Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin bei der Barmer:
Im Hinblick auf Blutspenden können wir froh sein, dass wir heute leben und nicht vor 600 Jahren. Die ersten Versuche von Bluttransplantationen gehen zurück bis ins 15. Jahrhundert. Damals war der Glaube stark verbreitet, dass durch das Trinken von Blut eines jüngeren Spenders ein älterer Patient verjüngt werden könne. Leider hat sich dieser Effekt nicht eingestellt. Da Blut als „Lebenssaft“ angesehen wurde, folgten schnell Versuche zur Blutübertragung. Lange Zeit experimentierten die Menschen mit Übertagungen von Tierblut auf den Menschen oder bemühten sich mit einfachsten Mitteln darum, die Venen zweier Menschen miteinander zu verbinden und so deren Blut auszutauschen. Diese Eingriffe endeten oft mit dem Tod beider Patienten. Das Verständnis, dass bei Blutkontakt auch Krankheiten übertragen werden können, existierte damals ebenfalls noch nicht. Erst als der Wiener Arzt Karl Landsteiner in den Jahren 1901 und 1902 die Blutgruppen A, B, AB und 0 entdeckte, konnten lebensgefährliche Blutgruppen-Unverträglichkeiten vermieden werden und so das Überleben nach einer Blutübertragung gelingen. Damit war der Grundstein für die moderne Transfusionsmedizin gelegt. 1914 gelang es erstmals, Blut „haltbar“ zu machen, also die Gerinnung zu verhindern, was 1919 zur Gründung der weltweit ersten Blutbank in den Vereinigten Staaten führte. 1940 entdeckte wiederum Karl Landsteiner den so genannten Rhesusfaktor. Die Fraktionierung, also die Aufteilung des Blutes in seine einzelnen Bestandteile, war ab 1941 möglich. Heute ist der Einsatz von Blutpräparaten aus der modernen Schulmedizin kaum mehr wegzudenken.