Dresden (22.09.2016) In Sachsen sind Pflegebedürftige zahnmedizinisch noch immer unterversorgt. Pflegebedürftigen Menschen wird deutlich seltener in den Mund geschaut als Nicht-Pflegebedürftigen. Noch nie war das zahnmedizinische Versorgungsangebot in Deutschland so hoch und die Mundgesundheit so gut. Laut Zahnreport der Barmer GEK haben gerade die Sachsen keine Scheu vorm Zahnarzt. 78 Prozent aller Bewohner besuchen ihn regelmäßig, meist sogar zwei Mal im Jahr. Doch die zahnmedizinische Prävention und die Versorgung älterer Menschen hinken immer noch hinterher. "Kooperationsverträge zwischen Zahnärzten und Pflegeeinrichtungen müssen unbedingt ausgebaut werden", fordert Paul-Friedrich Loose, Landesgeschäftsführer der Barmer GEK in Sachsen.
Zu viele Pflegeeinrichtungen ohne Kooperationsverträge
In Sachsen werden die gesetzlichen Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft, um die zahnmedizinische Versorgung von älteren Menschen in Pflegeheimen sicherzustellen. Von den über 625 stationären Pflegeeinrichtungen haben erst 176 einen Kooperationsvertrag mit einem Zahnarzt geschlossen. Unverständlich für Paul-Friedrich Loose: "Der Gesetzgeber hat eine sichere rechtliche Basis mit einer entsprechenden Vergütungsregelung für diese aufsuchende Betreuung geschaffen." Er appelliert an die Einrichtungen, sich zu informieren und einen entsprechenden Vertrag abzuschließen damit diese Versorgungslücken geschlossen werden. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen (KZVS) unterstützt Einrichtungen bei der Suche eines Kooperationszahnarztes bzw. einer -zahnärztin.
Zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige
Loose verweist auf das im Juli 2015 in Kraft getretene Versorgungsstärkungsgesetz. Danach haben Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen und Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz ausdrücklich einen gesetzlichen Anspruch auf zusätzliche Leistungen zahnmedizinischer Prävention. Auch wenn im höheren Alter die durchschnittliche Zahl der verbliebenen Zähne sinkt und der Anteil der zahnlosen Personen steigt, darf daraus nicht geschlossen werden, dass ältere Menschen keinen Zahnarzt mehr benötigen. „Im Alter ändert sich lediglich der Versorgungsbedarf", so Loose.
Hintergrund
Zahnärztliche Versorgung Pflegebedürftiger - Abbau von Versorgungsdefiziten bei der zahnärztlichen Versorgung (siehe auch Barmer GEK Pflegereport 2014, www.barmer-gek.de/545359)
Aktuelle Reformen
- 2009 - Sachverständigengutachten "Koordination und Integration - Gesundheitsversorgung in einer Gesellschaft des längeren Lebens" - erste Hinweise auf angemessene zahnmedizinische Versorgung von Pflegebedürftigen.
- 2010 - Kassenärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK) haben gemeinsam ein Konzept zur vertraglichen Versorgung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen auf den Weg gebracht: "Mundgesundheit trotz Handicap und hohem Alter", mit dem Hinweisen auf Versorgungslücken.
- 2011 und 2012 - Das GKV-Versorgungsstrukturgesetz (2011) und Pflege-Neuausrichtungsgesetz (2012) haben bereits einige Reformschritte gesetzlich verankert.
- GKV-Versorgungsstrukturgesetz: Der einheitliche Bewertungsmaßstab für die Vergütung zahnmedizinischer Leistungen (BEMA) wurde um die zusätzliche Vergütung für Hausbesuche von Pflegebedürftigen angepasst. (§87, Abs.2i, SGB V)
- Pflege-Neuausrichtungsgesetz (PNG) sieht folgende Änderungen vor: Hausbesuche dürfen auch für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz (Demenz), ohne das Vorhandensein einer Pflegestufe (§ 45a, SGB XI) abgerechnet werden, wenn kein Zahnarztbesuch möglich ist.
- Gesetzlich wurde festgeschrieben (§119, SGB V), dass kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband mit einer Rahmenvereinbarung, den Weg ebenen für Kooperationsverträge zwischen Zahnärzten und Pflegeeinrichtungen.