Die Corona-Pandemie hat deutliche Auswirkungen auf die Kindergesundheit gezeigt. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Arztreport der BARMER für Sachsen, in welchem die Entwicklung verschiedener „klassischer“ Kinderkrankheiten untersucht worden ist. Trends und teils sehr unterschiedliche saisonale Häufigkeiten konnten über 17 Jahre von 2005 bis 2021 dargestellt werden. Während viele Kinderkrankheiten in den beiden Coronajahren 2020 und 2021 deutlich seltener als in den Vorjahren dokumentiert wurden, wurden bei der Hand-Fuß-Mund-Krankheit für das vierte Quartal 2021 höhere Diagnoseraten als für alle vorausgehenden Quartale ermittelt. Auch bezogen auf das Gesamtjahr 2021 war diese Erkrankung damit die am häufigsten diagnostizierte klassische Kinderkrankheit.
Viele der sonst übliche Infektionen sind während der Pandemie ausgeblieben. In Sachsens Kindertageseinrichtungen und Schulen kam es daher im Frühjahr zu heftige Krankheitswellen. Mit Beginn des neuen Schuljahres und im kommenden Herbst sind weitere zu erwarten.
Scharlach
So geht aus dem aktuellen Barmer-Arztreport hervor, dass während der Pandemie unter anderem die übliche Scharlach-Welle bei Kindern in der Kita nahezu ausgeblieben ist. In Sachsen haben sich im Jahr 2019 noch rund 10.900 Kinder mit Scharlach infiziert, im Jahr 2021 waren es nur noch rund 1.400. Das entspricht einem Rückgang von 89 Prozent. Ein massiver Nachholeffekt lässt sich aktuell bereits angesichts der Zahlen des Robert-Koch-Instituts vermuten. So haben die gemeldeten Fälle für 2023 bereits jetzt die Anzahl des gesamten Jahres 2019 überschritten.
Hand-Fuß-Mund-Krankheit
Den Analysen im Barmer Arztreport zufolge sind neben Scharlach weitere klassische Kinderkrankheiten während der Pandemie seltener aufgetreten als in den Jahren zuvor. Das gelte beispielsweise für Ringelröteln und das Pfeiffersche Drüsenfieber. Einzig bei der Hand-Fuß-Mund-Krankheit gibt es einen gegenteiligen Effekt. Nach einem deutlichen Rückgang im Jahr 2020 auf weniger als 3.200 seien im vierten Quartal 2021, mit rund 11.600 Sächsischen Kindern, bereits schon wieder fast so viele von dieser Erkrankung betroffen wie im Jahr 2019.
Eine weitere Beobachtung der Hand-Fuß-Mund-Krankheit ist aufgrund dieser besonderen Entwicklung der Erkrankung sinnvoll, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich Kinder durchaus mehrfach anstecken können. Diese Krankheit ist auch auf Erwachsene übertragbar. Es ist nicht auszuschließen, dass es trotz ohnehin schon hoher Fallzahlen einen Nachholeffekt ähnlich wie bei Scharlach geben könnte.
Windpocken
Bereits vor der Pandemie hätten vor allem Schutzimpfungen dazu geführt, dass Kinderkrankheiten eine rückläufige Tendenz zeigen. Das belegt der Arztreport exemplarisch mit der Diagnoserate für Windpocken. Eine Empfehlung für die Schutzimpfung gegen Windpocken gibt es in Deutschland seit dem Jahr 2004. Vor der Einführung der Schutzimpfung haben sich mehr als 90 Prozent aller Kinder mit dem für die Windpocken verantwortlichen Varizella-Zoster-Virus infiziert. Von 2005 bis 2019 war die Diagnoserate bei Sächsischen Kindern bis 14 Jahren um 84 Prozent gesunken. Während der Pandemie hat es nochmal rund 51 Prozent weniger Windpocken-Erkrankungen gegeben.
„Bei den Infektionskrankheiten, die besonders häufig im Kindesalter auftreten, beispielsweise Scharlach, Ringelröteln oder auch Atemwegsinfekte, sind angesichts intensiver Nachholeffekte teils außergewöhnlich schwere Verläufe nicht auszuschließen. Um solche negativen Effekte für die Zukunft zu vermeiden, müssen jetzt die richtigen Lehren gezogen werden. Wir brauchen evidenzbasierte Konzepte mit Augenmaß, die zukünftig als eine Art Blaupause vorliegen“, sagt Monika Welfens, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Sachsen.
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