Gehen die Thüringer gern zum Zahnarzt? Auf jeden Fall häufiger als der Rest der Republik. Nach einer repräsentativen Auswertung der Barmer GEK waren im Jahr 2014 fast vier von fünf Thüringern (78,1 Prozent) beim Zahnarzt.
Erfurt (19.07.2016). Bundesweit waren es nur 71,3 Prozent. Das hängt auch mit der deutschlandweit höchsten Bereitschaft zur Zahnprophylaxe zusammen: Demnach nutzten 62,4 Prozent der Thüringer verschiedene Prophylaxe-Leistungen wie Zahnsteinentfernung und Frühuntersuchungen bei Kleinkindern. Schlusslicht waren die Bremer mit nur 45 Prozent. Vor allem die Jugendlichen im Alter von 6 bis 18 Jahren im Freistaat gingen häufig zur Individualprophylaxe. Mit 74 Prozent waren sie Deutschlands Vorsorgemeister (Bund: 64,5 Prozent).
Die Zahlen bestätigen Aussagen des aktuellen Berichts des Thüringer Landesverwaltungsamts über die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Demnach hat sich die Karieslast der 12-Jährigen in den letzten zehn Jahren halbiert. Im Vergleich zu anderen Bundesländern besteht aber noch Potenzial: "Es ist Besorgnis erregend, dass jeder fünfte Minderjährige in Thüringen im Jahr 2014 eine Zahnfüllung brauchte", sagt Robert Büssow, Sprecher der Barmer GEK in Thüringen. 20,9 Prozent der Kinder und Jugendlichen bis 18 erhielten wegen Karies eine Zahnfüllung – in den meisten alten Bundesländern wurde deutlich seltener gebohrt.
Zahnfüllungen wegen Karies in Deutschland
Zahnersatz: Ästhetik wichtiger als Haltbarkeit?
Ähnlich sieht es beim Zahnersatz aus: In den neuen Bundesländern wählten die Versicherten viel häufiger als im alten Bundesgebiet eine Zahnkrone aus der Regelversorgung als beispielsweise eine Vollverblendung. So entschieden sich in Thüringen 30 Prozent der Patienten für eine Metallkrone, in Bayern waren es nur neun Prozent. Doch Ost wie West: Die meisten wählten eine teurere Alternative. Was viele nicht wissen: Teurer ist nicht gleich besser. Es ist Konsens in der Zahnmedizin, dass die Metallkrone für den Seitenzahn die beste Lösung ist, auch wenn ihre Ästhetik unter Umständen als nachteilig empfunden wird. Wenn es um die Haltbarkeit geht, ist die Metallkrone die erste Wahl. Offenbar entscheiden sich immer mehr Menschen für Aspekte wie Komfort und Ästhetik, während Funktionalität und Haltbarkeit ins Hintertreffen geraten, so Büssow. Hier wünscht er sich eine umfassende Aufklärung der Patienten über Alternativen. Den Daten der Barmer GEK zufolge machte die Zuzahlung für Zahnersatz in Thüringen etwa ein Drittel der Ausgaben aus: Bei insgesamt 1394 Euro je versorgtem Versicherten blieb ein Eigenanteil von im Schnitt 702 Euro. Jeweils etwa 200 Euro weniger als im Bundesvergleich.
Der Zahn muss raus: Bei 65 Prozent der Thüringer wird einmal im Jahr ein Zahn gezogen.
Mehr gezogene Zähne im Osten als im Westen
Gleiches Bild bei Zahnextraktionen: Im Osten der Republik greifen die Zahnärzte viel häufiger zur Zange als in den alten Bundesländern. Spitzenreiter ist Sachsen-Anhalt. Thüringen kam nach Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg auf Platz vier (siehe Grafik). Wie aus der Deutschen Mundgesundheitsstudie hervorgeht, hat jeder fünfte Senior gar keine Zähne mehr. In diesem Zusammenhang weist die Barmer GEK auf eine Versorgungslücke hin: Derzeitiger Standard ist die sogenannte schleimhautgetragene Prothese, obwohl sich viele Träger über mangelnden Halt und schmerzhafte Druckstellen beklagen. Außerdem ist es längst unstrittig bei Experten, dass eine durch Implantate (also künstliche Zahnwurzeln) gestützte Prothese die erste Wahl ist. Deshalb plädiert die Barmer GEK für einen zügigen Ausbau der gesetzlichen Regelversorgung für Patienten, die im Unterkiefer keine Zähne mehr haben.
Den kompletten Zahnreport zum Nachlesen finden Sie unter: Barmer GEK Zahnreport