Aus: Gesundheitspolitische Positionen der Barmer Mecklenburg-Vorpommern zur Landtagswahl 2021
Was in fast allen Büros kaum noch zu finden ist, spielt im Gesundheitswesen immer noch eine zentrale Rolle - das Faxgerät. Viele Prozesse erfolgen noch immer analog oder werden durch Medienbrüche (ausdrucken, versenden, wieder einscannen) ausgebremst. Die Barmer forciert deshalb bereits seit mehreren Jahren eine Digitalagenda und baut ihre Online- und App-Angebote sukzessive aus, um papierlos und unkompliziert mit ihren Versicherten zu kommunizieren.
In Mecklenburg-Vorpommern strebt die Landesregierung einen flächendeckenden Breitbandausbau an. In einem ersten Schritt soll der landes-weite Ausbau mit 50 Mbit/s umgesetzt werden. Im kommenden Jahrzehnt soll nach den Vorstellungen des zuständigen Landesministeriums die stufenweise Weiterentwicklung des bestehenden Netzes zu einem für jedermann verfügbaren Hochleistungsnetz erfolgen. Im Moment ist die Versorgung jedoch noch nicht zufriedenstellend. Rund 50 Prozent der Haushalte im Land können aktuell über Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s verfügen. Es besteht aber ein Gegensatz der Versorgung zwischen städtischen Bereichen und dem ländlichen Raum. Im ländlichen Raum liegt die Abdeckung bei knapp 15 Prozent. Jede Weiterentwicklung im medizinischen Bereich ist jedoch davon abhängig, dass die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern einen digitalen Zugang erhalten.
Stabile, leistungsfähige Internetanbindung unverzichtbar
Dies muss weiterhin ein Schwerpunkt der zukünftigen Regierungsarbeit sein. Dabei müssen Gesundheitsversorger (Praxen, Krankenhäuser, Apotheken, Therapeuten, Pflegeeinrichtungen, Reha-Kliniken) mehr Priorität bekommen. Momentan besteht keine Übersicht, wie gut sie mit schnellem Internet ausgestattet sind. Mit der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) und Anwendungen wie dem eRezept, dem elektronischen Krankenschein (eAU) und Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGa) ist eine stabile, leistungsfähige Internetanbindung unverzichtbar. Dies ist insbesondere wichtig, um auch untereinander einen reibungslosen, digitalen Austausch zu sichern. Andernfalls gerät das Ziel einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung perspektivisch in Gefahr.
In der von der Landesregierung 2018 verabschiedeten „Digitalen Agenda“ wird als ein Projekt der im Landkreis Vorpommern-Greifswald entwickelte „Telenotarzt“ aufgegriffen. Die angestrebte Ausweitung auf das ganze Land ist sinnvoll und unterstützt langfristig die Notfallversorgung im Nordosten.
Digitalisierung als Chance für bessere Versorgung
Die Digitalisierung kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Abläufe im Gesundheitswesen stärker zu automatisieren, Schnittstellen zu optimieren und Fehleranfälligkeit zu vermindern. Sie bietet zudem die Chance, analoge Prozesse kritisch zu hinterfragen und zu optimieren. So könnte moderne Technologie der Schlüssel dazu sein, Rationierung von Leistungen zu vermeiden, wenn die personellen und vermutlich auch finanziellen Ressourcen knapper, aber die Bedarfe größer werden.
Mögliche Leitplanken und Ziele für die Digitalisierung von Prozessen sind eine bessere Patientensicherheit (z.B. bei Entlassmanagement, Medikation, Notfallversorgung), engere Patienten-Einbindung (z. B. Schulungen, Nachsorge, Tele-Monitoring) und die Zusammenarbeit zwischen mehreren Kliniken, aber auch Praxen.
Erreichbarkeit von Ärzten durch Telemedizin stärken
Die Telemedizin erlebt seit Beginn der Corona-Krise einen großen Aufschwung, die Vorteile der Digitalisierung in der Medizin werden jetzt besonders deutlich. So findet die Fernbehandlung per Videosprechstunde inzwischen große Akzeptanz, vor allem im Bereich der Psychotherapie. Daher ist es sinnvoll, dass Ärztinnen und Ärzte die Möglichkeiten der Telemedizin, einschließlich der Fernverschreibung von Arzneimitteln, umfangreicher in der Versorgung nutzen.
Wichtig ist es, regional bedarfsgerechte Angebote der Telemedizin zu entwickeln und eine Anschubfinanzierung zu ermöglichen. Telemedizin kann gerade im ländlichen Raum das Recht auf freie Arztwahl stärken und eine bessere Erreichbarkeit medizinischer Expertise gewährleisten. Mit den Möglichkeiten des Tele-Monitorings profitieren insbesondere chronisch Erkrankte, aber auch Schwangere (bspw. der Hebammen-Service „Kinderheldin“) von einer niedrigschwelligen Betreuung. Auch für Menschen in Quarantäne oder immobile Personen etwa in Pflegeeinrichtungen ergeben sich Vorteile durch die digitale Ansprache.
Telemedizin kann grundsätzlich den persönlichen Kontakt zwischen Arzt und Patient nicht ersetzen. Aber sie kann eine sinnvolle Ergänzung mit großem Nutzen sein. Wir sollten die Digitalisierung als Chance begreifen und den Mut haben, neue Technologien auszuprobieren.