Erfurt, 11. Mai 2018 – Mit der Umstellung auf fünf Pflegegrade durch die bundesweite Pflegereform (Pflegestärkungsgesetze) werden deutlich mehr Thüringer als pflegebedürftig eingestuft. Dies berichtet die Barmer zum internationalen Tag der Pflege am 12. Mai. So hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung in Thüringen im vergangenen Jahr bei 90 Prozent aller Anträge auf Pflegebedürftigkeit einen Pflegegrad 1 bis 5 festgestellt. Im Jahr 2016 erhielten nach dem bisherigen System dagegen nur 76 Prozent aller Anträge eine Pflegestufe 1 bis 3. „Deutlich mehr Menschen werden seit der Pflegereform als pflegebedürftig anerkannt. Vor allem wer psychisch eingeschränkt ist, beispielsweise durch eine Demenz, erhält heute einen Pflegegrad und eine bessere Unterstützung durch die Pflegeversicherung“, erklärt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen.
Mit den Pflegestärkungsgesetzen I bis III hat der Bund die Mittel für die Pflege deutlich angehoben und die Pflegebedürftigkeit neu definiert. Im vergangenen Jahr wurden bundesweit 37,2 Milliarden Euro für die Pflege ausgegeben, rund 6,2 Milliarden mehr als im Vorjahr. Das ist der größte Anstieg seit Begründung der Pflegeversicherung. Dziuk: „Vielen sind die neuen Leistungen jedoch noch nicht geläufig. Beispielsweise wird der Entlastungsbetrag über 125 Euro im Monat von 70 Prozent der Berechtigten nicht in Anspruch genommen.“ Diesen Betrag können Pflegebedürftige nutzen, um sich zum Beispiel im Haushalt oder beim Einkauf helfen zu lassen. Dies soll die Eigenständigkeit unterstützen.
Dziuk: „Weiterhin viel Druck im System“
Trotz der Ausweitung der Leistungen sei weiterhin viel Druck im System, sagt Dziuk. „Wir benötigen deutlich mehr Fachkräfte. Die von der Bundesregierung angekündigten 8000 neuen Stellen bräuchten wir allein in den nächsten Jahren in Thüringen.“ Mehr Personal bedeute auch mehr Zeit für die Pflege. Laut Agentur für Arbeit waren im März 2018 insgesamt 530 offene Stellen in der Altenpflege gemeldet, im Vorjahresmonat waren es dagegen 413. Häufig würden offene Stellen gar nicht erst ausgeschrieben, sondern mit Leiharbeitern oder selbstständigen Pflegekräften überbrückt. Diese Entwicklung sehe sie mit großer Sorge, so Dziuk: „Freiberufliche Pflegekräfte oder Leiharbeiter dürfen nicht die Regel werden, weil sie nicht lange genug da sind, um die individuellen Bedürfnisse der Pflegebedürftigen ausreichend zu kennen.“