Eine niedergeschlagene junge Frau liegt mit dem Smartphone in der Hand auf dem Bett. Sie ist Opfer von Cybermobbing geworden.
Pressemitteilungen aus Thüringen

Gegen Cybermobbing!

Lesedauer unter 7 Minuten

Erfurt, 30. November 2020 – Mit einer Online-Kampagne macht die Barmer Thüringen in den sozialen Netzwerken und auf ihrer Internetseite auf Cybermobbing und Hass im Netz aufmerksam. Neben Erfahrungsberichten von Betroffenen und Tipps gegen Mobbing kooperiert die Krankenkasse mit dem Online-Hilfsangebot krisenchat.de, das Krisenberatung für Kinder und Jugendliche per SMS oder WhatsApp umfasst. 

Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen. Foto: Michael Reichel

Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Thüringen. Foto: Michael Reichel

Cybermobbing findet oft für Eltern unsichtbar am PC oder auf dem Handy statt. Sie sollten auf Verhaltensänderungen achten: Ist das Kind müde, appetitlos oder zieht sich zurück? Dann ist es Zeit, näher hinzuschauen. Körperliche Probleme sollten Eltern ernst nehmen und nach Ursachen forschen“, sagt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer Thüringen. Von körperlichen Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Schlafstörungen bis hin zu Depressionen sei die Bandbreite möglicher Folgen sehr groß.

Cybermobbing kann zu Depressionen und Sucht führen

Jeder beziehungsweise jede fünfte Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren hat Erfahrungen mit Cybermobbing gemacht. Besonders Mädchen berichten davon, als Betroffene oder Zeugin. Zu diesem Ergebnis kommt die SINUS-Jugendstudie 2020, an der die Barmer als Partnerin beteiligt ist. Cybermobbing beeinträchtigt den Studienergebnissen zufolge gravierend den Alltag und führt bei einigen Betroffenen zu Depressionen und Suchtverhalten. Das Mobbing gilt als wesentlicher Grund dafür, warum viele Jugendliche Social Media außerhalb der privaten Gruppen nur noch passiv nutzen, da verletzende Kommentare inzwischen fast an der Tagesordnung sind.

Beratungsangebot in Kooperation mit krisenchat.de

Die Barmer will junge Menschen und deren Eltern auf die Gefahren von Cybermobbing aufmerksam machen und zeigen, was sie dagegen unternehmen können. Deshalb kooperiert die Krankenkasse mit dem Portal krisenchat.de, welches Kindern und Jugendlichen kostenlose Beratung in Notsituationen anbietet - rund um die Uhr per SMS oder WhatsApp, ohne Anmeldung und Registrierung. Geschulte ehrenamtliche Krisenberaterinnen und -berater aus Psychotherapie, Psychologie, Sozialpädagogik und sozialer Arbeit antworten innerhalb einer Minute.

Mehr über Cybermobbing und ein Erklärvideo unter: www.barmer.de/cybermobbing

Was genau ist eigentlich Cybermobbing?
Mobbing ganz allgemein bedeutet, jemanden gezielt psychisch, aber auch körperlich fertigzumachen. Das geht vom Lächerlich machen über Beleidigungen bis hin zu körperlicher Gewalt. Und dieses Phänomen verlagert sich auch ins Netz, hier spricht man dann von Cybermobbing. Da werden gefälschte Fotos des Opfers gezeigt oder private, vielleicht peinliche Situationen per Foto oder Video veröffentlicht. In Gruppen wird hämisch oder beleidigend über jemanden hergezogen. Sogar Profile werden gehackt und gefälscht. 

Wer ist besonders von Cybermobbing betroffen?
Wer sich im Internet aufhält und dort Dinge über sich preisgibt, kann Opfer einer Cybermobbing-Attacke werden. Das trifft natürlich vor allem Kinder und Jugendliche, die in der digitalen Welt groß werden und oft leichtfertig Dinge im Internet teilen. 

Ist Cybermobbing in Thüringen überhaupt ein Thema?
Leider ja. Die Forschung zeigt, dass Cybermobbing überall vorkommt, in allen Regionen Deutschlands, in allen Schulformen. Und die Konsequenzen sind oft noch viel schlimmer als bei klassischem Mobbing in der Offline-Welt. Deshalb ist es wichtig, dass jeder in seinem Umfeld auf Anzeichen achtet und eine digitale Zivilcourage entwickelt.

Wieso ist Cybermobbing ein Thema für die Barmer?
So toll die vielen Chancen sind, die sich aus der Digitalisierung für junge Menschen ergeben, so genau müssen wir immer wieder hinschauen: Was macht uns gesund, was macht uns krank? Cybermobbing endet nicht an der Haus- oder Wohnungstür. Niemand kann genau wissen, wie viele Personen das beschämende Foto gesehen oder die Lüge gehört haben, die verbreitet wurde. Daher ist Cybermobbing kein dummer Jungenstreich, sondern extrem belastend für die Opfer. Und die Liste der körperlichen und seelischen Symptome, die Cybermobbing auslösen kann, ist lang. Darüber möchten wir aufklären.

Was können Opfer von Cybermobbing tun?
In keinem Fall sollte man auf solche E-Mails oder SMS antworten, sondern sich zunächst bei der Familie oder im Freundeskreis Rat suchen. Wenn das nicht geht, gibt es auch Hilfe-Hotlines, die man anrufen oder anschreiben kann. Wichtig ist auch, Beweismaterial zu sichern: Alles speichern, aufschreiben und Screenshots machen. Veranlassen sollte man die Löschung von diffamierenden Inhalten beim Netzwerk-Betreiber oder dem Betreiber der Seite. Wenn der Mobber oder die Mobberin bekannt ist, löscht der oder die Betroffene den Namen aus der Kontaktliste oder ignoriert ihn oder sie. In schwerwiegenden Fällen erstattet man Anzeige.

Drohen gesundheitliche Risiken?
Ob beleidigende Mails, peinliche Videos oder Bloßstellungen auf in den sozialen Medien – Cybermobbing kann die Gesundheit stark beeinträchtigen. Von körperlichen Beschwerden wie Bauchschmerzen oder Schlafstörungen bis hin zu Depressionen ist die Bandbreite möglicher Folgen sehr groß.

Wie können Eltern helfen?
Vor allem, indem Eltern ihrem Kind zur Seite stehen und dessen Selbstbewusstsein stärken. Die wichtigste Botschaft: „Es liegt nicht an Dir!“ Gerade bei Cybermobbing ist es wichtig, dass Kinder sich trauen, offen darüber zu reden, statt sich zu fürchten, dass ihnen die Eltern zusätzlich auch noch das Handy wegnehmen.

Was tue ich, wenn ich merke, dass jemand Opfer wird?
Am besten ist es, die Person direkt anzusprechen und ihr zu sagen: „Ich bin für dich da!“ Niemand darf das Gefühl haben, in der Situation alleine zu sein und selbst damit klarkommen zu müssen.

Wie hilft die Barmer?
Die Barmer kooperiert dazu mit krisenchat.de. Das neue Online-Angebot wendet sich gezielt an Jugendliche mit akuten psychischen Problemen. Für sie muss ein Hilfsangebot unkompliziert und sofort verfügbar sein – direkt per Smartphone kontaktierbar, ohne dass vorher eine Praxis aufgesucht werden muss. Bei krisenchat.de wird Kindern und Jugendlichen kostenlose Beratung in Notsituationen angeboten, rund um die Uhr per SMS oder WhatsApp, ohne Anmeldung und Registrierung. Geschulte ehrenamtliche Krisenberaterinnen und -berater aus Psychotherapie, Psychologie, Sozialpädagogik oder sozialer Arbeit antworten innerhalb einer Minute.

10 Tipps für Jugendliche:

1. Habe gesundes Misstrauen gegenüber Fremden und falschen Freunden.

2. Ruhe bewahren und keine Selbstzweifel aufkommen lassen. Denn: Du bist okay, so wie Du bist!

3. Nicht reagieren. Auch wenn es schwer fällt: Die Täter warten wahrscheinlich nur darauf, Deine Reaktion als Aufhänger für den nächsten Angriff zu nutzen.

4. Hol Dir Hilfe und rede darüber. Wende Dich an Deine Eltern, Lehrer oder andere erwachsene Personen, denen Du vertraust, oder an eine offizielle Hilfseinrichtung.

5. Dokumentiere die Angriffe. Sichere Kopien von Attacken, die Du erlebst. Das hilft später bei der Aufklärung des Falles.

6. Sperre die Täterin oder den Täter oder/und melde sie oder ihn beim jeweiligen Social-Media-Anbieter.

7. Lass die Inhalte vom Social-Media-Anbieter (Impressum!) löschen, soweit dies möglich ist.

8. Kenne Deine Rechte. Niemand darf Dich – weder online noch offline – verletzen und beleidigen und auch nicht unerlaubt Fotos oder Videos von Dir veröffentlichen.

9. In schlimmen Fällen: Wende Dich an die Polizei, erstatte Anzeige.

10. Hilf betroffenen Freunden: Wer Cybermobbing erlebt, braucht jemanden, der zu ihm hält.

10 Tipps für Eltern:

1. Sprechen Sie mit ihren Kindern so früh wie möglich über Risiken im Internet.

2. Seien Sie der sichere Hafen und bieten Sie uneingeschränkten Rückhalt.

3. Hören Sie aufmerksam zu.

4. Signalisieren Sie, dass stets über alle Probleme geredet werden kann und dass Sie gemeinsam Lösungen dafür finden werden.

5. Drohen Sie nicht, das Handy wegzunehmen oder mit anderen Strafen.

6. Werden Sie aktiv – Cybermobbing verstummt nicht von allein.

7. Melden Sie den Vorfall dem Betreiber der jeweiligen Online-Plattform.

8. Löschen Sie die Mobberin oder den Mobber aus der Kontaktliste.

9. Sichern Sie Beweismaterial.

10. Kontaktieren Sie die Schule, nach Rücksprache mit dem Kind gegebenenfalls auch die Eltern der Täterinnen und Täter und – wenn diese Maßnahmen nicht helfen – durchaus auch die Polizei.

Hilfs- und Informationsangebote zu Cybermobbing:

krisenchat.de ist ein bundesweites, ehrenamtliches und kostenloses Hilfsangebot für Kinder und junge Erwachsene in Not. Das Angebot bietet Kindern und Jugendlichen professionelle Hilfe – jeden Tag, 24 Stunden, per SMS oder WhatsApp. Krisenchat.de verspricht, kurzfristig, professionell und empathisch auf eine Nachricht zu antworten. Der Chatkanal wird von ehrenamtlichen qualifizierten Krisenberaterinnen und -beratern betrieben.

www.krisenchat.de

Neben wichtigen Informationen rund um Cybermobbing bietet die Webseite unter anderem Unterrichtsmaterialien für Lehrerinnen und Lehrer und Pädagoginnen und Pädagogen sowie Trainingsmodule für die Jugendsozialarbeit außerhalb des schulischen Alltags. Sehr empfehlenswert auch für weiterführende Links für Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter.

www.cyberhelp.eu/de

Übersichtlich strukturiert finden sich hier Anlaufstellen und gute Tipps für Opfer von Cybermobbing, deren Eltern und Lehrerinnen und Lehrer. Zudem gibt es Empfehlungen und Angebote speziell für Schulen.

https://www.buendnis-gegen-cybermobbing.de/

Auf dieser Selbsthilfe-Plattform der Niedersächsischen Landesmedienanstalt geben fachlich geschulte ehrenamtliche Scouts zwischen 14 und 18 Jahren ihren Altersgenossinnen und -genossen Tipps bei und gegen Cybermobbing.

https://www.juuuport.de/beratung

Die Nummer gegen Kummer ist eine kostenfreie Anlaufstelle bei psychischen Problemen – auch bei Cybermobbing, das psychisch schwer belastend sein kann. Kinder und Jugendliche wählen 0800 1110333, Eltern und Pädagogen 0800 1110550.

www.nummergegenkummer.de

Kontakt für die Presse:

Patrick Krug
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