Viele Krankenhausaufenthalte Pflegebedürftiger in Mecklenburg-Vorpommern ließen sich bei entsprechender Versorgung vermeiden. Das belegt eine Analyse im aktuellen Barmer Pflegereport. Demnach wären jährlich mindestens 25.000 Hospitalisierungen pflegebedürftiger Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bei vorausschauender und vernetzter Versorgung vermeidbar. „Aufenthalte im Krankenhaus sind für Pflegebedürftige regelmäßig mit großem Stress und der Gefahr einer Verschlechterung ihres allgemeinen Gesundheitszustands verbunden“, sagt Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der Barmer in Mecklenburg-Vorpommern. Stationäre Behandlungen gingen für Pflegebedürftige beispielsweise einher mit erhöhtem Risiko für Dekubitus, Delirien oder Infektionen. „Wir brauchen dringend neue, effizientere Versorgungsstrukturen, um die medizinischen Bedarfe pflegebedürftiger, aber auch chronisch kranker Menschen besser berücksichtigen zu können“, fordert Barmer-Landeschef Kutzbach. Dies könnten zum Beispiel wohnortnahe, sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen sein, wie sie im Rahmen der Krankenhausreform etabliert werden sollen. So könnten Menschen auch in dünn besiedelten Gebieten wohnortnah medizinisch gut versorgt werden. Auch der Einsatz von Telemedizin werde für die Versorgung in ländlichen Gebieten immer wichtiger.
Mehr Kompetenzen für Pflegefachpersonal
Ursache für einen Krankenhausaufenthalt sind bei Pflegebedürftigen oft schwere, aber doch gut behandelbare chronische Erkrankungen wie Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus. Bei einer entsprechenden Versorgung ließen sich laut Pflegereport bei Herzinsuffizienz mehr als 4.200 Krankenhausfälle (64 Prozent der aufgetretenen Fälle), bei Diabetes mehr als 1.100 Krankenhausfälle (81 Prozent) ambulant beziehungsweise im Pflegeheim behandeln. „Ein wichtiger Schritt, um die Versorgung Pflegebedürftiger zu verbessern, besteht darin, Pflegefachpersonal mehr Kompetenzen beispielsweise in der Wundversorgung sowie bei der Behandlung von Diabetes und Demenz zu übertragen“, sagt Henning Kutzbach. Dadurch würden einerseits Ärzte entlastet, andererseits könnte Pflegefachpersonal zielgerichteter und effizienter eingesetzt werden. „Eine Ausweitung der Kompetenzen führt zur Aufwertung der Pflegeberufe. Zudem wird ein Arbeitsplatz in der Pflege auch 2 international attraktiver, da in vielen anderen Ländern die Ausübung selbstständiger heilkundlicher Tätigkeiten schon lange etabliert ist“, so Kutzbach. Ein Eckpunktepapier mit entsprechenden Plänen liege seitens des Bundesgesundheitsministeriums vor. Es brauche nun dringend einen Referentenentwurf, fordert Kutzbach.
Pflegebedürftige oftmals zu lange im Krankenhaus
Der aktuelle Pflegereport zeigt zudem, dass neu pflegebedürftige Menschen überdurchschnittlich lange im Krankenhaus verweilen. Die Verweildauer liegt bei Nicht-Pflegebedürftigen in Mecklenburg-Vorpommern im Schnitt bei sieben Tagen, bei bereits Pflegebedürftigen bei neun Tagen und bei neu Pflegebedürftigen bei zwölf Tagen. Demnach sind inzident Pflegebedürftige, also jene, die neu pflegebedürftig wurden, fünf Tage länger in der Klinik als der Durchschnitt. „Pflegebedürftige sind im Schnitt meist älter und kränker. Lange Verweildauern sind ein Anzeichen, dass schwerere Erkrankungen vorliegen und behandelt werden müssen“, so Kutzbach. Eine weitere Analyse im Pflegreport zeige jedoch, dass auch bei Kontrolle verschiedener Merkmale (Alter, Vorerkrankung, u.a.) längere Krankenhausdauern für inzident Pflegebedürftige bestehen. Die Diskrepanz zwischen den Verweildauern könne demnach Indiz für eine Versorgungslücke nach einem Krankenhausaufenthalt sein. „Für Betroffene und ihre Angehörigen ist der Eintritt der Pflegebedürftigkeit ein tiefer Einschnitt in die Lebenssituation. Es ist wichtig, dass dann Angebote schnell und zuverlässig zur Verfügung stehen“, sagt Kutzbach.
Versorgung nach Krankenhausaufenthalt muss optimiert werden
Die Kurzzeitpflege spielt als Anschlussversorgung eine wichtige Rolle. Hier fehle es für Barmer-Landeschef Henning Kutzbach vor allem an einer Übersicht freier Kapazitäten. Eine landesweite, digitale Plattform, die freie Kurzzeit und Dauerpflegeplätze aufliste, könnte aus seiner Sicht helfen und würde sowohl die Sozialdienste der Krankenhäuser als auch Betroffene und ihre Angehörigen entlasten. Ähnliche Angebote gäbe es bereits in Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Wichtig sei auch, die Angehörigen Pflegebedürftiger noch stärker zu unterstützen. Sie seien die wichtigste Stütze der Langzeit pflege. Zudem fühlen sich die Betroffenen im häuslichen Umfeld am wohlsten. „Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, pflegende Angehörige weiter zu unterstützen, zu qualifizieren und anzuleiten“, betont Kutzbach. Eine Entlastung sei im Übrigen durch viele Maßnahmen möglich. So ließen sich bei der Barmer seit einem Jahr Anträge für Pflegeleistungen nicht nur digital oder per Post, sondern auch telefonisch stellen.
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