Frankfurt, 22. Oktober 2024 – Störungen beim Spracherwerb und Mängel bei der altersgerechten Bewegungsfähigkeit haben bei Kindern in Hessen in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen. Das belegen repräsentative Daten des aktuellen Barmer-Kinderatlas. Demnach wurde in Hessen im Jahr 2023 bei 12,2 Prozent der Sechs- bis Zwölfjährigen eine sogenannte Sprachentwicklungsstörung ärztlich dokumentiert. Das entspricht rund 53.400 Mädchen und Jungen. Im Jahr 2005 erhielten in Hessen noch rund 29.000 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren eine entsprechende Diagnose, das sind rund 6,8 Prozent der Altersgruppe. Die Diagnoserate stieg folglich in Hessen zwischen den Jahren 2005 und 2022 um rund 79 Prozent. „Störungen beim Spracherwerb gehören zu den häufigsten Diagnosen bei Heranwachsenden. Sprachstörungen haben oft negative Folgen wie Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben oder Spannungen in sozialen Beziehungen“, sagt Martin Till, Landesgeschäftsführer der Barmer in Hessen. Kinder erlernten Sprache durch Nachahmen. Deshalb sei wichtig, dass Eltern viel mit ihrem Kind kommunizieren und einen altersgerechten Medienkonsum unterstützen.
Weder Hampelmann noch Purzelbaum
Auch der Anteil an Kindern mit motorischen Entwicklungsstörungen hat laut Barmer-Kinderatlas in Hessen deutlich zugenommen. Während im Jahr 2005 bei 2,4 Prozent der Sechs- bis Zwölfjährigen in Hessen entsprechende Defizite ärztlich diagnostiziert wurden, waren es im Jahr 2022 3,3 Prozent. Das entspricht einem Zuwachs von rund 38 Prozent. Die Zahl der betroffenen sechs- bis zwölfjährigen Kinder lag im Jahr 2023 in Hessen bei rund 14.400. „Zu den Ursachen für den Anstieg der motorischen Entwicklungsstörungen zählt der zunehmende Bewegungsmangel unter Heranwachsenden. Gut entwickelte motorische Fähigkeiten sind aber wichtig für Schule und Alltag, weshalb Eltern und Erziehende ihre Kinder schon von klein auf zu vielfältigen grob- und feinmotorischen Bewegungsabläufen motivieren sollten“, sagt Till. Viele Kinder könnten heute weder Hampelmann noch Purzelbaum. Eltern mit Kindern, die schlecht das Gleichgewicht halten, oft Sachen fallen lassen oder im Vergleich zu Gleichaltrigen unbeholfen wirken, sollten das Gespräch mit einer Kinderärztin oder einem Kinderarzt suchen.
Kein signifikanter Anstieg während der Corona-Pandemie sichtbar
In Hessen ist der Anteil der Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen an der Altersgruppe von sechs bis zwölf Jahren zwischen 2019 und 2021 zunächst um rund 0,2 Prozentpunkte auf 12,2 Prozent zurückgegangen. Im Jahr 2022 kam es in Hessen dann zu einem Anstieg von rund 0,9 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr. Im Jahr 2023 lag der Anteil dann wieder bei rund 12,2 Prozent und damit leicht unter dem Niveau von 2019. Bei den motorischen Störungen gab es keine signifikanten Veränderungen zwischen den Jahren 2019 und 2022. „Wir sehen in den Daten eine langfristige Zunahme mit kleineren Schwankungen bei den umschriebenen Entwicklungsstörungen. Während zu Beginn der Corona-Pandemie vergleichsweise weniger Diagnosen gestellt wurden, entwickelte sich die Zahl in 2023 wieder trendgemäß“, sagt Till. Es sei nun wichtig, dass ein besonderes Augenmerk auf die gesunde Entwicklung aller Kinder gelegt werde.