Wie lässt sich die Digitalisierung in Berliner Arzt- und Psychotherapiepraxen vorantreiben? Ganz einfach: indem man ihnen zeigt, welche Anwendungen und Programme es gibt, ihnen die Möglichkeit gibt, diese Tools selbst auszuprobieren und ihre Fragen beantwortet. Für diesen Zweck hat die Kassenärztliche Vereinigung Berlin (KV) den Showroom DEMO im Erdgeschoss ihrer Zentrale in der Masurenallee eingerichtet. Seit November 2023 ist er für Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten und Medizinische Fachangestellte (MFA) geöffnet. Die Resonanz ist groß.
Innerhalb eines Tages waren alle Termine ausgebucht
„Bei der Eröffnung waren innerhalb eines Tages alle Termine für die kommenden zwei Monate ausgebucht“, sagt Dr. Christiane Wessel. Sie ist stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Hauptstadt-KV und verantwortet das Thema Digitalisierung. An einem spätsommerlichen Vormittag begrüßt sie Besucher von der Barmer im DEMO-Showroom und teilt Tablets aus. Damit können sich die Besucher an verschiedenen Terminals einloggen. Jedes Terminal behandelt ein Themengebiet wie zum Beispiel Praxisorganisation, Zusammenarbeit oder flexiblere Versorgung. Zu jedem Themengebiet werden Anwendungen vorgestellt und die Besucher können die Tools eigenhändig ausprobieren.
Digitaler Amnesebogen erspart Arbeitsschritte
Eine Besucherin scrollt auf ihrem Tablet durch einen digitalen Amnesebogen. Er ist noch nicht Teil der herkömmlichen Praxisverwaltungssysteme (PVS). Alle Informationen, Werte, Anmerkungen und Skizzen können digital eingegeben und direkt in die Patientenakte überführt werden. Saskia Wien kann die Vorteile dieser Anwendung klar benennen. Sie war viele Jahre MFA in einer Arztpraxis und berät nun im KV-Service-Team Arztpraxen zu allen Fragen der Digitalisierung. „Viele Arztpraxen arbeiten noch mit Bögen, in welche Patienten zum Beispiel ihre Vorerkrankungen und Medikamente eintragen. Die Bögen werden dann eingescannt und weggeschmissen. Oft ist dann noch die Handschrift schwer zu entziffern,“ erzählt sie „Mit dem digitalen Amnesebogen entfallen Arbeitsschritte und er kann den Patientinnen und Patienten schon vorab per E-Mail geschickt werden.“ Täglich empfängt sie mit ihrem Team Kolleginnen und Kollegen aus Berliner Arzt- und Psychotherapiepraxen. Über einen Buchungskalender auf der Internetseite der Hauptstadt-KV können Arztpraxen montags bis donnerstags einen Termin buchen. Aus Rücksicht auf die Praxisöffnungszeiten finden auch am Abend Führungen statt. „Die Arztpraxen sind auf einem sehr unterschiedlichen Stand, was Digitalisierung betrifft. Psychotherapiepraxen haben einen anderen Beratungsbedarf als zum Beispiel Radiologen. Das Interesse ist über alle Fachbereiche hinweg groß“, sagt Wien. Besonders sinnvoll sei es, wenn Ärztinnen und Ärzte mit ihrem Praxis-Team in den Showroom kommen und gemeinsam darüber beraten, welche digitalen Lösungen für die Praxis am besten in Frage kommen.
Wenn in der Praxis viel los ist, geht Aron ans Telefon
Viele Praxen interessieren sich besonders für digitale Anwendung, die MFAs entlasten. Hier hat der Showroom einiges zu bieten, zum Beispiel, wenn es um die Bewältigung der vielen Telefonanrufe geht. „Wenn in der Praxis viel los ist, geht Aron, ein KI-basierter Telefonassistent, an den Apparat“, sagt Wien und demonstriert einen Anruf. Nach einer freundlichen Begrüßung und dem Hinweis, dass das Gespräch aufgenommen wird, sagt Aron: „Zunächst nennen Sie mir bitte den Grund ihres Anrufs. Wie kann ich Ihnen helfen?“
Wien: „Rezeptbestellung.“
Aron: „In Ordnung. Bitte nennen sie mir den Namen der Medikamente oder der Behandlung.“
Wien: „Candesartan.“ (Medikament gegen Bluthochdruck, Anmerkung der Redaktion)
Aron: „Okay. Um Ihre Anfrage zuordnen zu können, nennen Sie mir jetzt noch bitte Ihren Namen, das Geburtsdatum und die Krankenkasse.“
Kaum ist das Telefonat beendet, hat Aron das Gespräch verschriftlicht und sendet einen Arbeitsauftrag per E-Mail an die Praxis. MFAs können Anrufe so strukturiert abarbeiten – zum Beispiel auch aus dem Homeoffice – ohne einen Anrufbeantworter abhören und Notizen machen zu müssen. Patientinnen und Patienten stoßen nicht auf ein Belegtzeichen und können ihr Anliegen sofort loswerden. Natürlich gibt es Aron auch als weibliche Version. Sie trägt den Namen Nora (Aron rückwärts).
Showroom wird wissenschaftlich ausgewertet
Am Ende können die Besucher den Showroom mit ihrem Tablet bewerten. „Feedback ist uns wichtig, denn wir wollen uns ja immer verbessern“, sagt KV-Vizechefin Wessel. Die KV lässt den Showroom außerdem wissenschaftlich auswerten. Bei den ausgestellten Produkten handelt es sich um keine Hersteller- oder Produktempfehlung durch die KV Berlin. Sie dienen als Beispiel und Inspiration für mögliche Anwendungen in der Praxis und wurden im Rahmen eines Wettbewerbs ausgewählt. Für die Demonstration der elektronischen Patientenakte wird die Version der Barmer, die eCare, gezeigt. Besucher können sehen, welche Funktionen die eCare hat und wie sie bedient wird. Wessel erhofft sich deutliche Verbesserungen durch die ePA: „Ich rate meinen Patientinnen, die ePA zu nutzen und allen Ärztinnen und Ärzten Zugriff auf die Daten zu gewähren, “sagt sie. (Mehr dazu hier im Interview)