Im STANDORTinfo-Interview berichtet Christine Klingohr (SPD) als Mitglied des Sozialausschusses und gesundheitspolitische Sprecherin der SPD Fraktion, was es braucht, um die Gesundheitsversorgung in Mecklenburg-Vorpommern zukunftsfähig zu gestalten.
Worauf freuen Sie sich in Ihrer Arbeit als Mitglied des Sozial- und Gesundheitsausschusses?
Es ist mir ein Bedürfnis und ich bin mir auch der Verantwortung für diese Aufgabe bewusst, mich in die Arbeit des Ausschusses aktiv einzubringen. Die Ausschussarbeit ist grundsätzlich in meinen Augen eine inhaltliche Arbeit und da will ich mich auch gerne für eine gute gesundheitliche Versorgung in MV fraktionsübergreifend, gemeinsam mit den demokratischen Fraktionen einsetzen. Die dringendsten Aufgaben um eine regionale Versorgung gestalten zu können, sind für mich die sektorenübergreifende Zusammenarbeit, die Verbesserung der Patientenbeteiligung und die Errichtung einer telemedizinischen Plattform für das gesamte Land.
In unserem Ausschuss freue ich mich auf den Austausch mit den zuständigen Expertinnen und Experten aus der gesamten Gesundheitsbranche und den Dialog mit dem zuständigem Gesundheitsministerium und den Kolleginnen und Kollegen auf Augenhöhe, für ein gute regionale Gesundheitsversorgung in MV.
Worin sehen Sie die größten Herausforderungen in der künftigen Ausgestaltung der Gesundheitsversorgung in MV? Welche Rolle spielt dabei die Digitalisierung?
Wir stehen allgemein vor der Aufgabe, die gut aufgestellte Gesundheitsversorgung in Mecklenburg-Vorpommern auch weiterhin für alle Menschen zu sichern. Das umfasst Prävention, Therapie und Rehabilitation wie eine hohe Qualität und eine gute Erreichbarkeit.
Drei Dinge sind für uns dabei besonders wichtig: Erstens müssen wir das Land fit machen für die anstehenden demografischen Veränderungen – das bedeutet, mehr Fachkräfte zu gewinnen, insbesondere in der Pflege, aber auch in der Kindermedizin und bei den Hausärzten. Denn viele Hausärzte werden in den kommenden Jahren in den Ruhestand gehen. Hier brauchen wir Nachfolger*innen, um die bestehenden Praxisstandorte zu erhalten.
Zweitens müssen wir die Versorgungsstruktur weiter erhalten – also, Krankenhausstandorte sichern und nötige Investitionen stemmen.
Und drittens müssen wir effizienter werden und die verfügbaren finanziellen und personellen Ressourcen möglichst gut nutzen. Darum müssen wir die Verzahnung der unterschiedlichen Versorgungsbereiche ambulant und stationär vorantreiben. Dafür müssen wir sowohl innovativ sein, als auch die Chancen der Digitalisierung und der Telemedizin nutzen.
Hier setzen wir an, indem das Land insgesamt 84 Millionen Euro für die Krankenhäuser in Mecklenburg-Vorpommern über des Krankenhauszukunftsgesetzes bereitstellt. Damit soll die Digitalisierung in den Kliniken weiter ausgebaut sowie die regionalen Versorgungsstrukturen gestärkt werden.
Qualität oder Erreichbarkeit? – Was ist aus Ihrer Sicht bei der Krankenhausversorgung im Land wichtiger?
Natürlich sind Qualität und Erreichbarkeit zwei Seiten derselben Medaille eines guten Gesundheitswesens. Wir brauchen eine hochqualitative Krankenhausversorgung im Land. Aber wir aber dürfen diese nicht etwa durch die Konzentration auf einige wenige Standorte oder zu Lasten kleinerer Kliniken sichern. Deshalb stehen wir für den Erhalt aller Krankenhausstandorte in Mecklenburg-Vorpommern.
Wir wollen, dass in allen Regionen eine gute wie gleichermaßen erreichbare medizinische Versorgung gewährleistet ist. Es darf nicht dazukommen, dass Einrichtungen und Anbieter die Vorhaltekosten nicht mehr stemmen können. Darum stehen wir klar dazu, dass es sich beim Gesundheitswesen um ein Solidarsystem handelt. Für uns ist Gesundheit keine Ware und in der Gesundheitsversorgung geht es um den zu versorgenden Menschen und eben nicht um den maximalen Gewinn. Deshalb bekräftigen wir, dass bestimmte Leistungen auch angeboten werden müssen, ohne Gewinne abzuwerfen. Deshalb setzen wir uns als SPD für eine Reform des DRG-Fallpauschalensystems ein. Auch auf unsere Initiative hin, hat der Bundesrat Ende 2021 beschlossen, dass das Vergütungssystem für Krankenhäuser weiterentwickelt werden muss. Wir sind damit für die Refinanzierung stationärer Leistungen – insbesondere der Kinder- und Jugendmedizin sowie der Geburtshilfe – eingetreten. Wir wollen, dass die tatsächlich vorhandenen Kosten für das Vorhalten von Leistungen stärker berücksichtigt werden. Damit soll verhindert werden, dass diese Leistungsangebote aus wirtschaftlichen Gründen abnehmen und dadurch eine gut erreichbare Versorgung gefährdet ist. Hier geht es um das Wohl und die Genesung der Kinder und Jugendlichen, die nun mal oft mehr Zuwendung benötigen als Erwachsene.
Was sollte sich ändern/ muss umgesetzt werden, dass auch alle Pflegebedürftigen in MV auch noch in Zukunft gut versorgt werden?
Priorität hat für uns eine gute und bezahlbare Pflege für alle Regionen in MV trotz einer älter werdenden Bevölkerung. Dafür brauchen wir viele zusätzliche Pflegekräfte. Dafür haben wir auch das Pflegeberufegesetz gerade erst reformiert. Die Pflegeausbildung wird nun attraktiver und flexibler und dadurch zukunftsfest. Die pflegerischen Berufe werden so aufgewertet. Das ist mehr Wertschätzung und Respekt für die Pflege als anspruchsvolles Berufsfeld, das sich nicht zu verstecken braucht.
Mit großer Sorge sehen wir derzeit, dass die steigenden Kosten in der Pflege hauptsächlich von den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen getragen werden müssen. Wir werden den Eigenanteil der Pflegenden deckeln und eine nachhaltige Reform der Pflegeversicherung auf Bundesebene anschieben. Das haben wir mit unserem Koalitionspartner als ein wichtiges Ziel verabredet. Der neue Eigenanteil für die Pflegekosten muss dabei auch die Pflegebedürftigen und deren Angehörige in Mecklenburg-Vorpommern finanziell entlasten.