In Deutschland könnten jährlich rund 1,3 Millionen Krankenhausaufenthalte von Pflegebedürftigen potenziell vermieden werden, wenn Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeeinrichtungen ambulant besser versorgt würden. In Mecklenburg-Vorpommern wären dies entsprechend mindestens 25.000 Hospitalisierungen. Zu diesem Ergebnis kommt der aktuelle Barmer-Pflegereport. Doch um die ärztliche Versorgung von Pflegebedürftigen ist es nicht zum Besten bestellt. Lange Entfernungen zwischen Arztpraxis und Pflegeeinrichtung sowie lange Wartezeiten auf einen Termin erschweren eine kontinuierliche und intensive medizinische Versorgung, die gerade pflegebedürftige Menschen häufig benötigen. Die Barmer ermöglicht ihren Versicherten in Pflegeheimen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nun eine telemedizinische Versorgung, die von dem Telemedizin-Anbieter MedKitDoc und der AOK Nordost in einem Pilotprojekt bereits erfolgreich erprobt wurde. Das bundesweite einmalige Modell sieht erstmals eine dem Aufwand angemessene Vergütung für den Einsatz von gerätegestützter Telemedizin sowohl für Ärztinnen und Ärzte als auch für Pflegeheime vor.
Komplexe Diagnosemöglichkeiten dank zertifizierter Medizingeräte
Zum Einsatz im neuen Selektivvertrag kommen eine App und zertifizierte Medizingeräte, die vom geschulten Pflegepersonal bedient werden. Darunter ist beispielsweise ein Stethoskop, das ermöglicht, Herz- und Lungengeräusche in einer Videokonferenz abzuhören. Durch die Live-Übertragung der wichtigsten Vitalparameter über die speziellen Medizingeräte haben Ärztinnen und Ärzte bessere Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, als in einer gewöhnlichen Videosprechstunde. Patientinnen und Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen oder chronischen Wunden können so zuverlässiger versorgt werden und das mit einem geringeren Aufwand für alle Beteiligten. Pflegebedürftige müssen nicht in eine Praxis gebracht werden, Ärztinnen und Ärzte sparen Hin- und Rückfahrt und das Pflegepersonal hat die Möglichkeit, auch kurzfristig Rücksprache mit einem Arzt beziehungsweise einer Ärztin zu halten
Barmer ruft Pflegeheime sowie Ärzte zur Teilnahme auf
Das neue gerätegestützte telemedizinische Versorgungsmodell beruht auf einem neunmonatigen Pilotprojekt mit 200 Patientinnen und Patienten aus sieben Pflegeheimen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die Pilotphase hat gezeigt, dass die Bewohnerinnen und Bewohner ärztlich zuverlässig versorgt, Pflegepersonal durch Nutzung digitaler Möglichkeiten in ihrer Kompetenz gestärkt und Krankenhausaufenthalte und stationäre Leistungsausgaben erheblich gesenkt werden konnten. Dieses positive Ergebnis hat die Barmer davon überzeugt, dem Selektivvertrag beizutreten. „Mit den erweiterten Möglichkeiten der Telemedizin möchten wir die gesundheitliche Versorgung unserer pflegebedürftigen Versicherten auf zukunftsfeste Füße stellen. Denn sie benötigen eine beständige medizinische Betreuung. Wir setzten darauf, dass möglichst viele Pflegeheime und deren kooperierende Ärztinnen und Ärzte dem Beispiel folgen und so einen Beitrag leisten, Pflegekräfte und Krankenhäuser zu entlasten und die medizinische Versorgung in ihren Einrichtungen zu verbessern“, sagt Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Mecklenburg-Vorpommern.
Telemedizin als Lösung bei Ärztemangel
Für die Teilnahme schließen Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegeheime einen Selektivvertrag mit AOK Nordost und Barmer ab. Der Vertrag sieht eine dem Aufwand angemessene Vergütung für den Einsatz von gerätegestützter Telemedizin sowohl für Ärztinnen und Ärzten als auch für Pflegeheime vor. Patientinnen und Patienten müssen eine Teilnahmeerklärung unterzeichnen. Die Notwendigkeit für neue medizinische Versorgungslösungen liegen auf der Hand: Nach Berechnungen der Barmer wird die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Brandenburg von rund 157.000 im vergangenen Jahr auf rund 226.000 im Jahr 2030 anwachsen. Gleichzeitig werden in Brandenburg zukünftig weniger niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung stehen. Die Kassenärztliche Vereinigung prognostiziert für das Jahr 2025 rund 500 fehlende Hausärztinnen und Hausärzte.
Pflegeeinrichtungen und Ärzte können sich für weiterführende Informationen zum Projekt per E-Mail an uns wenden.