Erfurt, 26. November 2020 – Die Diagnose Krebs trifft die meisten Menschen völlig überraschend. Ist der Krebs da, folgt die Suche nach der geeigneten Therapie und einem Krankenhaus. Dabei empfiehlt die Barmer Thüringen, genau hinzuschauen und zu vergleichen. Denn wie im aktuellen Barmer Krankenhausreport festgestellt wurde, liefern Kliniken mit hohen Fallzahlen mehr Qualität und Sicherheit für an Krebs erkrankte Patientinnen und Patienten.
Die Komplikationsraten und die Zahl der Todesfälle nach Operationen sind in Kliniken, die über viel Erfahrung bei den jeweiligen Eingriffen verfügen, deutlich geringer. „Bei Operationen muss jedem klar sein: Umso mehr Erfahrung das Krankenhaus damit hat, desto mehr Sicherheit für die Patientinnen und Patienten“, sagt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer Thüringen.
Der Barmer Krankenhausreport zeigt auf, dass sich vor allem bei Krebs-Operationen Erfahrung auszahlt. Ist die Fallzahl beispielsweise bei örtlichen Entfernungen von Darmkrebs-Tumoren doppelt so hoch wie der Durchschnitt, sinkt die 30-Tage-Sterblichkeit im Mittel von 4,4 auf 3,6 Prozent. Zudem verringert sich die Rate an spezifischen Komplikationen von durchschnittlich 16,6 Prozent um zwei Prozentpunkte auf 14,4. Ähnlich sieht es bei komplexen chirurgischen Eingriffen im Fall von Bauchspeicheldrüsenkrebs aus. Ist die Fallzahl doppelt so hoch, sinkt die durchschnittliche Rate der 30-Tage-Sterblichkeit von 10,3 auf 8,4 Prozent. Der Anteil an Patienten mit allgemeinen Komplikationen verringert sich bei einer Verdopplung der Fallzahl von 52,2 Prozent auf 49,6 Prozent.
„In unerfahrenen Kliniken ist die Gefahr, binnen 30 Tagen nach einer Darmkrebs- oder Bauchspeicheldrüsen-Operation zu sterben, deutlich höher. Zudem ist mit mehr Komplikationen zu rechnen“, sagt Barmer Landeschefin Birgit Dziuk.
Mindestmengen und hohe Prozess- und Strukturqualität
Medizinische Leistung sollte aus Sicht der Barmer stets da in Anspruch genommen werden, wo sie erwartbar am sichersten ist. Um Patientinnen und Patienten keinen unnötigen Risiken auszusetzen, seien vorgegebene Mindestmengen ein geeignetes Instrument. Komplexe und somit ohnehin risikobehaftete Operationen würden dadurch nur noch in jenen Kliniken erbracht werden, die diese Mindest-Fallzahlen erfüllen und somit über ein ausreichendes Maß an Erfahrung verfügen. „Eine höhere Fallzahl allein rettet aber noch nicht automatisch Menschenleben. Wichtig ist auch eine hohe Prozess- und Strukturqualität“, betont Birgit Dziuk. Es brauche bei komplizierten Operationen interdisziplinäre, berufsgruppenübergreifende Teams sowie eingespielte Abläufe vor und nach den jeweiligen Operationen.
Zertifizierte Krankenhäuser bieten Patienten mehr Sicherheit
Derlei eingespielte, interdisziplinäre Teams gibt es nach Angaben der Barmer in Thüringen ausreichend viele. Etwas längere Anfahrtswege seien kein Argument für eine Entscheidung, planbare Operationen bei Darm- oder Bauchspeicheldrüsenkrebs nicht in einem der dafür zertifizierten Zentren machen zu lassen. Von der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) zertifizierte Darmkrebszentren gibt es im Freistaat elf an der Zahl, zudem fünf Zentren, die auf chirurgische Eingriffe bei Bauchspeicheldrüsenkrebs spezialisiert sind.
„Diese Zentren müssen jährlich nachweisen, dass sie die fachlichen Anforderungen für die Behandlung einer Tumorerkrankung erfüllen und zudem über ein etabliertes Qualitätsmanagementsystem verfügen. Die Zertifizierung bietet Patientinnen und Patienten wichtige Orientierung bei deren Entscheidung für oder gegen ein Krankenhaus“, sagt Birgit Dziuk. Denn Operationen bei Darmkrebs werden in Thüringen auch in 16 nicht DKG-zertifizierten Kliniken angeboten. Chirurgische Eingriffe bei Bauchspeicheldrüsenkrebs machen neben den Zentren noch mindestens sechs weitere Krankenhäuser, bei denen vor dem Hintergrund der Ergebnisse des Barmer Krankenhausreports fraglich ist, ob sie über die notwendige Erfahrung verfügen.
Wettbewerb um Qualität statt Gelegenheitschirurgie
„Natürlich stehen Krankenhäuser auch untereinander im Wettbewerb“, ist sich Birgit Dziuk bewusst. In diesem Wettbewerb müsse der Fokus aber vielmehr auf das Thema Qualität gelegt werden. Nur so könne ein Höchstmaß an Patientensicherheit gewährleistet sein. Zudem fordert die Barmer bessere Möglichkeiten für Patienten, sich umfänglich über Thüringens Krankenhäuser informieren zu können. Der Thüringer Krankenhausspiegel in seiner jetzigen Form sei dazu jedenfalls nicht geeignet, weil sich ein Drittel der Thüringer Kliniken gar nicht daran beteiligt. Die Barmer selbst bietet die Barmer Kliniksuche im Internet an. Dort lassen sich Krankenhäuser hinsichtlich Leistungsangebot, Therapieschwerpunkten und Qualität miteinander vergleichen.
Mehr zum Thema:
Von der DKG zertifizierte Darmkrebszentren in Thüringen: Uniklinikum Jena, Helios Erfurt, Helios Gotha, Helios Meiningen, Katholisches Krankenhaus Erfurt, SRH Wald-Klinikum Gera, SRH Klinikum Suhl, Hufeland Klinikum Mühlhausen, Südharz Klinikum Nordhausen, Klinikum Bad Salzungen, Thüringen-Kliniken Saalfeld
Von der DKG zertifizierte Pankreaszentren (Bauchspeicheldrüse): Uniklinikum Jena (neu seit November) Helios Klinikum Erfurt, Katholisches Krankenhaus Erfurt, SRH Wald-Klinikum Gera
Für chirurgische Eingriffe bei Tumoren an der Bauchspeicheldrüse gibt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) eine Mindestmenge von zehn Operationen im Jahr vor. Aus Sicht der Barmer ist diese Vorgabe zu niedrig gegriffen.
Für chirurgische Eingriffe bei Darmkrebs existiert bislang keine Mindestmengenvorgabe.
Hinter der gesetzgeberischen Idee der Mindestmenge steht das Ziel, besonders schwierige Eingriffe aus Gründen der Qualitätssicherung nur von solchen Kliniken durchführen zu lassen, deren Ärztinnen und Ärzte damit ausreichend Erfahrung haben.