Ob über den Krieg in der Ukraine, Corona oder den Klimawandel – über all diese Themen wird nahezu im Sekundentakt berichtet. Insbesondere soziale Netzwerke und Nachrichtenplattformen publizieren stetig neue, teilweise sorgenbereitende Informationen. Manche Menschen verlieren sich durch sogenanntes „Doomscrolling“ in dieser Nachrichtenflut. Was steckt dahinter und welche Auswirkungen hat es auf die Psyche?
Negative Nachrichten können Wut, Trauer und Ängste auslösen. Zugleich haben sie auf manche Menschen eine fesselnde Wirkung und sorgen dafür, dass sie sich exzessiv mit den Berichterstattungen auseinandersetzen. „Um das Gefühl von Kontrolle zurückzugewinnen, beschäftigen wir uns ganz besonders intensiv mit schlechten Nachrichten. Möglichst viele Informationen zu einer Situation zu sammeln, kann das Gefühl von Sicherheit stärken“, erklärt Andrea Jakob-Pannier, Psychologin bei der Barmer.
Fehlende Pausen verstärken Sog
In Zeiten von Internet, sozialen Medien und der ständigen Verfügbarkeit von Nachrichtenmedien gelingt es manchmal kaum, sich in Pausen von der Flut schlechter Nachrichten zu erholen. „Anstelle von einer Zeitung pro Tag können wir heute permanent durch einen Strom von Nachrichten klicken. Verstärkt wird dieser Sog noch durch die sozialen Medien und ihren persönlich gefärbten Kommentierungen“, so Jakob-Pannier.
Das schafft erst die Basis des „Doomscrolling“. Der Begriff ist eine Zusammensetzung aus den englischen Vokabeln „Doom“, das Untergang, Verderben oder Verhängnis bedeutet und „Scrolling“ als das Verschieben von Bildschirminhalten. Für die Psyche kann der exzessive Konsum vornehmlich negativer Nachrichten ungewollte Folgen haben. Denn Doomscrolling kann Angst verstärken und depressiver machen. Negative Emotionen, sorgenvolle Gedanken und gestörter Schlaf können folgen. Der Körper kann darauf durch mehr Stresshormone reagieren, ohne Hilfe endet Doomscrolling womöglich in einer psychischen Erkrankung.
Gesunde Medienroutine statt Doomscrolling
Als Gefahr erkennbar wird Doomscrolling, wenn man es als belastend empfindet, nur negative Nachrichten wahrzunehmen. Daher rät Jakob-Pannier, sich Grenzen zu setzen. Bevor die erste Nachricht angeklickt wird, legt man die Lesezeit fest, die man maximal nutzen möchte. „Man sollte darauf achten, welche Gefühle beim Lesen der Nachrichten entstehen. Wenn Wut, Trauer, Zorn oder Angst dominieren, ist es genug“, empfiehlt die Psychologin. Eltern können ihren Kindern und Jugendlichen als Vorbild dienen und ihnen eine gesunde Medienroutine und Kompetenzen im Umgang mit verlässlichen Informationen vermitteln. Sinnvoll ist etwa die Suche nach positiven Nachrichten, auf Technik in Schlafzimmer zu verzichten und Pausen vom Nachrichtenkonsum in den Alltag einzubauen.
Angst vor Krieg ernst nehmen – Sonderhotline der Barmer
Der Krieg in der Ukraine verängstigt auch hierzulande viele Menschen. Sie machen sich Sorgen, manche entwickeln sogar Panik. Die Barmer bietet eine Anlaufstelle für Menschen, die eine Beratung brauchen, wie sie mit Sorgen und Ängsten in einer solchen Situation umgehen können. Expertinnen und Experten geben rund um die Uhr entsprechende Tipps. Die Hotline ist kostenlos und steht allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung unter 0800 84 84 111.