Eine ausgewogenere Verteilung von Arztpraxen und Hebammen über das gesamte Stadtgebiet, stärkere Verzahnung von stationärer und ambulanter Versorgung, Steigerung der Attraktivität des Pflegeberufs – diese Themen standen für den gesundheitspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion zu Beginn der Wahlperiode im Fokus. Was ist aus den Vorhaben geworden und was gibt es noch zu tun? Drei Fragen Stephan Gamm (51):
1.) Blicken wir auf die vergangenen Monate zurück: Welches Halbzeit-Fazit ziehen Sie, was den Stand der Umsetzung Ihrer Ziele anbelangt?
Was die Verteilung von Arztpraxen auf die Stadtteile angeht, hat sich bisher zu wenig getan. Es ist aber erfreulich, dass dieses Problem mittlerweile auch von den regierenden Parteien erkannt wurde und sich hier künftig einiges tun soll. Bis eine gleichmäßige und sozialgerechte Verteilung vorliegt, sind noch zahlreiche Anstrengungen zu leisten.
Es ist bedauerlich, dass es noch immer nicht gelungen ist, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Hier braucht es deutlich mehr Engagement seitens der Stadt. Auch müssen im Ausland erworbene Qualifikationen schneller und unbürokratischer anerkannt werden, um auch auf diesem Wege dem Fachkräftemangel in der Pflege entgegenzutreten. Zudem muss Sorge dafür getragen werden, dass sich die Arbeitsbedingungen in der medizinischen Versorgung und der Pflege endlich nachhaltig verbessern. Die Stimmen der Betroffenen – z.B. in Form von Brandbriefen – konsequent zu ignorieren, ist ein politischer Fehler des Senats.
2.) Die Corona-Pandemie hat in der ersten Hälfte der Wahlperiode vieles dominiert. Welche gesundheitspolitischen Themen sind aus Ihrer Sicht in den vergangenen Monaten zu kurz, welche vielleicht auch neu hinzugekommen?
Die Pandemie hat den Fachkräftemangel in der Pflege schonungslos offengelegt. Auch wenn ein Großteil der Pflegekräfte während der Hochphasen bis ans körperliche und psychische Limit gearbeitet hat, hat es an vielen Ecken und Enden an helfenden Händen gefehlt. Zum Wohle der in der Pflege Beschäftigten als auch der Patientinnen und Patienten dürfen wir nicht zulassen, dass es künftig erneut zu solchen Überlastungen kommt. Das geht nur mit einer zielorientierten Fachkräftestrategie.
Auch hat die Pandemie gezeigt, wie wichtig Hygienekonzepte – und ihre Kontrolle – sein können. Dies wird auch in Zukunft ein wichtiges Thema bleiben.
Des Weiteren gilt es, den Sanierungsstau in Hamburgs Kliniken zu beheben und endlich notwendige Sanierungen und Modernisierungen vorzunehmen. Das ist während der Pandemie zu kurz gekommen. Darüber hinaus trifft die Energiekrise Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser und sonstige medizinische mit voller Härte. Es müssen schnell Lösungen zur Abfederung der dramatisch steigenden Energiekosten gefunden werden.
3.) Bis zur Bürgerschaftswahl verbleiben knapp zweieinhalb Jahre. Welche drei Ziele möchten Sie in dieser Zeit im Bereich Gesundheitspolitik noch für Hamburg erreichen?
1. Mehr Fachkräfte in der Pflege – das ist wie schon 2020 mein Ziel. Mit einer durchdachten Strategie und einer deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen kann dies gelingen.
2. Aus der Pandemie und ihren Folgen lernen – Hamburg braucht für eine Situation wie diese einen Notfallplan, insbesondere im Bereich der medizinischen Versorgung. Dieser muss laufend überarbeitet und angepasst werden, um im Ernstfall sofort und besser als 2020 reagieren zu können. Auch gilt es, dem Krankheitsbild Long Covid mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Hier sollten Forschung und Versorgung enger verzahnt werden.
3. Die existentielle Bedrohung aller medizinischen Einrichtungen durch die Energiekrise durch pragmatische Lösungen abwenden.
Stephan Gamm ist als Unternehmensberater tätig.