Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der Barmer:
Dieses Sprichwort hat wohl jeder Mensch schon als kleines Kind gehört: ‚Dreck reinigt den Magen‘. Denn eine kleine Menge Schmutz findet insbesondere bei Kindern hin und wieder den Weg in den Mund. Ob beim Spielen im Sandkasten oder auf der heruntergefallenen Brotscheibe, die doch noch schnell gegessen wird. Die Herkunft der Redewendung stammt sehr wahrscheinlich aus dem Altertum. Denn in dieser Zeit galten beispielsweise Mineralerden als reinigend und heilsam. Heute weiß man jedoch, dass Dreck keine tatsächlich säubernde Funktion hat, sondern eher als ungebetener Gast im menschlichen Körper gesehen wird. Wenn Dreck in unseren Organismus dringt, hat er jedoch durchaus unterschiedliche Wirkungen. Allerdings dient er nicht der Magenreinigung, denn das passiert auf andere Weise von ganz allein. Verschlucken Menschen Schmutz oder Sand, verhindert die in der Magensäure enthaltene Salzsäure, dass er Schaden anrichtet. Die „mitreisenden“ Bakterien und Viren werden ebenfalls abgetötet. Daher ist es tatsächlich eher so, dass der Magen den Dreck reinigt und nicht andersherum. Immerhin hat der Dreck so auch etwas Positives. Denn das menschliche Immunsystem wird mit den verschiedenen Erregern trainiert, die wir täglich einatmen oder über die Hände aufnehmen. Besonders Babys erkunden ihre Umgebung, indem sie Dinge in den Mund stecken. Denn Zunge und Lippen sind wichtige Sinnesorgane. Der Tastsinn ist bei Säuglingen schon viel besser entwickelt als Auge, Ohr und Nase. Kinderspielzeug aus Plastik, das sehr dreckig ist, sollte jedoch gelegentlich in der Geschirrspülmaschine gereinigt werden.