Die Antwort auf diese Frage hat Dr. Ursula Marschall, Leitende Medizinerin bei der Barmer:
Mit den Augen sieht der Mensch, und mit den Ohren hört er. Daran dürfte es eigentlich keinerlei Zweifel geben, möchte man meinen. Aber ist dem wirklich so? Mitnichten. Denn mit den Ohren können Menschen tatsächlich auch bis zu einem gewissen Grade ‚sehen‘, sich also im Raum orientieren. So können sich Personen mit ausreichend Übung über die Echo-Ortung einen bestimmten Überblick über Gegenstände oder Hindernisse in ihrer Umgebung verschaffen. Dazu schnalzen sie mit der Zunge und können anhand des Echos sogar Gegenstände wie Bäume oder Autos unterscheiden. Eine Studie von Forscherinnen und Forschern der Universität von Durham in Großbritannien mit blinden Probandinnen und Probanden hat zum Beispiel ergeben, dass sie durch die Echo-Ortung zu 95 Prozent eine kleine Holzscheibe erkennen können, wenn diese in einem Halbkreis einen Meter vor ihnen platziert ist. Im Schnitt reichten ihnen dazu vier Schnalzlaute aus. Die Echo-Ortung kann im Übrigen jeder lernen. Die Forschenden der Universität von Durham unterrichteten unlängst blinde und sehende Teilnehmende zwischen 21 und 79 Jahren über zehn Wochen. Danach waren alle Teilnehmenden in der Lage, Klicksonar zu erlernen. Dabei gab es Einschränkungen, etwa beim Alter oder dem Grad der Erblindung. Überraschenderweise schnitten sehende Menschen teilweise sogar besser ab als Blinde, obwohl ihnen die Augen verbunden waren.