„Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ – auf diesen bekannten Satz aus Zeitung, Funk und Fernsehen verzichtet keine Werbung für Medikamente. Denn jedes Arzneimittel, das wirkt, hat auch Nebenwirkungen. Das wusste schon der deutsche Pharmakologe Gustav Kuschinsky (1904 - 1992): „Wenn behauptet wird, dass eine Substanz keine Nebenwirkung zeigt, so besteht der dringende Verdacht, dass sie auch keine Hauptwirkung hat“, sagte er einst.
Was sind Nebenwirkungen?
Der Gesetzgeber zählt zu Nebenwirkungen alle ungünstigen medizinischen Vorkommnisse, die direkt oder auch längere Zeit nach der Arzneimitteleinnahme auftreten können. Nebenwirkungen können harmlos und nur vorübergehend sein, aber mitunter auch erhebliche Gesundheitsschäden nach sich ziehen und – in seltenen Fällen – sogar zum Tod führen.
Zu diesen Nebenwirkungen kann es kommen
„Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Kopfschmerzen, Husten, Schwindel, Magen- oder Verdauungsprobleme. Typisch sind zudem auch Müdigkeit und kalte Hände nach der Einnahme von Betablockern gegen zu hohen Blutdruck, Herzrasen und Zittrigkeit als Folge einer Therapie mit bestimmten Asthmamedikamenten. Aber auch allergische Reaktionen oder eine verminderte Nierenfunktion können durchaus auf Arzneimittel zurückzuführen sein“, sagt Heidi Günther, Apothekerin bei der Barmer.
Da Erkrankungsverläufe und die Reaktionen von Menschen auf bestimmte Medikamente sehr unterschiedlich sein können, wirke auch eine Therapie nie bei jeder Patientin oder bei jedem Patienten gleich. „Manche haben eine genetische Disposition, die Nebenwirkungen bei der Gabe von bestimmten Substanzen wahrscheinlicher machen. Oder das Alter der Person oder Allergien spielen eine Rolle.“ Und manchmal kommt es bei der Einnahme von Medikamenten einfach zu Fehlern.
Für Patienten sind Packungsbeilagen nur schwer zu verstehen und die aufgezählten Nebenwirkungen sind häufig vielfältig, detailliert und können sogar Angst machen. Pharmafirmen sind jedoch gesetzlich verpflichtet, dort alle Nebenwirkungen anzugeben, die auftreten können – auch solche, die eher selten sind. „Und ob tatsächlich Nebenwirkungen auftreten, merken Patienten ja in der Regel erst, wenn das Präparat eingenommen wurde“, sagt Günther. Solche unerwünschten Medikamentenwirkungen können abhängig vom Wirkstoff schon bei Dosierungen, die der behandelnde Arzt verordnet hat, oder erst bei höheren Dosierungen auftreten.
Bei Bedarf den behandelnden Arzt kontaktieren
Haben Patienten den Verdacht, dass sie nach der Einnahme eines Medikaments an einer Nebenwirkung oder im Fachjargon „unerwünschten Arzneimittelwirkung“ leiden, sollte bei Bedarf Kontakt zu der Arztpraxis aufgenommen werden, in der das Präparat verordnet wurde. „Unter keinen Umständen sollten Patienten auf eigene Faust Selbstversuche anstellen, indem sie – ohne Absprache mit ihrer Behandlerin oder ihrem Behandler – zum Beispiel die Dosierung des Medikaments ändern.“ Solche Maßnahmen kommen erst dann in Frage, wenn dazu Rat und medizinische Expertise eingeholt wurde.
Wie häufig kommt es zu Nebenwirkungen?
Angaben zur Häufigkeit von unerwünschten Arzneimittelwirkungen fußen vor der Markteinführung eines Medikaments hauptsächlich auf Beobachtungen im Rahmen klinischer Studien. Werden die Arzneimittel dann großflächig eingesetzt, treten auch bisher noch nicht bekannte Nebenwirkungen auf. Etwa fünf bis zehn Prozent der Notfalleinweisungen in eine Klinik sind hierzulande auf Nebenwirkungen von Medikamenten zurückzuführen. „Die Dunkelziffern liegen aber vermutlich höher“, sagt Günther.
Patienten können Nebenwirkungen selbst melden
In Fällen, in denen Nebenwirkungen aufgetreten sind, können Patienten diese selbst unter www.nebenwirkungen.bund.de melden. Die gemeinsame Datenbank des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts richtet sich an Angehörige der Heilberufe, aber auch an Patienten. Nebenwirkungsverdachtsfälle können auf diesem Weg schnell, direkt und sicher an die für die Arzneimittelsicherheit zuständigen Bundesoberbehörden gemeldet werden. Diese Informationen fließen dann ohne weitere Umwege in die europäische Risikoüberwachung ein. „Das Melden solcher Verdachtsfälle ist für die Arzneimittelsicherheit sehr wichtig. Patienten leisten damit einen Beitrag, dass Erkenntnisse und Informationen über mögliche Risiken von Arzneimitteln in der flächendeckenden Anwendung nach der eigentlichen Zulassung zusammengetragen werden“, sagt Günther. Solche Meldungen seien hilfreich, um möglichst frühzeitig bestimmte Risiken zu erkennen und entsprechend zu handeln.