Erfurt, 15. Januar 2025 – Mehr als 44.000 Menschen in Thüringen sind aufgrund von Alkoholsucht in medizinischer Behandlung. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) für das Jahr 2023 hervor. Demnach sind etwa 33.500 Männer und 10.800 Frauen alkoholabhängig. Besonders häufig betroffen sind Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Bei den 55- bis 64-Jährigen ist im genannten Zeitraum Alkoholsucht bei rund 9.500 Männern und 2.900 Frauen diagnostiziert worden.
„Die tatsächliche Zahl der Betroffenen wird wesentlich höher liegen. Es ist an der Zeit, die gesellschaftliche Verharmlosung von Alkohol hierzulande kritisch zu hinterfragen“, sagt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Sie begrüße ausdrücklich, dass Thüringens neue Gesundheitsministerin, Katharina Schenk (SPD), das Thema Gesundheitsvorsorge in den Fokus ihrer Amtszeit als Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz rücken möchte. Alkoholsucht sei eine zerstörerische Krankheit mit tiefgreifenden Folgen für Gesundheit, Psyche, soziale Bindungen und berufliche Perspektiven. Trotz gravierender Auswirkungen werde das Problem oft unterschätzt und tabuisiert. Alkohol sei leicht zugänglich und deshalb in der Gesellschaft weit verbreitet, was die frühzeitige Erkennung und Behandlung von Abhängigkeit erschwere.
Thüringen über Durchschnitt
Die Barmer-Analyse zum Alkoholismus zeigt große regionale Unterschiede. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen etwa liegt der Anteil alkoholkranker Menschen über ein Drittel höher als im Bundesschnitt. Dort wurden im Jahr 2023 jeweils etwa 2,6 Prozent und 2,3 Prozent der Bevölkerung wegen Alkoholsucht behandelt. Der Bundesschnitt beträgt knapp 1,7 Prozent. In Thüringen liegt die Rate bei rund 2,1 Prozent und somit ebenfalls deutlich über dem bundesweiten Mittel. Am seltensten wurde Alkoholabhängigkeit in Hessen und Baden-Württemberg mit rund 1,5 Prozent diagnostiziert. „Die erheblichen regionalen Unterschiede bei Alkoholsucht lassen sich nicht allein medizinisch erklären. Auch soziale und demografische Faktoren dürften angesichts der unterschiedlichen Werte vermutlich eine Rolle spielen“, sagt Dziuk.