Auch erfahrene Diabetiker haben immer mal wieder mit teilweise starken Blutzuckerschwankungen zu kämpfen. Die Gründe hierfür können sehr unterschiedlich sein. Als erstes denken Betroffene meist an ihre Ernährung oder an Bewegung, denn über beides können sie großen Einfluss auf ihre Werte nehmen. Doch es gibt auch zahlreiche andere Gründe, die nicht sofort auf der Hand liegen. Heidi Günther, Apothekerin bei der Barmer, hilft bei der Spurensuche.
Eine oftmals unterschätzte Ursache für Blutzuckerschwankungen kann die Einnahme von Medikamenten sein. Als ein Beispiel nennt Günther das Kortison und seine Abkömmlinge. „Das Stresshormon Kortisol ist im Körper ein Gegenspieler von Insulin. Entsprechend können Diabetiker, die Kortisonpräparate einnehmen, unter starken Blutzuckerschwankungen leiden. In diesem Fall hilft am besten ein Diabetologe, die Insulintherapie richtig einzustellen“, rät Günther. Auch Krankheiten wie Krebs oder Schilddrüsenfehlfunktionen können zu Unregelmäßigkeiten führen. Sogar leichte Infekte können den Blutzuckerspiegel beeinflussen. „Jede Infektion bedeutet Stress für den Körper. Als Folge wird vermehrt Adrenalin und Noradrenalin produziert, die beide dem Insulin entgegen wirken. Eine regelmäßige Kontrolle hilft dann, die benötigte Insulindosis zu finden. Ist der Infekt überwunden, normalisiert sich der Blutzuckerwert meist wieder“, so Günther.
Hormone beeinflussen den Insulinbedarf
Für Jugendliche mit Diabetes ist die Pubertät häufig eine Zeit von stark schwankenden Blutzuckerwerten. Bei ihnen verändert sich der Insulinbedarf, weil Sexual- und Wachstumshormone einen großen Einfluss auf den Stoffwechsel nehmen. Auch Frauen mit Diabetes leiden häufig unter wechselndem Blutzuckerspiegel. Ein Grund kann der weibliche Zyklus sein, in dessen Verlauf der Insulinbedarf bis zum Einsetzen der Periode kontinuierlich ansteigt und danach wieder stark abnimmt. Auch die Schwangerschaft erfordert von Frauen mit Diabetes besonderes Augenmaß für die erforderliche Insulinmenge. Häufig sind die Blutzuckerwerte im ersten und zweiten Schwangerschaftsdrittel eher zu niedrig, danach steigt der Insulinbedarf stark an. „Diabetikerinnen sollten sich während der Schwangerschaft eng mit ihrem Arzt oder Diabetologen austauschen, um die Therapie immer wieder anzupassen“, meint Günther.
Einen Einfluss auf Blutzuckerwerte hat direkt und indirekt auch das Wetter. „Diabetiker, die Insulin spritzen, sollten wissen, dass hohe Temperaturen die Durchblutung der Haut fördern. Das Insulin gelangt auf diese Weise schneller ins Blut, und dadurch kann es zu einer Unterzuckerung kommen. Kommt das häufiger vor, sollten Betroffene mit ihrem Arzt sprechen“, so Günther. Häufig hat man an warmen Tagen außerdem mehr Lust, an der frischen Luft aktiv zu werden, beispielsweise Spaziergänge zu unternehmen oder zu Gärtnern. Durch die vermehrte Aktivität sinken die Blutzuckerwerte, die Insulinmenge muss entsprechend angepasst werden. Diabetikern, die häufig unter stark schwankenden Blutzuckerwerten leiden, rät die Expertin, ihr Wissen in einer erneuten Schulung aufzufrischen. Sie schärft den Blick für Risiken und gibt Tipps zu deren Vermeidung. Auch ein Diabetes-Tagebuch kann helfen, auslösenden Faktoren auf die Spur zu kommen.