Zwei Ärztinnen bei einer Operation.
Pressemitteilung aus Thüringen

Jede fünfte Krankenhausbehandlung auch ambulant möglich

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Erfurt, 6. Oktober 2023 –Der medizinische Fortschritt ermöglicht, dass immer mehr Operationen ambulant gemacht werden können. Trotzdem stehen in Thüringen noch zu viele Eingriffe und Behandlungen im Zusammenhang mit einem Krankenhausaufenthalt. Das ist das zentrale Ergebnis einer Analyse im Versorgungskompass des Barmer Instituts für Gesundheitssystemforschung. Demnach hätte mindestens jede fünfte Krankenhausbehandlung (20,8 Prozent) im 4. Quartal 2022 in Thüringen ambulant im Krankenhaus oder in einer Arztpraxis erfolgen können. Bei Menschen zwischen 40 und 49 Jahren hätte sogar fast jede dritte stationäre Behandlung (32,1 Prozent) ambulant stattfinden können. 

Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Foto: Michael Reichel

Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Foto: Michael Reichel

„Krankenhausaufenthalte sind für manche Patientinnen und Patienten mit großen Belastungen verbunden. Studien belegen außerdem, dass die Genesung im eigenen Zuhause oftmals schneller und komplikationsloser verläuft. Das sind gute Gründe, künftig mehr ambulant zu operieren“, sagt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Zudem würden stationäre Aufenthalte viel Personal binden, was den Fachkräftemangel unnötig verschärfe. „Auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung sollten die knappen Personalressourcen im Krankenhaus möglichst effektiv eingesetzt werden“, so Dziuk weiter. Insgesamt käme es durch mehr ambulante Operationen zu einer Win-Win-Situation mit weniger Belastungen für Patienten, mehr Ressourcen für die Leistungserbringenden und reduzierten Kosten in der Gesetzlichen Krankenversicherung.

93.000 Krankenhausaufenthalte vermeidbar

Der sogenannte Katalog ambulant durchführbarer Operationen, sonstiger stationsersetzender Eingriffe und Behandlungen (kurz AOP-Katalog) listet Behandlungen auf, die ambulant oder stationär durchführbar sind. Beispiele sind Katarakt-Operationen („Grauer Star“), Gebärmutterausschabungen, Leistenbruch-Operationen oder auch die Entfernung der Rachenmandeln (Polypen). Neben dem AOP-Katalog sind für die Analyse im Versorgungskompass der Barmer auch weitere potenziell ambulantisierbare Operationen aus dem sogenannten IGES-Gutachten herangezogen worden. „Die Basis der Untersuchung im Versorgungskompass bilden alle somatischen Krankenhausfälle im Land mit Ausnahme von Geburten, da hierbei Wahlfreiheit herrscht“, erklärt Birgit Dziuk. 

Dementsprechend habe es in Thüringen im Jahr 2022 rund 452.000 Krankenhausbehandlungen gegeben. Das Ambulantisierungspotenzial, also der Anteil der Fälle, die entweder im AOP-Katalog oder IGES-Gutachten zu finden sind und bei denen keine ersichtlichen Risikofaktoren (zum Beispiel hohes Patientenalter oder eine Begleiterkrankung) einen stationären Aufenthalt erforderlich machten, habe im vergangenen Jahr relativ konstant zwischen 20,3 und 20,8 Prozent gelegen. Folglich hätten in Thüringen rund 93.000 stationäre Behandlungen auch ambulant erfolgen können. „Wenn mehrere zehntausend Krankenhausbehandlungen umgeleitet werden können, bekommt man eine Vorstellung davon, wie viel Personal dadurch für andere vollstationäre Behandlungen eingesetzt werden könnte“, so Dziuk.

Krankenhausreform als Chance

Die Analyse im Versorgungskompass macht deutlich, dass es in Thüringen regionale Unterschiede hinsichtlich des Ambulantisierungspotenzials gibt. Demzufolge fiel das Ambulantisierungspotenzial im 4. Quartal 2022 mit 14,9 Prozent im Saale-Orla-Kreis am geringsten aus. Der höchste Wert wurde im selben Zeitraum im Kreis Sonneberg mit 24,4 Prozent identifiziert. Dies sei jedoch lediglich eine Momentaufnahme, so Dziuk, da die Reihenfolge im Zeitverlauf (von 2019 bis 2022) variiere. „Fakt bleibt, dass es in Thüringen durchaus Möglichkeiten für mehr ambulante Behandlungen gibt“, sagt die Barmer-Landeschefin. Für sie biete in diesem Kontext die anstehende Krankenhausreform eine Chance. Im Rahmen der Krankenhausneuausrichtung müsse genau in den Blick genommen werden, welche Krankenhäuser als ebensolche unverzichtbar sind und welche für die wichtige Funktion als regionale Versorgungszentren, beispielsweise mit Schwerpunkt für ambulante Operationen, weiterentwickelt werden könnten, so Dziuk weiter.

Ambulantisierung bedeute, unnötige und für die Menschen oft belastende stationäre Krankenhausaufenthalte zu vermeiden. „Das erfordert eine vom Land orchestrierte gemeinschaftliche Planung, in welche sowohl die Krankenhäuser als auch die niedergelassene Ärzteschaft eingebunden werden“, bewertet Birgit Dziuk die Möglichkeiten für die Zukunft in Thüringen.

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