Besonders deutlich sichtbar werden die Defizite des sektoralen Gesundheitssystems in der Notfallversorgung. Die Fallzahlen in den Krankenhaus-Notaufnahmen steigen, obwohl viele Patientinnen und Patienten auch im niedergelassenen Bereich versorgt werden könnten. Fehl- und Überversorgung sind die Folge.
Grund dafür ist nicht nur das Patientenverhalten, sondern auch die oft unklare Aufgabenteilung von ambulanter Notfallversorgung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), Rettungsdienst und Notaufnahme im Krankenhaus. Derzeit besteht keine einheitlich geregelte Kooperation, sondern bestenfalls pragmatische Kollegialität. Notwendig sind daher Integrierte Leitstellen (ILS) für eine Ersteinschätzung mit einer einheitlichen Rufnummer und einer gemeinsamen technischen Infrastruktur.
Ob es sich um einen ambulanten oder einen stationären Notfall handelt, ist für den Patienten selbst nicht immer ersichtlich. Die Steuerung der Notfallversorgung muss daher optimiert werden. Modellprojekte wie die 2017 initiierten Portalpraxen in Nordthüringen sind geeignete Ansatzpunkte, müssen jedoch flächendeckend von der Landesregierung vorangetrieben werden, um den stockenden Prozess zu beschleunigen. Die an Krankenhäusern einzurichtenden „gemeinsamen Tresen“ (zum Beispiel Portalpraxen) dienen daher als funktionale Einheit, in der Niedergelassene und Krankenhausärzte gemeinsam die Ersteinschätzung für die weitere Behandlung (Triage) vornehmen.
Für eine bessere Steuerung ist aber auch eine engere Zusammenarbeit zwischen kassenärztlichem Notdienst und den Rettungsleitstellen erforderlich. In diesem Zusammenhang kann die Zahl der Rettungsleitstellen auf vier bis fünf reduziert werden. Viele Landkreise kooperieren bereits, um Ressourcen zu bündeln, eine stabilere Einsatzplanung und bessere Qualität zu ermöglichen. Hier erwartet die Barmer eine aktive Rolle der Landesregierung.