Kommt es zu einem Pflegefall, hat die Pflege in der gewohnten Umgebung für die meisten Menschen oberste Priorität. Dieser sehr "menschliche Wunsch" wird durch eine Reihe von Maßnahmen der Pflegeversicherung unterstützt. Es gilt der Grundsatz: AMBULANT VOR STATIONÄR. Fällt die Entscheidung zur Pflege im häuslichen Umfeld, ist das oft eine Entscheidung für viele Jahre. Die Anpassungen der konkreten Wohnumgebung an die Bedürfnisse des pflegebedürftigen Menschen oder der Umzug in eine bedarfsgerechte Wohnung kann das Führen eines selbstbestimmten Lebens trotz Pflegebedürftigkeit fördern und das Wohlbefinden deutlich erhöhen. Die Barmer GEK hat im Pflegereport 2015 festgestellt, dass Leistungen zur Wohnumfeldverbesserung vielen Betroffenen nicht bekannt sind.
Bis 4.000 Euro Zuschuss für Umbaumaßnahmen
Um den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit zu fördern, gewährt die Pflegeversicherung Zuschüsse zum Umbau der Wohnung bis zu 4.000 Euro. Gemäß eigener Hochrechnungen aus den Routinedaten der Barmer GEK wurden diese Leistungen bundesweit in den Jahren von 2012 bis 2014 von durchschnittlich rund 65.000 Pflegebedürftigen genutzt. In Sachsen werden aktuell rund 93.000 Menschen mit Pflegestufen in häuslicher Umgebung gepflegt. Sie erhalten Pflegegeld oder werden von ambulanten Pflegediensten betreut, auch eine Kombination aus beidem ist möglich. In Sachsen haben bisher nur knapp ein Prozent (0,94 Prozent) aller dieser Anspruchsberechtigten den Zuschuss für eine Umbaumaßnahme oder für einen Umzug in eine bedarfsgerechtere Wohnung in Anspruch genommen. Bundesweit sieht es nicht besser aus. Auch hier waren es nur wenige Fälle mehr (1,06 Prozent). "Um die Gründe der Nutzung oder Nichtnutzung von wohnumfeldverbessernden Maßnahmen genauer analysieren zu können, haben wir rund 5.000 anspruchsberechtigte Versicherte befragt", so Paul-Friedrich Loose, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in Sachsen. Von der Hälfte der Befragten wurden die eigenen Wohnungen als nicht barrierefrei eingestuft. Waren wohnumfeldverbessernde Maßnahmen zum Einsatz gekommen, wurden diese von den Nutzern durchgängig als sehr positiv bewertet.
Entsprechende Leistungen wurden nur in begrenztem Umfang beantragt. Etwa die Hälfte der befragten Versicherten, die eine entsprechende Maßnahme durchgeführt haben, hat einen Hinweis darauf von offizieller Seite erhalten. Ein Drittel derjenigen, die diese Leistungen nicht genutzt haben, wussten nicht, dass die Pflegeversicherung Zuschüsse für Umbaumaßnahmen bezahlt. Hier sind auch Kooperationspartner wie beispielsweise Städte und Gemeinden oder auch Wohnungsgenossenschaften mit ins Boot zu holen. "Es bestehen Informationslücken. Diese zu schließen bedeutet die Versorgung von Betroffenen zu verbessern. Sie könnten somit länger in ihrer häuslichen Umgebung verbleiben. Die Informationsvermittlung darf jedoch nicht allein Aufgabe der Pflegekassen und Pflegedienste sein, sondern muss eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe werden", so Loose.
Altersgerechter Wohnraum in Sachsen
Eine bedarfsgerechte Versorgung der sächsischen Bevölkerung mit entsprechendem Wohnraum hat sich der Verband Sächsischer Wohnungsgenossenschaften e. V. (VSWG) zur Aufgabe gemacht. "Es ist von großer Wichtigkeit, dass die vorhandenen finanziellen Möglichkeiten zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes der Bevölkerung bekannt sind und auch genutzt werden", sagt Dr. Axel Viehweger, Vorstand des Verbandes. Er sieht auch die Wohnungsgenossenschaften als Vermieter in der Pflicht, die eigenen Bewohner zielgerichtet zu informieren. "Die Sensibilisierung der Bevölkerung ist ein weiterer Schritt, der zur Schaffung barrierearmen Wohnraums beitragen kann. In Zukunft werden wir weiter mit der Barmer GEK und vielen anderen Partnern zusammenarbeiten, um innovative Lösungskonzepte für eine zukunftsgewandte gesundheitliche, mobile und soziale Versorgung in einer alternden Gesellschaft anbieten zu können," so Viehweger.
Erschwert wird die Bereitstellung von barrierearmen Wohnungen für Vermieter vor allem durch die entstehenden baulichen Kosten in Regionen mit niedrigem Haushaltseinkommen und niedrigem Mietniveau. Die Kosten für den Umbau von Wohnungen in Mehrgeschossbauten liegen in Sachsen in einer Spannweite von ca. 20.000 bis 35.000 €/WE in Abhängigkeit der Baustruktur des Gebäudes. Der Verband begrüßt es, dass die Pflegekassen Zuschüsse für individuelle Umbaumaßnahmen oder technische Hilfen im Haushalt zahlen. Denn die Wohnung muss immer auch bezahlbar bleiben.
Mehr zum Pflegereport 2015: www.barmer.de/p002155 oder
speziell für Sachsen: www.barmer.de/p004937
Mehr zum Thema Wohnen in Sachsen: www.zukunftsregion-sachsen.de