Die pflegerische Versorgung von Frauen ist deutlich teurer als die von Männern. Erstmals werden mit dem Barmer GEK Pflegereport die genauen Ausgaben der Pflegeversicherung sowie die privaten Kostenanteile geschlechtsspezifisch ermittelt. Für Frauen fallen insgesamt mit fast 84.000 Euro im Durchschnitt doppelt so hohe Pflegekosten an wie für Männer, deren Pflege Durchschnittsausgaben von 42.000 Euro verursacht.
Der Blick auf die privat zu tragenden Anteile der Pflegekosten zeigt besonders deutlich, dass Frauen vor allem wegen ihrer längeren Heimpflege mehr belastet werden. Sie müssen zu ihren Pflegekosten privat durchschnittlich etwa 45.000 Euro beisteuern, während Männer cirka 21.000 Euro Eigenanteile aufbringen müssen. Damit wird konkret fassbar, dass die Pflegeversicherung immer eine Teilkaskoversicherung war, ist und bleiben wird, so Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK. Private Vorsorge mit dem "Pflege-Bahr" wirke da allenfalls wie der Tropfen auf den heißen Stein. Und die aktuell von der Gewerkschaft Verdi vorgeschlagene Pflege-Vollversicherung klingt zwar vielversprechend, ist finanziell aber wohl unrealistisch und führt sozialpolitisch eher in die Irre.
Kostenanalysen in der Langzeitbetrachtung
Für die Berechnung der Gesamtlebenszeitkosten der Pflege hatte das Autorenteam des Pflegereports um Prof. Dr. Heinz Rothgang vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen die Kosten für rund 2000 Versicherte ab 60 Jahren analysiert, die im Jahr 2000 erstmalig pflegebedürftig geworden waren. Dazu wurden die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung in den Jahren 2000 bis 2011 summiert, erwartete Kosten bis 2024 haben die Autoren geschätzt. „Erstmalig können wir nun beziffern, welche Kosten in der Pflegeversicherung, bei der Sozialhilfe und vor allem privat für die Pflege aufgebracht werden“, so Rothgang.
Enorme Schwankungen bis ins Extrem
Auffällig sind die dabei ermittelten Unterschiede: So übernimmt die soziale Pflegeversicherung im Durchschnitt für einen Pflegeversicherten Leistungen in Höhe von rund 33.000 Euro. Dabei liegt die Spanne zwischen 13 und 262.000 Euro. Derartig hohe Beträge müssen jedoch nur für einen sehr kleinen Teil der Versicherten aufgebracht werden. Rund 28 Prozent der Pflegebedürftigen beanspruchen von den Pflegekassen weniger als 5.000 Euro, weitere 20 Prozent zwischen 5.000 und 15.000 Euro. Ähnliche Schwankungen weisen die privaten Anteile auf. Sie erreichen bei stationärer Pflege im Extremfall bis zu 305.000 Euro, im Durchschnitt liegen sie bei 31.000 Euro.
Zahl Pflegebedürftiger steigt langsamer und regional unterschiedlich
Die Zahl der Pflegebedürftigen ist 2011 erstmals weniger stark gewachsen. In den nächsten zwei Jahrzehnten wird der Zuwachs im Trend sogar noch weiter zurückgehen, so der Gesundheitsökonom Rothgang. Dabei falle der Anstieg in den Regionen sehr unterschiedlich aus. In den Jahren 2005 bis 2007 war die Zahl der Pflegebedürftigen in den neuen Bundesländern zum Teil erheblich stärker angestiegen als im Bundesdurchschnitt von 5,6 Prozent (Brandenburg 14,1 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern 11,3 Prozent, Thüringen 7,7 Prozent, Sachsen-Anhalt 6,8 Prozent und Sachsen 6 Prozent). Die alten Bundesländer verzeichneten Zuwachsraten überwiegend unter dem Bundesdurchschnitt. In den Jahren 2007 bis 2009 haben sich die Zuwachsraten im Osten zum Teil wieder deutlich abgeschwächt (Brandenburg 0,8 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern 7,9 Prozent, Thüringen 6,6 Prozent, Sachsen-Anhalt -0,1 Prozent und Sachsen 3,7 Prozent). Die Abschwächung fiel in den alten Bundesländern fiel dagegen geringer aus.