Im STANDORTinfo-Interview berichtet Katy Hoffmeister (CDU) als neue Vorsitzende des Sozialausschusses des Landtags MV, worauf sie sich in ihrer gesundheitspolitischen Arbeit freut, welche Themen im Fokus stehen und mit welchen Maßnahmen der Pflegenotstand bekämpft werden soll.
Worauf freuen Sie sich in Ihrer Arbeit als Ausschussvorsitzende am meisten?
Katy Hoffmeister: Als Vorsitzende des Ausschusses für Soziales, Gesundheit und Sport ist es für mich besonders wichtig, die Gesamtheit der Themenpalette abzubilden. Dank der Vorschläge der Ausschussmitglieder haben wir bereits jetzt einen gut gefüllten Zeitplan in diesem Jahr, der natürlich stets durch aktuelle Themen ergänzt werden wird.
In diesem Zusammenhang bin ich schon gespannt auf den Austausch mit verschiedenen Interessenverbänden in Anhörungen und Expertengesprächen. Ihre Expertise und Erfahrungen werden für uns bei den verschiedenen Fragestellungen sehr hilfreich sein. Ich hoffe dabei auf einen fairen und konstruktiven Diskurs mit den Ausschusskollegen. Der bisherige Eindruck stimmt mich da sehr positiv. Schließlich freue ich mich auch darauf, dass wir als Ausschuss künftig hoffentlich wieder mehr im Land unterwegs sein können. Vor-Ort-Termine konnten pandemiebedingt bislang noch nicht geplant werden bzw. stattfinden.
Worin sehen Sie die größten Herausforderungen in der künftigen Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung in MV? Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
Die Enquete-Kommission „Zukunft der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern“ hat uns mit ihrem Abschlussbericht und den Handlungsempfehlungen in der vergangenen Wahlperiode wichtige Erkenntnisse und Ansatzpunkte geliefert.
Übergeordnet muss dabei aus meiner Sicht die Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern als einem Flächenland und vor dem Hintergrund des demographischen Wandels betrachtet werden. Daraus ergeben sich verschiedenste Herausforderungen, die bewältigt werden müssen. Dazu zählen insbesondere ein höheres Patientenaufkommen (regional differenziert), eine zunehmend angespannte Fachkräftesituation, die durch den demographischen Wandel verschärft wird, die Sicherstellung der Erreichbarkeit sowie die Finanzierung der Gesundheitsversorgung. Dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ wird in Zukunft eine noch größere Bedeutung zukommen müssen, ebenso eine Stärkung der Prävention.
Die Digitalisierung ist dabei Herausforderung und Chance zugleich. Herausforderung, da mit der Digitalisierung ein grundlegender Wandel der bisherigen Prozesse verbunden ist und viele Akteure eingebunden werden müssen. Mit Blick auf den Datenschutz sind gerade gesundheitliche Daten hoch sensibel. Dennoch möchte ich die Digitalisierung vielmehr als Chance betrachten, gerade für Mecklenburg-Vorpommern. Telemedizin und -sprechstunden bieten die Möglichkeit, personelle Ressourcen optimal zu nutzen und lange Distanzen zu überwinden. Die Elektronische Patientenakte und ein digitales Entlassmangement können zu einem Abbau der Bürokratie beitragen. Und die Digitalisierung kann zudem zu einer besseren sektorenübergreifenden Vernetzung führen. Zudem kann die Digitalisierung einen wichtigen Beitrag für die Früherkennung und Prävention leisten. So kann ein kontinuierliches Monitoring von Gesundheitsdaten dazu beitragen, kritische Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren, Notfälle können dadurch vermieden werden. Insbesondere für ältere Patienten im ländlichen Raum kann dies von entscheidender Bedeutung sein.
Qualität oder Erreichbarkeit? – was ist aus Ihrer Sicht bei der Krankenhausversorgung im Land wichtiger?
Beides darf und muss sich nicht unbedingt entgegenstehen. Wir wollen für Patentinnen und Patienten eine hohe Behandlungsqualität und zugleich eine schnelle Erreichbarkeit sicherstellen. Natürlich sehen wir die Herausforderung, dass für einen Teil der Patientinnen und Patienten die großen medizinischen Zentren in weiter Entfernung liegen.
Gerade kleineren Krankenhausstandorten wird vor diesem Hintergrund zukünftig eine noch wichtige Rolle zu kommen. Der Erhalt aller Krankenhausstandorte ist daher für eine intakte Krankenhausversorgung in Mecklenburg-Vorpommern notwendig. In welcher Form dies geschieht, auch hierzu hat die Enquete-Kommission gute und wichtige Hinweise gegeben, die es zu berücksichtigen gilt. Die große Herausforderung ist dabei weiterhin die Finanzierung und den Fachkräftebedarf sicherzustellen.
Die Zahl der Pflegebedürftigen in MV wird künftig sehr viel höher liegen als erwartet. Plant der Ausschuss Initiativen, die darauf abzielen, dass eine höhere Zahl an Pflegebedürftigen auch künftig versorgt wird bzw. welche Maßnahmen sollte die Landesregierung hier ergreifen?
Um dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken, ist die Ausbildung von Pflegefachkräften ein wichtiger Ansatzpunkt. Mit der generalistischen Pflegeausbildung und dem Studiengang Klinische Pflegewissenschaft wurden erste Maßnahmen eingeleitet. Die Akademisierung sehe ich dabei als wichtige Ergänzung, die berufliche Bildung wiederum weiterhin als zentralen Bestandteil. Im Sozialausschuss werden wir voraussichtlich im April einen Bericht des Ministeriums zur Ausbildung in der Pflege in Mecklenburg-Vorpommern hören, von dem wir uns auch Erkenntnisse und Antworten zur aktuellen und künftigen Situation im Land erhoffen.
Im Pflegereport der Barmer werden zudem weitere wichtige Aspekte angesprochen, wie z.B. eine bessere gesellschaftliche Anerkennung des Berufsbildes oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gerade in einer höheren Verbindlichkeit der Arbeits- und Vertretungszeiten sehe ich persönlich einen Ansatzpunkt. Darüber hinaus sind auch die angesprochenen Chancen der Digitalisierung in der Pflege von Bedeutung, gerade beim Abbau der Bürokratie oder als Unterstützung in der eigenen Häuslichkeit. Zudem müssen wir auch Chancen der Robotik in den Blick nehmen. Nicht als Ersatz für die Pflegekraft in der Betreuung der Pflegebedürftigen, sondern als technische Hilfe bei der alltäglichen Arbeit, um die Pflegekräfte körperlich zu entlasten.