aktuellen Entwurf nicht vorgesehen ist. Durch die geplante Regelung würden Leistungen ohne erwiesene Evidenz in das System gelangen.
Im Gesetzentwurf ist weiterhin vorgesehen, dass die Krankenkassen ihre Versicherten zu den Früherkennungsuntersuchungen einladen und dass Apotheken enger durch Vorfelduntersuchungen im Rahmen der Check-ups oder durch jährliche Blutdruckmessungen in die Prävention eingebunden werden. Zudem sollen Versicherte einen erweiterten Anspruch auf eine medikamentöse Tabakentwöhnungstherapie erhalten. Vertragsärztinnen und -ärzte sollen künftig außerdem Präventionsempfehlungen zur Tabakentwöhnung und zu gesunder Ernährungsweise geben können. Für die Finanzierung dieser Maßnahmen sind Mittel der Krankenkassen vorgesehen, die diese bisher für Angebote der Individualprävention aufwenden.
Position der Barmer
Gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben individuelle verhaltensbezogene Angebote der Primärprävention, die zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise beitragen, einen erwiesenermaßen hohen Nutzen für die Versicherten. Daher ist die mit dem GHG geplante Umwidmung von Finanzmitteln, die bisher für die qualitätsgesicherte Präventionsarbeit der Krankenkassen eingesetzt werden, falsch. Sie führt zu einer Schwächung der finanziellen Grundlage dieser Angebote und damit der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen insgesamt.
Mit dem vom Kabinett beschlossenen Entwurf ist auch vorgesehen, die strukturierten Behandlungsprogramme (Disease-Management-Programme, DMP) weiterzuentwickeln. Die Krankenkassen müssen ihren Versicherten künftig verpflichtend DMP anbieten. Zudem sollen für die bestehenden DMP „Diabetes mellitus Typ1 und 2“ sowie „Koronare Herzkrankheit“ eine qualitätsorientierte, erfolgsabhängige Vergütung eingeführt werden. Dem G-BA kommt die Aufgabe zu, Anforderungen an ein neues krankheitsübergreifendes DMP für behandlungsbedürftige Versicherte mit einem hohen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu beschließen. Darüber hinaus soll die DMP-Programmkostenpauschale entfallen. Die DMP-bedingten Leistungsausgaben der Krankenkassen werden dann regulär im Risikostrukturausgleich des Gesundheitsfonds berücksichtigt. Im Gegenzug müssen DMP künftig nicht mehr vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zugelassen werden.
Position der Barmer
Zur Sicherung der Qualität und Wirksamkeit ist eine zentrale Prüfung beziehungsweise Zulassung der Disease Management Programme weiterhin notwendig.
Die Implementierung eines neuen risikobezogenen und krankheitsübergreifenden DMP passt zudem nicht zur bisherigen Systematik, die auf Versicherte mit einer bereits manifesten Erkrankung abzielt. Eine erhebliche Erweiterung des in DMP eingeschriebenen Personenkreises würde zudem zur Überversorgung der Patientinnen und Patienten sowie zu einer Überlastung der Arztpraxen führen. Es drohen dabei erhebliche Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung.
Mit dem GHG sollen unter anderem Änderungen bei den Früherkennungsuntersuchungen im Kindes- und Erwachsenenalter vorgenommen sowie Arzneimittel verstärkt zur Tabakentwöhnung und Cholesterinsenkung eingesetzt werden. Zur Finanzierung der Maßnahmen will das BMG die Mittel der Kassen für die Individualprävention umwidmen und strebt damit Kostenneutralität an.
Position der Barmer
Die Stärkung der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist grundsätzlich richtig. Werden dazu jedoch finanzielle Mittel eingesetzt, die bislang für krankenkassenindividuelle und qualitätsgesicherte Präventionsangebote vorgesehen sind, so ist das der falsche Weg. Gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben individuelle verhaltensbezogene Angebote der Primärprävention, die zu einer gesundheitsbewussten Lebensweise beitragen, einen erwiesenermaßen hohen Nutzen für die Versicherten.
Weiterhin ist geplant, die bestehenden Früherkennungsuntersuchungen auszuweiten. Kinder und Jugendliche sollen künftig einen Anspruch auf die Früherkennung einer Fettstoffwechselstörung haben, mit Fokus auf das individuelle Risikoverhalten und etwaige familiäre Vorbelastungen. Versicherte im Alter von 25, 35 und 50 Jahren erhalten das Recht auf einen erweiterten Gesundheits-Check-up. Dabei sollen etwa Risikofaktoren von kardiometabolischen Erkrankungen bestimmt oder Frühstadien von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkannt werden. Weitere Inhalte der Früherkennungsuntersuchungen kann das BMG per Verordnung festlegen, so der Entwurf.
Aufgabe der Krankenkassen wird dabei sein, ihre Versicherten persönlich in Textform zu Früherkennungsuntersuchungen einzuladen und verständlich darüber zu informieren. Alternativ können die Kassen dafür die elektronische Patientenakte (ePA) oder krankenkassenindividuelle digitale Informationswege nutzen.
Position der Barmer
Dass das BMG künftig die Inhalte von Früherkennungsuntersuchungen per Rechtsverordnung bestimmen kann, ist ein Eingriff in die Zuständigkeit der gemeinsamen Selbstverwaltung. Es ist die Aufgabe des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), neue Leistungen wissenschaftlich auf Nutzen, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit zu bewerten.
Mit dem Start des Opt-Out-Verfahrens im Jahr 2025 sollte die ePA als vorrangiger Kommunikationsweg für die Versichertenansprache und für Einladungen zu Früherkennungsuntersuchungen genutzt werden.
Versicherte sollen zukünftig – abhängig von Alter und Erkrankungswahrscheinlichkeit oder bei familiärer Vorbelastung – Statine vorbeugend zur Senkung des Cholesterinspiegels verordnet bekommen können, und zwar dauerhaft.
Daneben sieht das Gesetz vor, dass Versicherte mit einer Tabak- beziehungsweise Nikotinabhängigkeit einen erweiterten Anspruch auf eine medikamentöse Tabakentwöhnungstherapie erhalten können. Das BMG will ein Anrecht auf jährliche Behandlungen auch bei leichten Fällen schaffen.
Position der Barmer
Der gezielte Einsatz von Statinen ist für die medizinische Behandlung wichtig. Dabei ist die Orientierung an wissenschaftlichen Leitlinien notwendig, die Erarbeitung der für die Versorgung notwendigen Arzneimittel-Richtlinie ist Aufgabe des G-BA.
Mit der im Gesetzentwurf geplanten Ausweitung des Einsatzes von Statinen droht eine ungerechtfertigte Pathologisierung von Patientinnen und Patienten. Der Fokus des GHG sollte darauf liegen, die individuelle Gesundheitskompetenz der Versicherten zu verbessern.
Mit dem Gesundes-Herz-Gesetz wird geregelt, dass die Krankenkassen ihren Versicherten verpflichtend ein strukturiertes Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programme, DMP) für bestimmte Erkrankungen anbieten und darüber aktiv informieren müssen. Zudem soll die DMP-Programmkostenpauschale entfallen. Die DMP-bedingten Leistungsausgaben der Krankenkassen werden dann regulär im Risikostrukturausgleich des Gesundheitsfonds berücksichtigt. Im Gegenzug müssen Disease-Management-Programme künftig nicht mehr vom Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS) zugelassen werden.
Kassen und Leistungserbringer werden überdies verpflichtet, für die DMP Diabetes mellitus Typ1 und 2 sowie koronare Herzkrankheit eine qualitätsorientierte, erfolgsabhängige Vergütung zu regeln. Der G-BA wird beauftragt, hierzu mindestens drei Qualitätsziele zu bestimmen. Zudem soll der G-BA Anforderungen an ein neues krankheitsübergreifendes Disease-Management-Programm für behandlungsbedürftige Versicherte mit einem hohen Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung beschließen.
Die Position der Barmer
Die Abschaffung der zentralen DMP-Zulassung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung birgt die Gefahr, dass aufgrund der Vielzahl von DMP-Verträgen erhebliche Qualitätsunterschiede entstehen. Die Implementierung eines neuen risikobezogenen und krankheitsübergreifenden DMP passt zudem nicht zur bisherigen Systematik, die auf Versicherte mit einer bereits manifesten Erkrankung abzielt. Eine erhebliche Erweiterung des in DMP eingeschriebenen Personenkreises würde zudem zur Überversorgung der Patientinnen und Patienten sowie zu einer Überlastung der Arztpraxen führen.
In Zukunft sollen auch Apotheken stärker in die Früherkennung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingebunden werden. Versicherte haben künftig einmal pro Jahr einen Anspruch auf niedrigschwellige Früherkennungs- und Beratungsangebote. So können Apotheken beispielsweise Blutzucker- oder Blutdruckwerte messen sowie zu gesunder Ernährung oder Tabakprävention beraten. Dazu ist auch vorgesehen, dass die Versicherten im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen personalisierte Gutscheine auf postalischem oder digitalen Weg zugesandt bekommen.
Position der Barmer
Bereits heute existieren Beratungs- und Präventionsangebote in Apotheken und werden als pharmazeutische Dienstleistung zusätzlich vergütet. Es besteht die Gefahr, dass durch Ausweitung von Präventionsleistungen im ärztlichen und pharmazeutischen Bereich Doppelstrukturen entstehen, ohne dass sich die Gesundheit der Versicherten verbessert. Für den Gutscheinversand im großen Stil müssen zudem vorrangig digitale Kommunikationskanäle genutzt und Doppelabrechnungen vermieden werden.