Wie hoch ist das Risiko, ab dem 30. Lebensjahr pflegebedürftig zu werden? Laut dem Barmer GEK Pflegereport 2011 lag es für Männer im Jahr 2009 bei 50 Prozent, für Frauen sogar bei 72 Prozent. Der Anstieg ist beträchtlich: Im Jahr 2000 hatte das Risiko für Männer noch bei 41 Prozent und für Frauen bei 65 Prozent gelegen.
Deutschlands Pflegeversorgung steht vor enormen Herausforderungen. Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Barmer GEK, hält die Finanzen der Sozialen Pflegeversicherung zwar mindestens bis zum Jahr 2014 für hinreichend. Die von der Bundesregierung für das Jahr 2013 geplante Anhebung des Beitragssatzes um 0,1 Prozentpunkte werde vor allem für die bessere Pflege von Demenzkranken benötigt. Aber es bleibe bei einem enormen Handlungsdruck in punkto Pflegebedürftigkeitsbegriff und Pflegefinanzierung. "Das Thema Pflege wird uns weiter treiben. Auf Dauer können wir uns Reformen im Schneckentempo nicht mehr leisten, wir müssen schneller vorankommen", so Schlenker.
Schwerpunktthema des Reports sind die zusätzlichen Betreuungsleistungen, die sich an "Personen mit eingeschränkter Alltagskompetenz" (PEA) richten, vor allem an Demenzkranke. Der Report belegt, dass diese Betreuungsleistungen seit ihrer Einführung deutlich zugenommen haben.
Die ergänzende Versichertenbefragung unter anspruchsberechtigten Personen offenbart jedoch Licht und Schatten: Insgesamt werden die zusätzlichen Betreuungsleistungen positiv bewertet, Nutzer empfinden sie entlastend und schätzen ihre Qualität. Dass sie jedoch nur von einer Minderheit genutzt werden, ist unter anderem auf immer noch weit verbreitete Unkenntnis zurückzuführen. So wussten nur 1004 von 2187 befragten Leistungsberechtigten, das entspricht 46 Prozent, dass sie einen solchen Anspruch haben. Neben dem geringen Bekanntheitsgrad ist auch mangelnde Akzeptanz bei den Betroffenen ausschlaggebend. So lehnten die Nicht-Nutzer zu zwei Dritteln Betreuungsangebote außerhalb des häuslichen Umfeldes und zu einem Drittel Betreuungshilfen zu Hause ab.
Barmer GEK Vize Schlenker stellt fest: "Diese Leistungen werden allmählich häufiger, aber immer noch zu selten abgerufen. Offenbar gibt es Informationsdefizite und Hemmschwellen. Pflegedienste, Beratungsstellen und Pflegekassen müssen hier ihre Beratung von Pflegebedürftigen und Pflegenden sicherlich verstärken."