Berlin, 9. August 2018 – In Deutschland leiden rund 200.000 Frauen und Männer über 65 Jahren an einer erweiterten Bauchschlagader, einer im schlimmsten Falle tödlichen Gefahr. Wie hoch deren Sterberisiko im Falle einer planbaren Operation ist, hängt davon ab, wie und in welchem Krankenhaus operiert wird. Das geht aus dem Barmer-Krankenhausreport 2018 hervor, der am Donnerstag in Berlin vorgestellt wurde. So war die Sterberate drei Jahre nach einem planbaren Eingriff um zwei Prozentpunkte geringer, wenn die Operation nicht offen-chirurgisch, sondern minimal-invasiv erfolgte. Zudem war die Sterblichkeitsrate um 2,3 Prozentpunkte geringer, wenn der minimal-invasive Eingriff in einem zertifizierten Gefäßzentrum durchgeführt wurde.
„Die Versorgung von Patienten mit einer planbaren Operation an der Bauchschlagader muss besser werden. Künftig sollten die Eingriffe nur noch in zertifizierten Gefäßzentren oder Kliniken mit einer hohen Fallzahl erfolgen. Dazu wäre die Einführung von Mindestmengen pro Standort und Operateur sinnvoll“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Barmer, Prof. Dr. Christoph Straub. Die flächendeckende Versorgung bliebe sichergestellt, auch wenn nicht jede Klinik mit geringer Fallzahl planbare Operationen an der Bauchschlagader vornehme. Für diesen anspruchsvollen Eingriff seien Erfahrung und Routine nötig.
Deutliche regionale Unterschiede beim Operationsverfahren
Wie aus den Analysen des Krankenhausreports hervorgeht, wurden im Jahr 2016 mehr als 11.400 Patientinnen und Patienten über 65 Jahre an der Bauchaorta operiert. Dabei gibt es deutliche regionale Unterschiede, was das Operationsverfahren betrifft. Während in Sachsen zwischen den Jahren 2014 und 2016 fast 86 Prozent der Patientinnen und Patienten an ihrer erweiterten Bauchschlagader minimal-invasiv operiert wurden, waren es in Niedersachsen nur gut 69 Prozent und im Saarland sogar nur 61 Prozent. „Die Analysen im Krankenhausreport zeigen, dass der minimal-invasive Eingriff mit einer geringeren Sterblichkeit einhergeht. Daher sollte diese Eingriffsart favorisiert werden, wenn die medizinischen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Jedoch ist es zum Beispiel in Sachsen wahrscheinlicher, eine minimal-invasive Operation zu bekommen, als in Niedersachsen oder im Saarland“, so Prof. Dr. Boris Augurzky, Autor des Krankenhausreports und Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Eine qualitativ hochwertige Operation solle aber nicht vom Wohnort abhängen.
Keine Vergütung mehr bei nicht eingehaltenen Mindestmengen
Wie aus dem Krankenhausreport hervorgeht, beeinflusst nicht nur das Operationsverfahren, sondern auch das Krankenhaus die Überlebenschance nach einem Eingriff an der Bauchaorta. Denn es schnitten nicht nur zertifizierte Gefäßzentren, sondern auch Krankenhäuser mit hohen Fallzahlen besser ab. Dort lag die Sterberate nach der OP um 2,6 Prozentpunkte niedriger als in Häusern mit niedriger Fallzahl. „Der Gemeinsame Bundesausschuss ist gefragt, um für Eingriffe Richtgrößen pro Standort und Operateur auf Bundesebene festzulegen. Krankenhäuser, die Leistungen erbringen, ohne die festgelegte Mindestmenge zu erreichen, sollen künftig keine Vergütung mehr erhalten“, sagte Straub.
Daten aus dem Barmer-Krankenhausreport 2018
- Kosten: Im Jahr 2017 lagen die durchschnittlichen Ausgaben je männlichem Versicherten für den vollstationären Aufenthalt im Schnitt bei 802 Euro bei körperlichen und 90 Euro bei psychischen Erkrankungen. Bei weiblichen Versicherten fielen 771 und 102 Euro an. Der Krankenhausaufenthalt eines Patienten kostete im Schnitt 4.280 Euro bei körperlichen und 5.959 Euro bei psychischen Erkrankungen. Bei einer Patientin betrugen die Kosten im Schnitt 3.773 Euro bzw. 7.518 Euro (Report S.10).
- Verweildauer: Seit dem Jahr 2006 bleiben die Patientinnen und Patienten immer kürzer im Krankenhaus. So sank die durchschnittliche Verweildauer von 8,5 Tagen auf 7,5 Tage im Jahr 2017. Das entspricht einer Abnahme von zwölf Prozent. Während die Verweildauer aufgrund körperlicher Erkrankungen sogar um 16 Prozent, und zwar von 7,5 Tagen auf 6,3 Tage zurückging, stieg sie bei den psychischen Erkrankungen von 22,2 auf 24,2 Tage an. Das entspricht einem Plus von 9,2 Prozent (Report S. 31).
- Diagnosen: Vor allem Depressionen waren im Jahr 2017 dafür verantwortlich, dass Patienten viele Tage stationär behandelt werden mussten. So machten depressive Störungen 4,9 Prozent aller Krankenhaustage aus und depressive Episoden 3,1 Prozent. Der Anteil aller Krankenhaustage aufgrund von Herzinsuffizienz lag bei 2,7 Prozent, durch Schizophrenie bei 2,5 Prozent und durch Hirninfarkte sowie psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol bei jeweils zwei Prozent (Report S. 48)
- Regionale Unterschiede: Während in Thüringen im Jahr 2017 nur 243 und im Saarland 242 von 1.000 Personen einen Krankenhausaufenthalt hatten, waren es in Hamburg nur 184 und in Baden-Württemberg 174. Große Unterschiede gab es auch bei den Kosten je Versicherten. Sie schwankten zwischen 672 Euro für körperliche und 95 Euro für psychische Erkrankungen in Baden-Württemberg und 919 Euro und 92 Euro in Thüringen (Report S.37 und 39).