Überlastete Notaufnahmen, Fachkräftemangel, nicht eingehaltene Hilfsfristen, zu wenig verfügbare Rettungswagen – immer wieder wird berichtet, wie schlecht es um die Notfallversorgung in Sachsen-Anhalt steht. Aus diesem Grund hat sich das diesjährige Fachsymposium der Barmer Landesvertretung Sachsen-Anhalt mit dem Dauerbrenner-Thema „Notfallversorgung zwischen Arztpraxis, Rettungsdienst und Krankenhaus“ beschäftigt. Axel Wiedemann, Landesgeschäftsführer der Barmer in Sachsen-Anhalt, begrüßte Mitte November mehr als 80 Gäste aus Gesundheitswesen, Forschung und Politik.
Irgendwo zwischen Gesundheits- und Innenministerium
Wolfgang Beck, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales und Gesundheit des Landes Sachsen-Anhalt, kündigte in seinem Grußwort an, dass die sektorenübergreifende Versorgung zukünftig stärker durch das Gesundheitsministerium begleitet würde. Weiterhin wies er auf die Sonderrolle der Notfallversorgung hin. Die Zuständigkeit teilen sich Gesundheitsministerium und Innenministerium. Das erfordere eine gute interministerielle Zusammenarbeit.
Nur Bagatellfälle in der Notaufnahme?
Wer kommt wann mit was und wem in die Notaufnahme? Dieser Frage ging Dr. Susanne Drynda von der Universitätsmedizin Magdeburg auf Basis von Daten des AKTIN Notaufnahmeregisters nach. Ihre Untersuchung zeigt, dass Patientinnen und Patienten mit verschiedenen Mitteln und mit einem breiten Spektrum an Krankheitsbildern die Notaufnahmen aufsuchen – von Bagatellfällen bis hin zu lebensbedrohlichen Notfällen. Zu den am häufigsten genannten Gründen, um in der Notaufnahme vorstellig zu werden, gehören unter anderem Bauch-, Brust- und Rückenschmerzen, Verletzungen und Wunden sowie Luftnot und Symptome eines Schlaganfalls.
Ein Rettungsdienst, der Arztpraxen anfährt
Das deutschlandweit einzigartige SaN-Projekt stellte Dr. Eckhard Starke, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Hessen, vor. Das Prinzip des Modellprojekts: Der Rettungsdienst kann nicht nur Krankenhäuser, sondern auch Arztpraxen anfahren. Dafür loggen sich Partnerpraxen in IVENA, einem System zur Ressourcenübersicht in Echtzeit, ein und stellen ambulante Versorgungsressourcen zur Verfügung. Diese können vom Rettungsdienst bei Bedarf reserviert und die Praxen angefahren werden. Erfordert das Krankheitsbild eine Versorgung im Krankenhaus, fährt der Rettungsdienst das Krankenhaus in der Nähe mit verfügbaren Versorgungskapazitäten an.
Knackpunkt: Ersteinschätzung
Der Bundestagsabgeordnete Dr. Herbert Wollmann warf im Rahmen des Barmer Fachsymposiums einen Blick auf die Reformierung der Notfallversorgung aus bundespolitischer Sicht. Diese sieht unter anderem vor, den Rettungsdienst aufzuwerten und ihn ins Fünfte Sozialgesetzbuch zu überführen. Zudem soll die Notfallversorgung laut Koalitionsvertrag in integrierten Notfallzentren in enger Zusammenarbeit zwischen den kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenhäusern erfolgen. Knackpunkt sei aus der Sicht Wollmanns die Ersteinschätzung des Patienten. Wer diese vornehme, sei aktuell noch ungewiss.
Ein buntes Potpourri an Themen
Bei diesem Potpourri an relevanten Themenbereichen bot die anschließende Podiumsdiskussion Gelegenheit, Ansichten zu vertiefen und Fragen aus dem Publikum zu beantworten. Die Moderatorin des Abends, Petra Schwarz, konnte dabei nochmal die Vielfalt der Meinungen einfangen. Das Fachsymposium konnte Schlaglichter setzen und hoffentlich zum Nachdenken und Nachmachen animieren.