Zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – das ist locker übersetzt mit Co-Benefits gemeint: Eine Win-Win-Situation durch Maßnahmen, die sowohl der individuellen Gesundheit dienen (direkte Gesundheitseffekte), als auch die Erderwärmung begrenzen und Umweltkrisen eindämmen (indirekte Gesundheitseffekte). Für die Barmer Landesvertretung Hamburg hat sich Ramona Franz, Referentin für Prävention und Gesundheitsförderung, zur Multiplikatorin in Sachen Co-Benefits fortbilden lassen. Sie erläutert, wie sich Klima- und Umweltschutz positiv auf die individuelle Gesundheit auswirken und welche Positiv-Effekte wiederum Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention auf Klima und Umwelt haben.
- Ernährung:
Wussten Sie, dass fast 15 Prozent der menschlichen Treibhausgasemissionen – und damit genauso viel wie der gesamte Mobilitätssektor – auf die Herstellung tierischer Produkte zurückzuführen ist?
Wussten Sie, dass etwa 80 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen für die Produktion tierischer Lebensmittel genutzt werden?
Wenn wir uns gesünder ernähren würden, zahlt das nicht nur auf unsere eigene Gesundheit ein, sondern auch auf die Bewältigung der Klimakrise und die Einhaltung planetarer Belastungsgrenzen. Wenn wir uns vorwiegend pflanzenbasiert ernähren, lassen sich unter anderem die Landnutzung, der Wasserverbrauch und die Treibhausgasemissionen, die durch Viehzucht entstehen, deutlich reduzieren. Gleichzeitig senken wir die Krankheitslast nicht-übertragbarer Leiden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie die Folgeerkrankungen von Übergewicht und Adipositas. - Mobilität:
Wussten Sie, dass sich der Ausstoß deutscher Treibhausgasemissionen um jährlich 2,6 Millionen Tonnen reduzieren ließe, wenn es auf deutschen Autobahnen ein Tempolimit von 120 Stundenkilometern gäbe? Bei Tempo 100 wären es sogar Einsparungen von 5,4 Millionen Tonnen pro Jahr.
Wenn wir nicht langsamer fahren, so könnten wir zumindest weniger fahren, um die Luft sauberer zu halten und Lärm zu reduzieren. Den öffentlichen Verkehr zu nutzen, ist ebenfalls gesundheitsförderlich. Noch größere Win-Win-Effekte haben wir durch aktive Mobilität: Fortbewegung durch Muskelkraft wie beim Radfahren oder Zufußgehen schützt vor vielen nicht-übertragbaren Erkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparats, einigen Krebsarten und Demenz. Gleichzeitig steigern wir mit eigenen körperlichen Aktivitäten in der Natur unsere mentale Gesundheit und unser Wohlbefinden. - Luft:
Wussten Sie, dass die Luftverschmutzung zu den weltweit wichtigsten Ursachen für Morbidität und Mortalität gehört? Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht sogar vom „invisible killer“, der unsichtbaren Mörderin!
Genauer gesagt: Wussten Sie, dass 99 Prozent der Weltbevölkerung zu hoher Luftverschmutzung ausgesetzt sind – sowohl in Innenräumen als auch im Freien? Daraus resultieren weltweit jährlich 6,7 Millionen vorzeitige Todesfälle.
In Europa ist insbesondere die Luftverschmutzung im Freien relevant. Wenn wir es schaffen, die Luftqualität zu verbessern, etwa durch weniger Schadstoffausstoß im Transport- und Energiesektor, können wir – auch durch weniger Lärmbelastung – das Risiko von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Psychosen verringern. - Quality time statt Screentime:
Wussten Sie, dass unsere Online-Aktivitäten einen ähnlich großen ökologischen Fußabdruck haben wie der globale Luftverkehr? In Deutschland belaufen sich die Treibhausgasemissionen unseres digitalen Konsums pro Person auf etwa 0,85 Tonnen pro Jahr.
Wir wissen schon jetzt, dass übermäßige Bildschirmzeit mit Schlafstörungen, Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Sehstörungen in Verbindung stehen.
Reduzieren wir unseren digitalen Konsum und pflegen stattdessen unsere zwischenmenschlichen Beziehungen, kann sich dies neben weniger Schadstoffausstoß positiv auf unsere körperliche und psychische Gesundheit auswirken. Win-Win also…!
Das sind nur vier Beispiele für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen, die gleichzeitig positive Effekte auf die eigene Gesundheit haben und andersherum: Vier Maßnahmen der Gesundheitsförderung und Prävention, die sich positiv auf Klima- und Umwelt auswirken. Es gibt so viele mehr…
Mit all diesen Maßnahmen tun wir etwas Gutes für unsere Gesundheit und verkleinern gleichzeitig unseren persönlichen Fußabdruck, den wir durch unsere individuellen Treibhausgasemissionen hinterlassen. Ein guter Weg zum Klimaschutz. Noch bedeutender wäre es aber auch, den eigenen Handabdruck zu vergrößern. Was es damit auf sich hat, erläutert im STANDORTinfo-Interview Hannah Otto von der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG).