Frankfurt, 8. September 2022 – Die Nachfrage nach Videosprechstunden ist seit Beginn der Corona-Pandemie in allen Altersgruppen massiv gestiegen. Das zeigt eine Analyse der Barmer von Daten aus den Jahren 2019 bis 2021 in Hessen. Demnach nahmen Versicherte der Kasse die digitale Konsultation ihrer Ärztinnen und Ärzte in dieser Zeit mindestens 38.000 Mal in Anspruch. Am häufigsten geschah dies mit 6.500 Mal im ersten Quartal 2021. Im Jahr 2019 war die Konsultation auf Distanz nur 9 Mal genutzt worden. Der Einsatz von Videosprechstunden ist während der Pandemie aufgrund einer Sonderregelung bis Ende März dieses Jahres unbegrenzt möglich gewesen. Seit April 2022 gilt nun eine gesetzliche Beschränkung der Videotermine auf 30 Prozent der Kapazität einer Praxis. „Die Videosprechstunde hat in der Corona-Pandemie die medizinische und therapeutische Versorgung stabil gehalten. Damit hat sie immenses Zukunftspotential für die Gesundheitsversorgung in Hessen bewiesen. Sie spart weite Wege, trägt zur Vermeidung von Infektionsketten bei und bietet zeitliche Flexibilität. Sie sollte deshalb fester Bestandteil der Patientenbetreuung werden und bedarfsgerecht eingesetzt werden können“, sagt Martin Till, Landeschef der Barmer in Hessen. Aus Sicht der Barmer sei die starre Begrenzung daher nicht sinnvoll und stehe der digitalen Gesundheitsversorgung in Hessen im Wege.
Psychotherapie profitiert am meisten
Laut der Barmer-Analyse rechneten in Hessen rund 2.500 Arzt- und Therapeutenpraxen im Jahr 2020 und rund 2.400 Praxen im darauffolgenden Jahr die Kontakte per Video ab. Besonders oft kam die Videosprechstunde in der ambulanten Psychotherapie zum Einsatz. Allein hier gab es im Analysezeitraum etwa 22.200 Behandlungsfälle per Video. Sie wurden in den Jahren 2020 und 2021 von knapp 1.600 beziehungsweise etwa 1.700 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten angeboten. „Der Goldstandard der psychotherapeutischen Patientenversorgung ist für viele Betroffene hybrid und schließt ein ausgewogenes und therapeutisch verantwortliches Verhältnis aus persönlicher Konsultation und niedrigschwelliger digitaler Betreuung ein“, so Till. Umso bedauerlicher sei es, dass die Psychotherapeutische Sprechstunde und die vorbereitenden Sitzungen vor dem Beginn der Psychotherapie seit April 2022 nicht mehr per Video stattfinden dürften. Auch hier sollten Restriktionen abgeschafft werden, damit die Videokonsultation weiter in Anspruch genommen werden könne, wo deren Nutzung sinnvoll und gefragt sei.
Ländliche Regionen weiter stärken
Videosprechstunden wurden im Jahr 2021 in Hessen regional unterschiedlich in Anspruch genommen. So nutzten Barmer-Versicherte im Main-Kinzig-Kreis, Landkreis Offenbach und Wetteraukreis rund 18 Prozent der gesamten Video-Konsultationen und damit hessenweit den größten Anteil. Der Raum Darmstadt und Südhessen verzeichnete mit rund 14 Prozent den zweitgrößten Teil der Video-Kontakte zwischen Arztpraxen und Barmer-Versicherten. Geringer fiel die Nutzung im Vogelsbergkreis, im Raum Fulda und in Nordhessen aus. Der Werra-Meißner-Kreis verzeichnete die hessenweit geringste Inanspruchnahme der Videosprechstunde. „Gerade in ländlichen Regionen Hessens sollte der Einsatz von Videosprechstunden unbedingt durch digitalen Infrastrukturausbau und Kompetenzförderung ausgeweitet werden. Hier hat die Telemedizin ihr höchstes Ergänzungs- und Verbesserungspotential“, meint Martin Till.