Es passiert so plötzlich, dass Eltern oft gar nicht schnell genug reagieren können: Das Kleinkind fällt von der Leiter zur Rutsche, das Baby dreht sich um und stürzt vom Wickeltisch. Ein Sturz auf den Kopf kann ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) zur Folge haben, das, je nach Schweregrad, völlig harmlos aber auch durchaus lebensgefährlich sein kann. Umso wichtiger ist es, dass Eltern richtig reagieren.
Dass Kindern fallen, gehört zum Heranwachsen dazu. Auch Stürze auf den Kopf sind keine Seltenheit. Mehr als 28 Prozent aller Schädel-Hirn-Traumata betreffen Patienten unter 16 Jahren, heißt es in der Leitlinie "Das Schädel-Hirn-Trauma im Kindesalter" der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Die meisten dieser Schädel-Hirn-Traumata entstehen durch Verletzungen zu Hause oder in der Freizeit. "Hauptursache für Kopfverletzungen bei Babys sind Stürze vom Wickeltisch. Aus dieser Höhe kann es zu schweren Kopfverletzungen kommen. Der Kopf ist im Verhältnis zum übrigen Körper relativ groß und schwer, so dass das Kind mit dem Kopf zuerst auf den Boden auftrifft", erklärt Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer GEK.
Meistens "nur" eine Gehirnerschütterung
Insgesamt geht ein Sturz auf den Kopf glücklicherweise zwar meist glimpflich aus und die Diagnose lautet "Gehirnerschütterung", also leichtes SHT (SHT 1. Grades). Anzeichen dafür sind Übelkeit, Benommenheit und Kopfschmerzen, und teilweise auch eine fehlende Erinnerung an den Vorfall. Doch Marschall rät zu Vorsicht: "Für die Eltern ist es meist nicht einfach, die Schwere der Verletzung richtig einzuschätzen. Auch vermeintlich leichte Verletzungen können im Innern eine Blutung auslösen. Diese kann sich auch erst Stunden bis Tage nach dem Unfall durch Erbrechen, Krampfanfälle, starke Lust- und Appetitlosigkeit oder auch erhebliche Schläfrigkeit bemerkbar machen. Die richtige Reaktion auf den Sturz ist daher besonders wichtig." Auch wenn der Sturz eher harmlos erscheint, sollte das Kind nach dem Unfall sorgfältig über 48 Stunden beobachtet werden. Dabei sollten Eltern auf Verhaltensweisen achten, die ungewöhnlich sind. Beim kleinsten Zweifel sollte der Arzt aufgesucht werden. Einen Hinweis auf eine schwerwiegende Verletzung können auch die Pupillen geben: Sie sind normalerweise gleich groß und verkleinern sich bei Lichteinfall. Ist das nicht der Fall, sollte das Kind sofort ins Krankenhaus gebracht werden.
Lieber auf "Nummer sicher" gehen
Treten größere Verletzungen oder auch Bewusstseinsverlust oder -störungen auf, sollte der Notarzt gerufen werden. Auch wenn das Kind nur kurz nicht ansprechbar war, muss es untersucht werden und meist zur Beobachtung im Krankenhaus bleiben. Eine Bewusstseinseinschränkung bei Babys festzustellen, ist nicht immer leicht. Hinweise darauf können weniger Geplapper oder fehlender Appetit sein. "Generell gilt: Wenn Eltern sich unsicher sind, sollten sie lieber einmal mehr mit ihrem Kind zum Arzt als einmal zu wenig. Gerade weil die Unterscheidung der Schweregrade nicht immer leicht ist und ein zu spätes Handeln bei einem schweren SHT ernste Folgen haben kann, ist es besser, auf Nummer Sicher zu gehen", rät die Expertin.
Info: Schädel-Hirn-Trauma (SHT) ist ein Sammelbegriff für Verletzungen von Kopf und Gehirn, die durch einen Schlag, einen Stoß oder Schleuderbewegungen verursacht werden. Dabei schlägt das Gehirn gegen den Schädelknochen und es kommt zu Gefäß- und Nervenverletzungen. Unterschieden werden drei Schweregrade: leicht, mittelschwer und schwer. Die Folgen eines schweren Schädel-Hirn-Traumas können lebensbedrohlich sein, Hirnfunktionen können nachhaltig bis hin zum Wachkoma beeinträchtigt werden.