Frankfurt, 14. Juni 2023 – Der Telemedizin-Boom der Pandemiejahre ist einer Barmer-Auswertung zufolge rückläufig. So haben hessische Arzt- und Therapiepraxen im dritten Quartal 2022 rund 6.600 Videosprechstunden mit der Krankenkasse abgerechnet. Das entspricht rund 33 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum (rund 9.800) und 69 Prozent weniger als im ersten Quartal 2021, als in Hessen mit rund 21.400 die meisten Videosprechstunden mit der Barmer abgerechnet wurden. „Nach dem Telemedizin-Boom während der Corona-Pandemie gilt es nun, die Vorteile der Videosprechstunde nachhaltig und bedarfsgerecht in den medizinischen und therapeutischen Versorgungsalltag zu integrieren“, sagt Martin Till, Landeschef der Barmer in Hessen. Die Videosprechstunde werde mit dem Ende der Pandemie sicher nicht verschwinden. Sie habe ihr Zukunftspotential und ihre Mehrwerte für die Gesundheitsversorgung in Hessen längst unter Beweis gestellt. Im dritten Quartal 2022 habe deshalb die Zahl der Videosprechstunden immer noch um das 2,3-Fache über dem Niveau des ersten Quartals 2020 (rund 2.900) gelegen.
Videosprechstunden-Quote bremst digitale Gesundheitsversorgung
Der Einsatz von Videosprechstunden sei während der Pandemie aufgrund einer Sonderregelung bis Ende März 2022 unbegrenzt möglich gewesen. Seit April 2022 gelte nun eine gesetzliche Beschränkung der Videotermine auf 30 Prozent der Kapazität einer Praxis. „Die Videosprechstunde spart weite Wege, trägt zur Vermeidung von Infektionsketten bei und bietet zeitliche Flexibilität. Sie sollte deshalb fester Bestandteil der Patientenbetreuung werden und entsprechend eingesetzt werden können“, sagt Till. Aus Sicht der Barmer sei die Begrenzung daher nicht sinnvoll und stehe der digitalen Gesundheitsversorgung im Wege.
Ländliche Regionen weiter stärken
Nach der Barmer-Auswertung kamen Videosprechstunden im Jahr 2021 in Hessen regional unterschiedlich stark zum Einsatz. So nutzten Barmer-Versicherte im Stadtgebiet Frankfurt am Main annähernd 25 Prozent aller in Hessen abgerechneten Videosprechstunden. Im Raum Hanau und Offenbach wurden mit rund 15 Prozent der zweitgrößte Teil der Video-Kontakte zwischen Arztpraxen und Barmer-Versicherten abgerechnet. Geringer fiel die Nutzung im Vogelsbergkreis, im Raum Fulda und in Nordhessen aus. Der Landkreis Bergstraße verzeichnete mit 0,2 Prozent die hessenweit geringste Inanspruchnahme der Videosprechstunde. „Gerade in ländlichen Regionen Hessens sollte der Einsatz von Videosprechstunden unbedingt durch digitalen Infrastrukturausbau und Kompetenzförderung ausgeweitet werden. Hier hat die Telemedizin ihr höchstes Ergänzungs- und Verbesserungspotential“, meint Till.