Bei der Prokrastination, umgangsprachlich auch Aufschieberitis genannt, handelt es sich um ein Verhaltensmuster, bei dem wichtige Aufgaben immer wieder aufgeschoben und dann oft auf den allerletzten Drücker, verspätet oder gar nicht erledigt werden. Das verursacht nicht nur unnötigen Stress. Auch die Qualität der Arbeit kann erheblich leiden. Wir gehen den Ursachen auf den Grund und erläutern Strategien, mit denen man die Prokrastination besser unter Kontrolle bringen kann.
Fast jeder hat es sicher schon einmal erlebt: Das bloße Aufschieben. Statt eine wichtige Aufgabe zu erledigen, lenkt man sich mit anderen Dingen ab und verschiebt sie auf später. Ein Phänomen, welches auf den ersten Blick harmlos erscheint. Doch bei der Prokrastination ist es eine nicht endende Verhaltensauffälligkeit. Nach Studien der Universität Münster leiden jedoch sieben bis 15 Prozent unserer Bevölkerung so stark an Prokrastination, dass ihr Alltag darunter leidet. Wichtige Aufgaben im Beruf oder Studium werden ständig verschoben, bis der Abgabetermin naht und dann letztlich alles unter Zeitdruck und Stress erledigt werden muss. Im schlimmsten Fall steht man schließlich ohne Arbeitsergebnis oder Abschluss da.
Faulheit oder Krankheit?
Prokrastination wird im Rahmen psychischer Diagnosen nicht als Krankheit aufgeführt. Allerdings kann das ausgeprägte Aufschieben durchaus behandlungsbedürftig sein: „Das ständige Denken an die zu erledigenden Aufgaben ist ein typisches Zeichen für Prokrastination. Man fühlt sich unwohl und erledigt die Aufgaben nicht zufriedenstellend oder gar nicht und bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück. Man ist von sich enttäuscht und enttäuscht oft andere. Das kann zu depressiven Verstimmungen und anderen psychischen Problemen sowie problematischen Verhaltens- und Denkweisen führen“, sagt Andrea-Jakob Pannier, Psychologin bei der BARMER. Häufig kann auch die Suchtgefahr steigen, weil man sich beispielsweise mit Computerspielen oder durch erhöhten Alkoholkonsum von der eigentlich wichtigen Aufgabe ablenkt. Manchmal ist Prokrastination auch ein Nebeneffekt einer anderen psychischen Erkrankung, beispielsweise einer depressiven Phase oder einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS). Jakob-Pannier empfiehlt Betroffenen deshalb fachärztliche oder psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, um dem Leidensdruck ein Ende zu setzen.
Tipps, um Prokrastination zu überwinden
Um Prokrastination zu überwinden, helfen verschiedene Strategien. Ist man den Ursachen mit ärztlicher oder psychologischer Hilfe erstmal auf den Grund gegangen, kann man gezielt daran arbeiten, sie zu überwinden. Das können Ängste, mangelndes Selbstvertrauen oder fehlende Motivation sein. Generell sollte man sich realistische Ziele setzen. Sie in kleinen Etappen zu erreichen, lässt Ängste erst gar nicht entstehen und stärkt das Selbstvertrauen und die Motivation. Bevor man an die Aufgabe herangeht, sollte man sich deshalb einen Zeitplan erstellen, in dem konkret festgeschrieben ist, wann man welche Aufgaben erledigt. Wichtig: „Wer beispielsweise anfängt sein Wohnzimmer zu streichen, sollte es in einem Zuge zu Ende bringen und nicht zwischendurch den Bücherschrank noch ausmisten. Dann verzettelt man sich schnell und der Anstrich verschiebt sich“, so Jakob-Pannier. Ein einmal gefasstes Ziel sollte Bestand haben, auch wenn auf dem Weg dorthin unerwartete Schwierigkeiten auftreten. Freundinnen oder Freunde sind oft eine sehr hilfreiche Unterstützung, um bei Schwierigkeiten zu helfen und um die Motivation aufrecht zu erhalten.