Die SPD ist mit ihrer Wahlkampfforderung nach einer Bürgerversicherung an der CDU gescheitert. Im Koalitionsvertrag ist nur eine Kommission vorgesehen, die Vorschläge für ein modernes Vergütungssystem unterbreiten soll, um EBM (für Kassenärzte) und GOÄ (für Privatärzte) weiterzuentwickeln. Also kaum mehr als ein gesichtswahrender Formelkompromiss.
Hamburg geht nun einen eigenen Weg, um den Dualismus von gesetzlicher (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) peu a peu aufzubrechen. Zum 1. August startet in der Hansestadt das gleichnamige „Hamburger Modell“, das die Beihilfe für Beamte in zwei Formen ausgestaltet: Als klassische Beihilfe wie bislang im konkreten Krankheitsfall oder (neu:) als monatliche Beihilfe in einer pauschalen, festen Höhe, vergleichbar mit dem Arbeitgeberanteil am Krankenversicherungsbeitrag. So können sich Beamte freiwillig gesetzlich versichern, ohne wie bisher den vollen Beitragssatz selbst zahlen zu müssen. Alle Hamburger Bedienstete, die ab 1.8. neu verbeamtet werden oder bereits freiwillig gesetzlich versichert sind, können dieses Modell nutzen.
Kommentar: Birgit Dziuk
Das Hamburger Modell ist aus unserer Sicht zu befürworten. Wir scheuen die Konkurrenz gegenüber der PKV nicht. Wir glauben, dass die GKV Merkmale aufweist, die für jeden Versicherten und jeden, der die Versicherung bezahlt, Vorteile bietet und wichtig ist. Es profitieren kinderreiche Familien, weil Kinder kostenfrei mitversichert sind und auch andere in der Familie kostenfrei mitversichert werden können. Und es gibt für chronisch Kranke und Menschen mit Behinderungen einen vollen Versicherungsschutz ohne Risikoaufschläge. Denn das Solidarmodell der GKV funktioniert allerdings nur, wenn alle mitmachen, damit Risiken auf viele Schultern verteilt werden. Mit dem Hamburger Modell wird auch für die Gruppe der Beamtinnen und Beamten neben den gut verdienenden Angestellten und den Selbstständigen eine echte Wahlmöglichkeit zugunsten der GKV geschaffen. Das heißt, die neue Regelung schafft Fairness, denn diese Pauschale entspricht den Arbeitgeberbeiträgen in der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Sinne der Gleichbehandlung begrüßt die Barmer diese Pläne.
Hintergrund:
In Thüringen sind rund 1,98 Millionen Personen bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert, darunter 340.000 Familienmitglieder kostenlos mitversichert (Stand 2017). Damit gehören mehr als 91,5 Prozent aller Einwohner im Freistaat zur Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Der Marktanteil liegt deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von rund 86 Prozent.
Wenn Beamte sich freiwillig gesetzlich versichern wollen, müssen sie den kompletten Beitragssatz (ohne Arbeitgeberanteil) selbst übernehmen, da die GKV keine beihilfefähigen Tarife anbieten darf. Insofern ist davon auszugehen, dass derzeit die gesetzlichen Krankenkassen nur für wenige Beamte preislich infrage kommen. Ausnahmen könnten beispielsweise Familien sein, da Kinder kostenlos mitversichert werden.