Berichte von den Sitzungen des Verwaltungsrats und wichtigen Veranstaltungen
BARMER-Verwaltungsrat trauert um Prof. Dr. Eckart Fiedler – ehemaliger Vorstandsvorsitzender der BARMER im Alter von 82 Jahren verstorben
Mit großer Trauer nehmen Verwaltungsrat und Vorstand der BARMER Abschied von Prof. Dr. Eckart Fiedler, einem engagierten Verfechter der solidarischen Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und einer prägenden Stimme im deutschen Gesundheitswesen. Er verstarb am 6. Juni 2025 im Alter von 82 Jahren.
Nach seinem Medizinstudium und verschiedenen beruflichen Stationen wurde er 1977 zum Hauptgeschäftsführer der Kassenärztlichen Bundesvereinigung berufen und 1988 Geschäftsführer des Verbandes der Angestellten-Krankenkassen.
Prof. Dr. Fiedler verband fachliche Expertise mit einer klaren gesundheitspolitischen Haltung. In seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender der Barmer von 1996 bis 2006 setzte er sich mit Nachdruck für eine solidarische Wettbewerbsordnung und einen fairen Risikostrukturausgleich ein. Er lehnte tiefgreifende Leistungskürzungen ab und unterstützte die Idee, auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Krankenversicherung einzubeziehen. Dabei war ihm stets bewusst, dass Solidarität keine Einbahnstraße ist. So war für ihn die Prävention ein wichtiger Schlüssel zur Lösung der Herausforderungen der GKV. In diesem Kontext betonte er auch die Mitverantwortung der Versicherten für ihre eigene Gesundheit. Er bezog sich dabei auf das Sozialgesetzbuch, in dem es heißt, dass Versicherte durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung zur Vermeidung von Krankheiten beitragen sollen.
Im Geiste von „Panta rhei“ – alles fließt – begleitete Prof. Dr. Fiedler die Überzeugung, dass Wandel und Entwicklung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung beständig sind und gestaltet werden müssen. Die BARMER verneigt sich vor einem Mann, der die Gesundheit nicht nur als individuelles Gut, sondern als gemeinschaftliche Aufgabe verstand.
Finanzielle Stabilisierung nötig
Wie in vielen anderen Bereichen auch ist die Finanzlage in der Kranken- und Pflegeversicherung alarmierend. Zum Jahreswechsel betrug das Defizit aller gesetzlichen Krankenkassen mehr als sechs Milliarden Euro. Ein Rekordwert. Diese negative Finanzsituation belastet die Beitragszahlenden in einem bisher nie dagewesenen Ausmaß.
Das Jahr 2024 war in der gesamten gesetzlichen Krankenversicherung von erheblichen finanziellen Herausforderungen geprägt. Bereits zu Jahresbeginn erhöhten 45 Krankenkassen ihren kassenindividuellen Zusatzbeitrag. Auch die Barmer startete mit einem höheren Zusatzbeitragssatz in das Jahr 2024. Rückblickend konnte durch die frühe Anpassung eine unterjährige Erhöhung vermieden werden. Beim Blick auf den Markt zeigt sich ein anderes Bild. So mussten weitere Kassen unterjährig ihre Zusatzbeitragssätze ungewöhnlich stark anpassen. Trotz der Beitragssatzanpassung weist die Barmer in ihrem Jahresergebnis 2024 ein Defizit in Höhe von 242 Millionen Euro aus. Damit hat sich die finanzielle Lage noch einmal ungünstiger entwickelt, als im Haushaltsplan ursprünglich erwartet wurde. Dieser Umstand ist auf eine sehr dynamische Ausgabenentwicklung zurückzuführen, die von unterschiedlichen Effekten getrieben wurde. Dies ist auch kein Barmer-spezifisches Phänomen; vielmehr ist die gesamte GKV von dieser Entwicklung betroffen. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht in der GKV immer weiter auseinander. Hauptkostentreiber sind der Krankenhaus- und der Arzneimittelbereich mit jeweils zweistelligen Veränderungsraten.
Das Auseinanderdriften zwischen der Einnahmen- und Ausgabenentwicklung geht auch im Jahr 2025 weiter. Ein Ende dieser prekären Entwicklung ist nicht in Sicht, da auch im Jahr 2025 die Leistungsausgaben massiv zunehmen. Besonders im Arzneimittelbereich und in der stationären Versorgung zeigen die Ausgaben weiterhin eine stark steigende Tendenz. Wesentliche Gründe für diese Entwicklung sind veraltete Strukturen in den Versorgungsbereichen, ausgabentreibende Gesetze der ehemaligen Ampelkoalition und milliardenschwere versicherungsfremde Leistungen zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen.
Die Krankenkassen können den sich aufbauenden Finanzbedarf nur über weitere Anpassungen ihrer kassenindividuellen Zusatzbeitragssätze in 2025 abfedern. Freie Vermögensreserven zur (Teil)-Stabilisierung der Beitragssätze waren Ende 2024 nicht mehr vorhanden. Vielmehr verfügt die Mehrheit der Kassen sogar über kein vollständiges Rücklagesoll und muss dieses daher in 2025 auffüllen. Zum Jahreswechsel haben daher 82 der insgesamt 95 gesetzlichen Krankenkassen ihren Beitragssatz erhöht. Weitere Erhöhungen sind bereits angekündigt worden. Auch die Barmer musste ihren kassenindividuellen Zusatzbeitragssatz mit Wirkung zum 1. Januar 2025 auf 3,29 Prozent anheben. Hinzu kommt der allgemeine Beitragssatz in Höhe von 14,6 Prozent.
Koalitionsvertrag – Problem erkannt, aber Lösungen fehlen
Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung hat jedoch nicht den erhofften finanziellen Befreiungsschlag für die Gesetzliche Krankenversicherung gebracht. Zwar sollen die Kosten für die Transformation der Krankenhausstrukturen künftig vollständig aus Steuermitteln getragen werden – andere milliardenschwere versicherungsfremde Leistungen müssen jedoch weiterhin sachfremd von den Beitragszahlenden finanziert werden. Allein mit der vollständigen Steuerfinanzierung der Krankenversicherungskosten für Bürgergeldempfänger sowie der Rückzahlung der coronabedingten Aufwendungen an die soziale Pflegeversicherung hätte die neue Regierung eine sofortige Entlastung in Milliardenhöhe bewirken können. In Kombination mit ausgabenbegrenzenden Maßnahmen hätte das Kapitel „Gesundheit und Pflege“ im Koalitionsvertrag zu einem großen Wurf werden können. So jedoch bleibt die finanzielle Schieflage auf absehbare Zeit bestehen.
Erste positive Zeichen
Es ist zunächst ein positives Zeichen, dass Bundesgesundheitsministerin Nina Warken bereits bei der Amtsübergabe im Bundesgesundheitsministerium die wichtigsten Aufgaben in der Gesundheitspolitik, nämlich die Finanzierung der GKV und der sozialen Pflegeversicherung, klar benannt hat. Der Handlungsdruck ist in der Tat groß. Das Gesundheitssystem muss jetzt zukunftsfähig aufgestellt werden, denn eine gute Versorgung benötigt eine stabile Finanzgrundlage. Es müssen strukturelle Reformen wie der Umbau des Krankenhaussektors, die Sicherstellung der ärztlichen und pflegerischen Versorgung und die im Koalitionsvertrag in Aussicht gestellte Patientensteuerung schnell angegangen werden. Dringend notwendig ist auch die Reform des Rettungsdienstes und der Notfallversorgung sowie die Sicherstellung und Weiterentwicklung der Arzneimittelversorgung.
Die finanzielle Stabilisierung der GKV mit Steuermitteln braucht es jetzt genauso wie rasch wirksame ausgabenbegrenzende Maßnahmen. Nur so lassen sich weitere Erhöhungen der Beitragssätze verhindern. „Statt jetzt Lösungen zu finden, ist eine Kommission geplant, deren Ergebnisse erst in zwei Jahren vorliegen sollen. Das ist mit Blick auf den Handlungsdruck in der GKV nicht ausreichend, und die Probleme werden auf die lange Bank geschoben“, sagt Krisch.
Eine wichtige Kurskorrektur
„Es gilt, rasch die finanzielle Stabilität beider Sozialsysteme zu sichern. Ansonsten droht sowohl bei der medizinischen Versorgung wie auch bei der Pflege der finanzielle Kollaps“, ergänzt Dietmar Katzer, stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender. Doch es gibt auch positive Ansätze im Koalitionsvertrag. Dass die gesetzlichen Krankenkassen nicht zur Finanzierung des Transformationsfonds im Rahmen der Krankenhausreform herangezogen werden sollen, ist eine Kurskorrektur, die vom Barmer-Verwaltungsrat lange gefordert wurde.
BARMER-Verwaltungsrat - Positionen für eine tiefgreifende Pflegereform
Das Pflegesystem in Deutschland muss in Anbetracht der finanziellen und gesellschaftlichen Herausforderungen dringend reformiert werden. Daher hat der Barmer-Verwaltungsrat in seiner Sitzung am 18. Juni 2025 ein Positionspapier mit Vorschlägen zur substanziellen Weiterentwicklung der Pflege verabschiedet. Neben der Stärkung der ambulanten Versorgungsstrukturen ist die Sicherung der Finanzierung zentral. „Die soziale Pflegeversicherung steht seit Jahren unter massivem finanziellen Druck. Es gibt erste positive Zeichen aus der Politik, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, um das System zu stabilisieren. Doch Ankündigungen alleine reichen nicht. Um das Pflegesystem in Deutschland zu sichern, ist jetzt schnelles Handeln erforderlich“, forderte Sylvi Krisch, Verwaltungsratsvorsitzende der Barmer. Die Koalition müsse unter anderem prüfen, welche versicherungsfremden Leistungen vom Bund übernommen werden könnten. Dazu zählten die vollständige Rückzahlung der Corona-Hilfen und die Übernahme der Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge für pflegende An- und Zugehörige. Zur finanziellen Entlastung gehöre aber auch, dass die Länder die Kosten für Investitionen und Ausbildungsstrukturen übernähmen.
Finanzausgleich schaffen und ambulante Strukturen stärken
Neben kurzfristigen Maßnahmen seien aber auch tiefgreifende Reformen in der sozialen Pflegeversicherung und deren Weiterentwicklung nötig, so Krisch. Ein Schritt sei die Einführung eines Finanzausgleichs zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung. Denn trotz identischer Leistungsansprüche seien die durchschnittlichen Ausgaben der privaten Pflegeversicherung durch deren günstigere Altersverteilung weitaus niedriger. Handlungsbedarf bestehe auch bei der Unterstützung Pflegebedürftiger und ihrer Angehörigen. Der große Teil der Pflegebedürftigen werde zu Hause gepflegt. Daher sei es unabkömmlich, auch die ambulanten Strukturen weiter zu stärken, so die Verwaltungsratschefin der Barmer. Hier müsse die geplante Bund-Länder-Kommission kurzfristig Vorschläge erarbeiten. In diesem Kontext müsse auch die Digitalisierung vorangetrieben werden. Diese könne besonders zur Entlastung der Pflegefachkräfte beitragen.
Wettbewerb ist Innovationsmotor
„Einen gänzlich falschen Schritt geht die neue Bundesregierung mit der geplanten Vereinheitlichung von Vertrags- und Verwaltungsprozessen in der GKV“, so Krisch. Eine Vereinheitlichung kommt einer Zwangsharmonisierung der gesetzlichen Krankenkassen gleich, der den Wettbewerb in der GKV entscheidend einschränkt und letztlich in eine Einheitsversicherung führt. Kassenspezifische Besonderheiten, die letztlich der Motor für Innovationen im Leistungsbereich und beim Kundenservice sind, würden wegfallen.
Selbstverwaltung den Rücken stärken
Um die Versorgung der gesetzlich Versicherten bestmöglich zu organisieren, braucht es eine unabhängige und starke Selbstverwaltung. „Es ist zu begrüßen, dass Union und SPD laut ihres Koalitionsvertrages die Selbstverwaltung der Sozialversicherungen stärken, die Sozialwahlen weiter modernisieren und Onlinewahlen als Ergänzung zur Briefwahl ermöglichen wollen. Bereits bei der Sozialwahl im Jahr 2023 hatte die Barmer im Rahmen eines Modellprojektes ergänzend zur Brief- eine Onlinewahl angeboten“, betont Katzer. Das erfolgreich erprobte Online-Wahlsystem hat alle Bewährungsproben bestanden und kann somit als sehr gute Blaupause für die Einführung zur Online-Stimmabgabe dienen.
Gutachten zum GKV-Finanzausgleich: Beirat bestätigt Verwerfungen durch Ausschlussverfahren von Morbiditätsgruppen
Mit seinen Gutachten zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs setzt der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesamt für Soziale Sicherung wichtige Impulse, um den Finanzausgleich unter den gesetzlichen Krankenkassen zielgerichteter und damit fairer auszugestalten.
Denn in seiner heutigen Form führt der Risikostrukturausgleich zu einer finanziellen Ungleichbehandlung. Krankenkassen, die überdurchschnittlich viele Kranke versichern, entstehen systematische Nachteile, während Kassen mit unterdurchschnittlich vielen Kranken ungerechtfertigterweise entlastet werden. Die Wissenschaftler des Beirats beim Bundesamt für Soziale Sicherung haben nun in einer umfassenden Analyse Vorschläge für Verbesserungen des Finanzausgleichs vorgelegt.
Dies gilt insbesondere für das im Jahr 2021 eingeführte Ausschlussverfahren von hierarchisierten Morbiditätsgruppen. In seiner Analyse stellt der Beirat nun fest, dass dieser Ausschluss zu einer geringeren Zielgenauigkeit des Finanzausgleiches führt. Krankenkassen mit einem höheren Versorgungsbedarf ihrer Versicherten werden aufgrund des Verfahrens Finanzmittel für die Versorgung in einem erheblichen Volumen vorenthalten. Somit wirkt das derzeitige Verfahren der Zielsetzung des Risikostrukturausgleichs, faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen und Risikoselektionsanreize aufgrund von Morbidität zu vermeiden, entgegen.
Mit seiner Empfehlung, das Verfahren zum Ausschluss von hierarchisierten Morbiditätsgruppen aus dem Risikostrukturausgleich zu streichen, folgt der Wissenschaftliche Beirat der langjährigen Kritik des Barmer-Verwaltungsrates. Der Gesetzgeber ist nun umgehend gefordert, die offensichtliche Fehlsteuerung im Finanzausgleich der Krankenkassen abzuschaffen. Das Ausschlussverfahren von Morbiditätsgruppen sollte vor dem Beginn der Finanzplanung der Krankenkassen für das kommende Jahr und noch vor Durchführung des Jahresschlussausgleiches 2024 gesetzlich abgeschafft werden.
Selbstverwaltung - Brücke zwischen Bürger/innen und Politik
Die Selbstverwaltung steht für Mitbestimmung, Eigenverantwortung und praxisnahe Entscheidungen. Doch ihre Autonomie wird zunehmend eingeschränkt. Wie steht es um das Vertrauen in die Selbstverwaltung? Darüber hat der Verwaltungsrat der Barmer am 31. März 2025 mit der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Schröder sowie rund 200 Gästen am Sitz der Barmer bei der Veranstaltung „Von der Vertreterversammlung bis heute“ in Berlin lebhaft diskutiert.
Unterschiedliche Meinungen sind keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung. Fortschritt entsteht durch Dialog - nicht durch das Verstummen anderer. Lasst uns weiter Brücken bauen statt Mauern, appellierte die Verwaltungsratsvorsitzende.
Barmer-Verwaltungsrat zu Koalitionsverhandlungen - Licht und Schatten im Papier der AG Gesundheit/Pflege
Anlässlich seiner Sitzung am 1. April 2025 in Berlin hat der Verwaltungsrat der Barmer die angehenden Koalitionäre von Union und SPD aufgefordert, politische Maßnahmen zur zukunftssicheren Finanzierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu beschließen. „Wir begrüßen die ersten wichtigen Signale von Union und SPD zur Stabilisierung der Beitragssätze in der Kranken- und Pflegeversicherung. Wir fordern, dass die beabsichtigte vollständige Übernahme versicherungsfremder Leistungen letztlich auch Eingang in den Koalitionsvertrag findet und vor allem umgesetzt wird“, so die Barmer-Verwaltungsratsvorsitzende Sylvi Krisch. Die milliardenschweren Kosten für die Krankenversicherung von Bürgergeld-Beziehenden, für die Transformation stationärer Versorgungsstrukturen und die Corona bedingten Aufwendungen der sozialen Pflegeversicherung gehörten endlich zu 100 Prozent aus Steuermitteln finanziert.
Einnahmeorientierte Ausgabenpolitik als Kernstrategie
Erhebliche Bauchschmerzen bereite dem Verwaltungsrat der Barmer hingegen die Tatsache, dass die angehenden Koalitionäre wohl aus lauter Freude vor dem kreditfinanzierten Geldsegen es vergessen hätten, die ausufernden Ausgaben der Krankenversicherung ins politische Visier zu nehmen. Krisch: „Klug investieren muss auch im Gesundheitswesen mit sinnvollem Sparen einhergehen. Angesichts bisher nie dagewesener Ausgabensteigerungen stimmt es mehr als nachdenklich, dass Politik anscheinend nicht bereit ist, auch im Sinne der Beitragszahlenden finanzielle Entlastungen durch sinnvolle Ausgabenbegrenzungen herbeizuführen.“ Die zukünftige Bundesregierung müsse auf die in der Vergangenheit im Gesundheitswesen bereits bewährte Strategie einer einnahmeorientierten Ausgabenpolitik setzen. Im Ergebnispapier formulierte Maßnahmen wie etwa eine Entbudgetierung von Fachärzten in unterversorgten Regionen, eine Pharmastrategie mit ausgabentreibenden Wirkungen oder eine Schließung der Betriebskostenlücke bedarfsnotwendiger Krankenhäuser dürften angesichts der Rekordbelastung der Beitragszahlenden und ausufernder Lohnnebenkosten keinesfalls Eingang in den Koalitionsvertrag finden.
Mentale Erste Hilfe: Warnsignale erkennen und richtig reagieren
Die Anzahl der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei denen eine psychische Erkrankung diagnostiziert wird, ist in den letzten sechs Jahren deutlich gestiegen. Psychische Erkrankungen beginnen oft im Jugendalter und können sich mit der Zeit verschlimmern, wenn sie nicht behandelt werden. Deshalb ist es wichtig, auf Warnsignale zu achten und zu reagieren, damit psychische Belastungen sich nicht zu einer dauerhaften Erkrankung entwickeln.
Jugend und junges Erwachsenenalter sind eine aufregende und turbulente Zeit, im positiven wie im negativen Sinne. Es finden weitreichende Veränderungen im Körper statt, der Hormonhaushalt justiert sich neu und das Gehirn strukturiert sich um. Zugleich wandeln sich soziale Beziehungen und Rollen intensiver und schneller als in anderen Phasen des Lebens. Damit einher gehen auch Enttäuschungen, Zweifel und psychische Belastungen. Das ist normal und alle Menschen erleben diese Herausforderungen auf dem Weg ins Erwachsenenleben mehr oder weniger intensiv. Wir wissen aber auch, dass über die Hälfte aller psychischen Erkrankungen erstmals vor dem 19. Lebensjahr auftritt. Deshalb ist es wichtig, gerade bei jungen Menschen besonders auf Warnsignale zu achten, damit aus einer belastenden Episode keine dauerhafte Erkrankung entsteht. Und damit dort, wo tatsächlich eine psychische Erkrankung vorliegt, früh reagiert werden kann.
Anstieg der Diagnosen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung (bifg) hat untersucht, wie sich die Diagnosen psychischer Erkrankungen bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit 2018 entwickelt haben. Diese Analyse beschreibt eine Entwicklung, die Sorgen macht. Eine depressive Episode wurde im Jahr 2023 in Deutschland bei rund 400 Tausend Menschen zwischen 13 und 24 Jahren diagnostiziert. Das sind 30 Prozent mehr als vor sechs Jahren. Noch deutlicher fällt der Anstieg bei phobischen Störungen mit plus 65 Prozent und bei anderen Angststörungen mit plus 46 Prozent innerhalb von sechs Jahren aus.
Hinschauen und helfen, damit aus Belastungen keine Krankheit entsteht
Weil Jugendliche und junge Erwachsene sich in einer sensiblen Umbruchphase in ihrem Leben befinden, ist Unterstützung in belastenden und überfordernden Phasen besonders wichtig. Damit diese Menschen nicht langfristig krank werden, gilt es hinzuschauen und zu reagieren. Wichtig ist, die erlebte Belastung anzuerkennen, sie nicht kleinzureden, und das Gespräch zu suchen – sei es in der Familie oder unter Freunden.
Gerade junge Menschen sind aber oft unsicher, welche Anzeichen auf psychische Erkrankungen hinweisen und wie sie mit Angehörigen oder Freunden umgehen sollen, bei denen sie solche Anzeichen wahrnehmen. Besonders schwierig ist das für Jugendliche und junge Erwachsene, die erstmals mit einer solchen Situation konfrontiert werden.
Mentale Erste Hilfe schafft Sicherheit im Umgang mit Betroffenen
Deshalb hat die Barmer gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention einen Kurs für mentale Erste Hilfe entwickelt. Seit November 2024 bietet sie kostenfreie Online-Seminare an, für die sich alle Interessierten anmelden können. Parallel wird derzeit ein digitaler Kurs entwickelt, der jederzeit individuell absolviert werden kann und in drei Modulen wesentliche Grundlagen vermittelt: Wie erkennt man Anzeichen psychischer Erkrankungen? Welche Anlaufstellen und Hilfsmöglichkeiten gibt es? Wie kann man sensibel und wertschätzend mit Betroffenen über Belastungen und Sorgen sprechen? Aber auch: Wie stärkt man die eigene psychische Gesundheit, damit sich psychische Belastungen nicht verstetigen?
Mit diesem Angebot und einer begleitenden deutschlandweiten Kampagne will die Barmer das Bewusstsein dafür schärfen, Warnsignale frühzeitig zu erkennen, und Betroffenen zeigen, dass sie nicht allein sind. Zugleich werden grundlegendes Wissen und Fähigkeiten vermittelt, um Menschen mehr Sicherheit zu geben, wenn sie Freunden und Angehörigen in psychisch belastenden Phasen zur Seite stehen wollen.