Berlin, 3. Januar 2020 – Zwei von fünf Arthrose-Patienten greifen für ihre Behandlung tief in die eigene Tasche. Sie kaufen sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), deren Nutzen häufig unklar ist oder sich erst gar nicht einstellt. Das belegt eine Studie von Wissenschaftlern der Universitäten in Oldenburg und Dresden, der Charité und des Deutschen Rheumaforschungszentrums in Berlin sowie der Barmer. Demnach haben 39 Prozent der befragten 2.363 Versicherten mit Arthrose zwischen 30 und 79 Jahren innerhalb eines Jahres IGeL privat finanziert, zum Beispiel Spritzen. Zwei Drittel der Befragten hofften, ihr Leiden durch Angebote außerhalb der Arztpraxis zu lindern. 49 Prozent der IGeL-Nutzerinnen und -Nutzer gaben an, dass sich ihre Beschwerden gebessert hätten. „Ganz gleich, an welchem Gelenk man unter Arthrose leidet, sie lässt sich im besten Fall aufhalten, nicht heilen. Die Betroffenen suchen daher Hilfe abseits der Schulmedizin. Sie können aber nicht sicher sein, dass ihre Schmerzen gelindert und Gelenke beweglicher werden“, so Dr. Ursula Marschall, leitende Medizinerin der Barmer. Der Aufwand sei erheblich. Ein Drittel der Befragten habe innerhalb eines Jahres mehr als 300 Euro für IGeL und Co. aufgewendet. Umso wichtiger sei, sich in Ruhe und gut informiert für oder gegen privat finanzierte Gesundheitsleistungen zu entscheiden. Das Wichtigste sei ein persönlicher Nutzen.
Orthopäden und Hausärzte als Ratgeber gefordert
Am häufigsten nutzen mit 45 Prozent an Kniearthrose Erkrankte eine IGeL. Dies liegt laut Co-Autor Prof. Dr. Klaus-Peter Günther, Ärztlicher Direktor der Klinik und Poliklinik für Orthopädie am Uniklinikum Dresden, vor allem am Leidensdruck. Dieser sei bei Kniearthrose besonders hoch, weil sie extrem schmerzhaft sein könne. Das fordere die Ärzte in ihrer Rolle als Ratgeber umso mehr, denn dazu gehöre auch, vor falschen Erwartungen bei einer IGeL zu warnen. So würden vor allem Orthopäden und Hausärzte häufig nach Alternativen jenseits der Schulmedizin gefragt. „Ärztinnen und Ärzte sollten ausführlich über Risiken und Nebenwirkungen von IGeL aufklären und den persönlichen Nutzen für den Patienten herausarbeiten“, so Günther.