Depressive Frau am Arbeitstisch
Pressemitteilung aus Thüringen

Zunahme psychischer Leiden bei Beschäftigten

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Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Foto: Michael Reichel

Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Foto: Michael Reichel

Erfurt, 10. Oktober 2023 – Immer mehr Menschen in Thüringen melden sich wegen psychischer Erkrankungen arbeitsunfähig. Von den rund eine Million Erwerbstätigen im Freistaat sind mittlerweile mehr als 85.000 mindestens einmal im Jahr wegen psychischer Leiden krankgeschrieben, wie Analysen auf Basis von Versichertendaten der Barmer ergeben haben. Demnach ist in Thüringen binnen fünf Jahren die Zahl derjenigen, die wegen seelischer Erkrankungen im Job ausfallen, um rund 5.000 angestiegen. „Wir beobachten diese Entwicklungen mit Sorge, und zwar auch mit Blick auf all diejenigen, die diese Arbeitsausfälle abfedern müssen“, sagt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer Thüringen. Problematisch sei vor allem, dass psychisch bedingte Arbeitsunfähigkeiten in der Regel sehr lange dauern. Wichtig sei deshalb, Risiken zu identifizieren und präventiv entgegenzuwirken. Gefragt sei dabei die Gesellschaft als Ganzes, aber auch jede und jeder Einzelne sowie nicht zuletzt die Unternehmen.

Wenig Betroffene, aber viele Fehltage

Den Auswertungen im aktuellen Barmer Gesundheitsreport zufolge dauert eine Krankschreibung aufgrund seelischer Leiden bei Thüringer Beschäftigten im Schnitt sechs Wochen. Die bedeutsamste Diagnosegruppe sind „affektive Störungen“, mit denen in den allermeisten Fällen Depressionen dokumentiert werden. Rund 2,3 Prozent der Thüringer Beschäftigten und somit etwa 23.000 Personen fallen jährlich mindestens einmal mit Depressionsdiagnosen im Job aus. 

„Bei rund einer Million Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern insgesamt in Thüringen mag das zunächst nicht viel erscheinen“, sagt Barmer-Landeschefin Dziuk. Halte man sich aber vor Augen, dass eine Erwerbsperson mit Depressionen im Schnitt 84 Tage im Jahr krankgeschrieben ist, werde das Problem deutlich. „Der Thüringer Durchschnitt liegt bei 27,6 Tagen. Vergleichsweise wenige Betroffene verursachen also eine insgesamt sehr hohe Zahl an Fehltagen. Deshalb ist es wichtig, die Risikofaktoren zu minimieren, Ursachen zu bekämpfen und Betroffenen bestmöglich zu helfen“, so Dziuk weiter.

Vermeidbare Risiken im beruflichen Umfeld

„Psychische Erkrankungen sind grundsätzlich sehr individuell, können verschiedenste Ursachen haben und hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab“, sagt Synan Al-Hashimy, Chefarzt der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie am Ökumenischen Hainich Klinikum Mühlhausen. Sie können mit traumatischen Erlebnissen, sozialen Einflüssen oder Umwelteinflüssen zusammenhängen, auf andere Erkrankungen oder gesellschaftliche Umstände zurückzuführen sein. Aber auch im beruflichen Umfeld, dem größten Präventionssetting überhaupt, gebe es Risikofaktoren, beispielsweise Kombinationen aus hohen Arbeitsanforderungen und geringem Tätigkeitsspielraum oder aus hoher Verausgabung bei geringer Belohnung. Auch Mobbing, ein schlechtes Arbeitsklima oder Konflikte am Arbeitsplatz könnten zu psychischen Belastungen führen, die in vielen Fällen vermeidbar wären. 

Einflüsse häufiger Arbeitsplatz- und Wohnortwechsel

Laut Barmer Gesundheitsreport weisen Beschäftigte mit längerfristiger Tätigkeit an einem Arbeitsplatz und mit längerfristigem Aufenthalt an einem Wohnort die geringsten Risiken für psychische Erkrankungen auf. „Auch wenn bei diesen Zusammenhängen sicherlich unterschiedliche denkbare Ursache-Wirkungs-Richtungen diskutiert werden müssen, können sie als Hinweis auf den Wert einer vertrauten Umgebung sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld gelesen werden“, so Al-Hashimy weiter. Wer auf ein gefestigtes soziales Umfeld bauen kann, sei resilienter gegenüber großen Belastungen oder Dauerstress.

Mehr Krankschreibungen bei jungen Menschen

„Jungen Menschen scheinen die multiplen Krisen der vergangenen Jahre besonders zuzusetzen“, sagt Birgit Dziuk angesichts weiterer Auswertungen im Barmer Gesundheitsreport. Denn besonders in jungen Altersgruppen hat der Anteil jener zugenommen, die wegen psychischer Leiden krankgeschrieben waren. Traf dies im Jahr 2021 noch auf 5,3 Prozent der 15- bis 19-Jährigen zu, waren im Jahr 2022 hingegen 6,7 Prozent mindestens einmal wegen seelischer Beschwerden arbeitsunfähig gemeldet. Bei den über 60-Jährigen Beschäftigten gab es dagegen sogar einen leichten Rückgang von 8,8 auf 8,7 Prozent Betroffene. 

„Ganz gleich welchen Alters, eine gesunde Psyche ist Grundstein für privaten und beruflichen Erfolg und nicht zuletzt Lebensqualität“, so Barmer-Landeschefin Dziuk.  „Früh erkennen, früh behandeln“, laute die Devise bei psychischen Problemen. Diese hätten häufig einen langjährigen Vorlauf. Das biete die Chance, mit einfachen Mitteln effektiv entgegenzuwirken. Um das seelische Wohlbefinden zu fördern und mit Herausforderungen adäquat umzugehen, gebe es mittlerweile zahlreiche niederschwellige Unterstützungsangebote, beispielsweise in Form von Apps oder Gesundheitskursen, die Versicherte bei ihren Krankenkassen meist kostenlos nutzen können. Unternehmen werden zudem individuell beraten und unterstützt, um ihre Beschäftigten auch seelisch fit zu halten.

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