Kann ein Roboter Patientinnen und Patienten nach einer Operation an der Hüfte dabei helfen, schneller wieder auf die Beine zu kommen? Dieser Frage hat sich ein dreijähriges und bislang international einzigartiges Forschungsprojekt in Thüringen gewidmet, das die Barmer begleitet hat. Die ersten Forschungsergebnisse lassen aufhorchen.
Eisenberg/Ilmenau - 29. Oktober 2019. Mit einem Roboter das Laufen zu üben, das kommt gut an bei Patientinnen und Patienten. Zugleich beschleunigt es den Genesungsprozess unmittelbar nach einer Hüft-Operation. Das sind die ersten Ergebnisse eines dreijährigen Forschungsprojekts an den Waldkliniken Eisenberg. Dabei ist untersucht worden, inwiefern ein Roboter das eigenständige Lauftraining an Unterarmstützen unterstützen und optimieren kann.
Das Projekt trägt den Namen "ROGER", steht für „Roboterassistiertes Gangtraining in der orthopädischen Rehabilitation“ und ist sowohl bundesweit als auch international einzigartig in der medizinischen Robotik-Forschung. Nie zuvor hat es einen Roboter gegeben, der das Gangtraining an Unterarmstützen automatisiert begleiten und unterstützen kann.
Entwickelt wurde der Roboter in intensiver Zusammenarbeit zwischen der MetraLabs GmbH Ilmenau und dem Fachgebiet Neuroinformatik und Kognitive Robotik der Technischen Universität Ilmenau, getestet wurde er an den Waldkliniken Eisenberg. Wissenschaftlich begleitet wurde das Projekt außerdem vom SIBIS-Institut für Sozial- und Technikforschung in Berlin. Weiterer Partner ist die Barmer.
„Wir haben es geschafft, einen mobilen Reha-Roboter zu entwickeln, der tatsächlich in der Lage ist, automatisiert und mit aktiven Korrekturhinweisen Patienten beim Gangtraining zu unterstützen“, so Professor Horst-Michael Groß von der TU Ilmenau und Dr. Andreas Bley, Geschäftsführer der MetraLabs GmbH. Nun gelte es, das Projekt weiterzuentwickeln und den Roboter zur Marktreife zu bringen.
Robotertraining zusätzlich zur Physiotherapie
An den Waldkliniken Eisenberg haben zufällig ausgewählte Patienten nach Hüft-Operationen beim Lauftraining Unterstützung durch den Roboter bekommen. „Nach solchen Operationen ist es häufig notwendig, bestimmte Körperbereiche durch den Einsatz von Unterarmstützen zu entlasten. Der Ablauf beim Gehen an Stützen ist stets gleich und somit standardisierbar“, erläutert Dr. Eric Röhner, Geschäftsführender Oberarzt an den Waldkliniken Eisenberg. Um die Qualität der medizinischen Versorgung zu steigern, Patienten zu mehr Mobilität zu helfen und das therapeutische Personal zu unterstützen, wurde der Roboter in Eisenberg eingesetzt. Die Vorabergebnisse des Forschungsprojektes zeigen, dass diese Ziele erreichbar scheinen.
In der klinischen Studie erhielten insgesamt 15 Patienten zusätzlich zur Physiotherapie ein Robotertraining, zwei Mal täglich für insgesamt fünf Tage beziehungsweise bis zur Entlassung. Zum Vergleich wurde eine Vergleichsgruppe in die Studie einbezogen, die ein konventionelles physiotherapeutisches Gangtraining absolviert. Bei den Patienten mit Robotertraining konnten im Ganglabor funktionelle Vorteile nachgewiesen werden. Sie bewegten sich schneller und besser als die Patienten in der Vergleichsgruppe.
„Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass das roboterunterstützte Gangtraining zu einem besseren Gangbild unmittelbar nach Operationen führt“, sagt Dr. Eric Röhner.
Zusätzliche Trainingsmotivation
Ein Aspekt ist den Studienergebnissen zufolge die zusätzliche Trainingsmotivation, die der Roboter offenbar zu vermitteln imstande ist. Ein Großteil der Studienteilnehmer gibt an, lieber mit dem Roboter zu trainieren, als alleine. „Wir verfolgen die These, dass Patienten durch eine häufigere Mobilisierung und Aktivierung schneller wieder in die Häuslichkeit entlassen werden können. Das therapeutische Personal ersetzt der Roboter dabei keineswegs. Er unterstützt es, die Patienten so effektiv wie möglich zu mobilisieren“, verdeutlicht MetraLabs Geschäftsführer Dr. Andreas Bley.
So haben Therapeutinnen und Therapeuten mehr Ressourcen in der krankengymnastischen Versorgung, die ganz individuell mit jedem Patienten geschieht. „Vor dem Hintergrund des zunehmenden Fachkräftemangels und angesichts des demografischen Wandels ist es wichtig, die technischen Möglichkeiten der Zeit zu erkennen und zu nutzen. Die Digitalisierung kann helfen, die medizinische Versorgung noch besser zu machen“, sagt Patrick Krug, Landespressesprecher der Barmer in Thüringen.
Bis der Roboter Marktreife hat und womöglich Einzug in Deutschlands Kliniken hält, ist allerdings noch viel zu tun. Die bisherigen Untersuchungen zeigen das große Potenzial der klinischen Robotik auf. „Wir befinden uns derzeit in Gesprächen, wie wir "ROGER" noch weiterentwickeln und zur Marktreife bringen können. Wenn die Zulassung als Medizinprodukt erfolgt ist, wird er im Alltag der Patienten eine große Unterstützung sein“, so MetraLabs Geschäftsführer Andreas Bley.