Jedes Jahr erkranken nach Angaben der Deutschen Krebsgesellschaft rund eine halbe Million Menschen in Deutschland an Krebs. Dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg zufolge lassen sich rund 15 Prozent aller Krebserkrankungen auf mangelnde Bewegung zurückführen. Nachgewiesen ist, dass Sport und Bewegung der Entstehung von Krebs entgegen wirken. Darüber hinaus belegen Studien aber auch, dass körperliche Aktivität den Verlauf einer Krebserkrankung positiv beeinflussen und sogar das Risiko für einen Rückfall senken kann.
Es ist ein echter Paradigmenwechsel, der sich in der Therapie von Krebs in den vergangenen Jahrzehnten vollzogen hat. Bis vor einigen Jahren galt aus Angst vor einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes noch die Empfehlung, dass sich Krebspatienten vor allem schonen sollten. Heute werden sie zunehmend dazu angehalten, körperlich aktiv zu werden. „Viele Studien zeigen, dass eine angepasste Bewegungstherapie die Aussichten von Krebspatienten erheblich verbessern kann“, erklärt Klaus Möhlendick, Sportwissenschaftler bei der Barmer. Heute gelte das Motto „Bewegen statt schonen“, und das auch schon während der Therapie. Das steht im großen Kontrast beispielsweise zu dem früher gängigen sechsmonatigen Bewegungsverbot nach einer Chemotherapie. „Ein systematisches körperliches Training begleitend zur Krebstherapie kann die Nebenwirkungen von Chemo- und Strahlungsbehandlung lindern und krankheitsbedingte Beschwerden verringern“, so Möhlendick. Besonders gut erforscht ist der positive Effekt von Sport auf Brust-, Darm- und Prostatakrebs. Bei Brustkrebspatientinnen beispielsweise wurde durch ein zwölfwöchiges Krafttraining parallel zur Chemo- oder Strahlentherapie die krebsbedingte Fatigue, also chronische Erschöpfung mit Müdigkeit und Antriebslosigkeit, stark verringert.
Die Wirkung von sportlicher Aktivität bei Krebspatienten wurde in jüngster Zeit vermehrt in klinischen Studien untersucht. Nachgewiesenermaßen regt körperliche Aktivität fast alle Organsysteme an und beeinflusst auch das Gehirn. Das scheint auch die Mechanismen zu beeinflussen, die zur Krebsentstehung beitragen. „Fest steht, dass ein körperlich aktiver Lebensstil die Überlebenszeit von Krebspatienten verbessern und das Risiko eines Rückfalls verringern kann. Neben dem positiven Einfluss von Bewegung auf die Psyche wird auch der Appetit angeregt und gleichzeitig dem Muskelabbau sowie Kreislauf- und Atembeschwerden vorgebeugt“, erläutert Möhlendick.
Training muss auf den Patienten abgestimmt sein
Je nach Stadium der Erkrankung unterscheiden sich die Ziele, die durch ein körperliches Training angestrebt werden. Während der akuten Phase sollen vor allem Ausdauer, Kraft und Mobilität erhalten bleiben. Später, in der Rehabilitation, ist das vorrangige Ziel, die körperliche Leistungsfähigkeit wieder zu stabilisieren und die Lebensqualität insgesamt zu verbessern. Entscheidend für die Betroffenen ist, wieder ein Gefühl für und Zutrauen zum eigenen Körper zu entwickeln. Sie lernen darüber hinaus, wie man trotz möglicher körperlicher Einschränkungen oder einer verminderten Leistungsfähigkeit mobil und körperlich aktiv sein kann. In jedem Fall muss das Bewegungsprogramm auf den Patienten individuell zugeschnitten sein und sollte nur unter fachkundiger Anleitung stattfinden. Als gut geeignet gilt eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining mit zusätzlichen Elementen zur Schulung von Flexibilität und Koordination. „Ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt gibt Aufschluss darüber, welche Sportarten in Frage kommen und wie viel Training angemessen ist. Vor allem sollte die ausgewählte Art der Bewegung auch Spaß machen, denn ein dauerhafter Effekt lässt sich nur durch eine Umstellung des gesamten Lebensstils mit ausreichend Bewegung erreichen“, so Möhlendick.
Weitere Informationen
Verschiedene Selbsthilfegruppen oder Krebsberatungsstellen geben Informationen zu unterschiedlichen Bewegungsangeboten für Patienten mit Krebs. Tipps rund um das Thema Krebs und Sport bietet zum Beispiel eine ausführliche Broschüre der Deutschen Krebshilfe.