Lange Arbeitswege mit Staus auf Autobahnen, unpünktlichen Zügen, nervenden Mitreisenden, Lärm und anderen Stressfaktoren, für ihren Beruf nehmen viele Arbeitnehmer so einiges in Kauf und riskieren damit ihre Gesundheit. Doch es gibt Möglichkeiten, das Pendeln angenehmer zu gestalten.
In Deutschland hat die Zahl der Berufspendler im Jahr 2015 einen neuen Rekordwert erreicht. Nach einer Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt-, und Raumforschung in Bonn pendelten rund 60 Prozent aller Arbeitnehmer zu ihrem Arbeitsplatz. Im Jahr 2000 waren es noch 53 Prozent. Auch die Zahl der Fernpendler wuchs von einer Million auf 1,3 Millionen. Die Entfernungen zum Arbeitsplatz haben sich seit dem Jahr 2000 von 14,6 Kilometern auf 16,8 Kilometer im Jahr 2015 verändert. So weit, so gut. Was diese Zahlen allerdings nicht sagen, belegen andere Studien: Pendeln kann Stress auslösen oder verstärken. Und mit wachsender Pendelstrecke sinkt bei vielen Menschen die mentale und psychische Gesundheit. „Studien belegen, dass Arbeitnehmer mit einer langen Pendelstrecke unter anderem ein erhöhtes Risiko für Rückenschmerzen, Bluthochdruck, Migräne, Diabetes und Übergewicht aufweisen“, sagt auch Andrea Jakob-Pannier. Die Psychologin bei der Barmer weist allerdings auch darauf hin, dass nicht alle Pendler gleich unter ihrer Situation leiden.
Gute Planung
Schon ein ausreichender Zeitpuffer kann nach Ansicht der Expertin für eine deutliche Entspannung sorgen. Denn wer zu knapp losfährt oder zu spät zum Bus oder Zug kommt, setzt sich unnötigem Druck aus und erhöht damit sein persönliches Stress-Level. Arbeitnehmer mit flexiblen Arbeitszeiten sollten testen, ob ihre Fahrten entspannter ablaufen, wenn sie etwas eher oder später starten. Eine Alternative können auch Fahrgemeinschaften sein, so kann man zumindest hin und wieder als Mitfahrer etwas abschalten.
Aktive Entspannung
Pendler, die allein unterwegs sind, können auch über ihre innere Einstellung eine Menge Druck aus der Situation nehmen. Wer die Pendelzeit nicht als verlorene Zeit wahrnimmt, geht meist gelassener mit dem Stress um. „Statt darüber zu grübeln, was man in der Zeit alles hätte machen können, kann man den Arbeitsweg auch nutzen, um sich ganz bewusst etwas Gutes zu tun. So kann man in öffentlichen Verkehrsmitteln beispielsweise gut lesen oder je nach Strecke sogar ein kurzes Nickerchen einlegen. Wer mit dem Auto unterwegs ist, kann sich mit seiner Lieblingsmusik oder einem Hörbuch für den Tag wappnen oder in Feierabendstimmung bringen. Auch für Weiterbildungen wie einen Sprachkurs lässt sich die Zeit nutzen“, so Jakob-Pannier.
Gesunder Ausgleich
Auch wenn es im ersten Augenblick nach noch mehr Aufwand klingt, sollten gerade Pendler ganz bewusst auf ihre Gesundheit achten. Das bedeutet auch, dass trotz wenig Freizeit die Bewegung nicht zu kurz kommen darf. Wenn möglich, sollten sie diese direkt in ihren Arbeitsweg einbinden, indem sie einen Teil davon zu Fuß gehen oder mit dem Fahrrad fahren. Ein weiterer Aspekt, der bei Pendlern oft zu kurz kommt, ist eine gesunde Ernährung, weiß Jakob-Pannier. „Viele greifen am Bahnhof oder an Tankstellen spontan zu Leckereien. Die Folge sind chaotische Essgewohnheiten und Übergewicht. Diese Fehlernährung macht Menschen oft anfälliger für Stress. Besser ist es deshalb, das Essen von zu Hause mitzunehmen und bewusst zu planen, was man tagsüber isst.“ Sollte die Belastung durch das Pendeln immer noch zu groß sein, bietet sich noch ein Gespräch mit dem Chef oder dem Betriebsrat an, um flexible Arbeitszeiten durch Gleitzeit oder Tage im Home Office zu vereinbaren. Denn damit ließen sich Stress und stressbedingte Krankheitstage reduzieren.