Demografische Entwicklung, Fachkräftemangel, angespannte Finanzsituation – Die gesetzliche Pflegeversicherung hat großen Reformbedarf. Die Barmer hat daher in ihrem Positionspapier „Pflege für die Zukunft stark machen“ eine Vielzahl von Reformmaßnahmen formuliert, mit denen die soziale Pflegeversicherung für die zukünftigen Herausforderungen gewappnet werden kann. Die Krankenkasse liefert damit einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung. In einem Sondernewsletter kommentieren wichtige Stimmen der Gesundheitsbranche Sachsen-Anhalts die einzelnen Vorschläge.
Barmer-Vorschlag: Länder in die Pflicht nehmen
Die Länder sind für die Vorhaltung einer leistungsfähigen, ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur verantwortlich. Ihre Verpflichtung zur Finanzierung der notwendigen Investitionskosten muss verbindlich geregelt werden. Details dazu finden Sie hier.
Die Landtagsabgeordnete und Pflegewissenschaftlerin Dr. Anja Schneider (CDU) zum Vorschlag der Barmer
„Wir stehen in der Pflege vor vielen Herausforderungen. Die Bewältigung der Aufgaben wird nur durch Zusammenarbeit von Politik, Sozialversicherungsträgern und aller an der Pflege Beteiligten gelingen. Aus meiner Sicht bedarf es auch einer gesamtgesellschaftlichen Grundsatzdebatte: Was erwarten wir von guter Pflege und was ist uns diese Pflege wert? Müssen wir zukünftig dafür tiefer in die Tasche greifen? Und wie können wir die Pflegelandschaft attraktiv gestalten, vorhandene Ressourcen nutzen und vor allem Fachkräftemangel und Bürokratie abbauen? Mit diesen Fragen setzt sich die CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt seit Beginn der Legislaturperiode intensiv auseinander. Der Entwurf des „Strategiepapier Pflege“, der im CDU-Landesfachausschuss Gesundheit zur Beratung ist, soll eine Grundlage für die sozialpolitische Arbeit der Fraktion bilden. Die Bedeutung der Pflege kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.
Der gestiegene Eigenanteil für Pflegebedürftige ist ein riesiges Problem und für die meisten Betroffenen nicht zu bewältigen. Feststeht, dass die Pflegeversicherung mittlerweile ihren Zweck verfehlt, da besonders ältere Menschen – im Falle der Pflegebedürftigkeit – auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind. Das Scheitern der Pflegeversicherung kann nicht auf dem Rücken der Bundesländer und Pflegekassen – und auch nicht alleinig durch die Pflegebedürftigen und Angehörigen – getragen werden. Es braucht zeitnah Reformen auf Bundesebene, um die Eigenanteile signifikant zu begrenzen. Vorschläge wie eine Vollversicherung in der Pflege, die alle Kosten der ambulanten oder stationären Pflege trägt, oder eine Förderung von Pflegezusatzversicherungen können auf ihre Umsetzungschancen hin geprüft werden.
Die Bundesländer sind dafür verantwortlich, ausreichend Pflegeeinrichtungen und Dienste zur Verfügung zu stellen, um die Pflegebedürfnisse der Bevölkerung in ihrem Zuständigkeitsbereich zu erfüllen. Hier sind die Länder allerdings mit einer Vielzahl von Problemen konfrontiert. Eine der größten Herausforderungen ist der demografische Wandel: der Bedarf an Pflegeleistungen steigt ständig an, was eine erhöhte Nachfrage an Pflegeeinrichtungen und -diensten zur Folge hat.
Diesem steigenden Bedarf steht der Fachkräftemangel gegenüber, der häufig dazu führt, dass die freien Pflegeplätze nicht belegt oder ambulante Leistungen nicht angeboten werden können. Zudem ist die Pflegebranche stark reguliert. Dies kann die Wirtschaftlichkeit und den Anreiz für die Bereitstellung von Pflegeleistungen negativ beeinträchtigen.
Die Pflegestrukturplanung auf Länderebene ist entscheidend, um die Versorgung den sich verändernden Bedürfnissen der Bevölkerung anzupassen. Dies beinhaltet auch, adäquate Beratungsangebote vorzuhalten. Die Beratungsstruktur wird in Sachsen-Anhalt mit einer vernetzten Pflegeberatung abgedeckt, deren Ziel eine flächendeckende, wohnortnahe Beratung ist. Der Landesfachausschuss Gesundheit der CDU-Fraktion ist dazu im regelmäßigen Austausch mit Praxis, Landespolitik sowie Kostenträgern, um Lösungsansätze im Interesse der Pflegebedürftigen und der Pflegekräfte zu finden.
Für Angehörige und Pflegende ist die Verfügbarkeit von Tages- und Kurzzeitpflegeplätzen ein wichtiges Thema. In den Einrichtungen werden Tages- und Kurzzeitpflegeplätzen oftmals situativ in die Langzeitpflegeplätze eingestreut, da Einrichtungen ihre freien Kapazitäten nicht explizit ausweisen. Dies geht oft zu Lasten der Tages-, Kurzzeit- oder Verhinderungspflege, da die Besetzung der Plätze in der Langzeitpflege wirtschaftlich attraktiver ist. Eine Lösung könnten solitäre Einrichtungen – auch für Kinder und Jugendliche – sein. Der Bedarf an solchen Plätzen gilt als gesichert, eine Förderung der Länder und privater Investoren halte ich jedoch nur für sinnvoll, wenn das Modell in seiner Wirtschaftlichkeit überarbeitet und auch die Übergangszeiten, an denen vorgehaltene Pflegeplätze nicht belegt sind, mit einem Deckungsbeitrag finanziert werden.
Das Thema Fachkräftemangel in der Pflege ist täglich präsent. Presse und Medien zeichnen oft ein überfordertes System. Deshalb ist es umso wichtiger, Menschen für einen Ausbildungsberuf in der Pflege zu begeistern. Meine Landtagsfraktion setzt sich für die Prüfung einer generalistischen Pflegeassistenzausbildung ein, um die berufsständige Ausbildung transparent und durchgängig zu gestalten. Ein wichtiger Aspekt von Wertschätzung stellen dabei Schulgeldfreiheit und Ausbildungsvergütung dar.“