Reichenberg in der Märkischen Schweiz liegt auf halber Strecke zwischen Berlin und der polnischen Grenze. Vor der Wende gab es hier eine Schule, eine Kita, einen Zahnarzt, einen Friseur und Einkaufsmöglichkeiten; im Prinzip alles, was man zum Leben braucht. Doch dann verlassen viele junge Menschen die Region, die Schule schließt und später auch ein Laden nach dem anderen. Heute ist der Ort so klein, dass er mit zwei benachbarten Dörfern unter dem Namen Märkische Höhe zu einer Gemeinde zusammengelegt wurde. Sie zählt insgesamt 640 Einwohnerinnen und Einwohner.
Vorbild für Infrastrukturentwicklung im ländlichen Raum
Die 74-jährige Käte Roos will sich diese Entwicklung nicht tatenlos ansehen. Die ausgebildete Krankenschwester gründet gemeinsam mit anderen Bürgerinnen und Bürgern im Jahr 2010 einen Verein zur Förderung eines Gesundheitszentrums. Ort des Geschehens soll die leerstehende Schule werden. Es folgt eine Bedarfsanalyse, eine Machbarkeitsstudie, die Suche nach Fördergeldern; „ein Hürdenlauf“, wie Roos es beschreibt. Im Jahr 2017 beginnt der Umbau. Zwei Jahre später ziehen eine Kita, eine Senioren-Tagesstätte sowie Arztpraxen in die neuen Räume. Es folgen eine Küche, die auch Essen auf Rädern anbietet, ein Dorfladen und barrierefreie Wohnungen. Auch Ergo- und Physiotherapie gibt es vor Ort. Seminar- und Gemeinderäume ergänzen das Angebot.
Dorfzentrum mit überregionalem Modellcharakter
Im September 2020 wird das "Lebenszentrum Thomas Müntzer" dann offiziell eröffnet, unter dem Logo des Deutschen Roten Kreuzes, denn der Verein zur Förderung des Gesundheitszentrums fusioniert mit dem DRK-Kreisverband Mohs. Bei der Finanzierung helfen sowohl Landesmittel als auch Gelder der Europäischen Union. Auch die Robert-Bosch-Stiftung fördert das Lebenszentrum, als eines von bundesweit zwölf Projekten, die mit innovativen Ansätzen die Gesundheitsversorgung in ihrer Region verbessern. Immerhin versorgt die Initiative in Reichenberg rund 28.000 Einwohner in insgesamt 18 umliegenden Orten.
Versorgung weiter gedacht
Doch die Engagierten ruhen sich nicht auf den Erfolgen aus. Erweiterungen sind in Planung. Eine Sporthalle ist am Entstehen. Die Kita soll erweitert werden, sodass auch Inklusion gelingen kann. Man will mit Hochschulen kooperieren, um neue Berufsbilder, wie beispielsweise die Community Health Nurses, in die Versorgung zu integrieren. Man kann sich die Gründung von Kinder- und Jugendparlamenten vorstellen. Käte Roos, freut sich indes bereits über den merkbaren Zuzug in der Region. „Das macht Mut“, sagt sie.