Erfurt, 5. September 2018 – Bei der Barmer in Thüringen sind seit Inkrafttreten des Cannabis-Gesetzes im Vorjahr 147 Anträge auf die Kostenübernahme cannabishaltiger Arzneimittel eingegangen. Davon wurden 82 Anträge bewilligt und 65 abgelehnt. Bundesweit waren es insgesamt 6.583 Anträge, von denen 4.436 genehmigt wurden. Die Bewilligungsquote schwankt je nach Bundesland zwischen 53 und 76 Prozent. In Thüringen liegt sie bei 56 Prozent.
Nutzen von Cannabis häufig nicht erwiesen
Cannabishaltige Arzneimittel dürfen seit der Gesetzesänderung vom 10. März 2017 bei vielen Erkrankungen verordnet werden. „In Einzelfällen hat Cannabis die medizinische Versorgung von schwerkranken Patienten sicherlich verbessert. Aber nach wie vor fehlen aussagekräftige wissenschaftliche Studien. Deshalb widerspricht die fast grenzenlose Erweiterung des therapeutischen Spektrums allen Erkenntnissen der evidenzbasierten Medizin“, erklärt Birgit Dziuk, Landesgeschäftsführerin der Barmer in Thüringen.
Die Analyse der Barmer-Abrechnungsdaten zeigt, dass Cannabis hauptsächlich als Schmerzmedikament eingesetzt wird. Im Vorjahr war das bundesweit bei mehr als der Hälfte der Cannabis-Verordnungen der Fall. „Bei Schmerzen sollte Cannabis möglichst nur als Ergänzung zu bewährten Konzepten wie der multimodalen Schmerztherapie zum Einsatz kommen“, so Dziuk. „Es liegt kein klarer Nachweis vor, dass Cannabis bei Tumor-, Skelett- und Muskelschmerzen wirkt.“
Cannabis-Blüten kaum dosierbar und unverhältnismäßig teuer
Laut Auswertung betrugen die Gesamtkosten der Barmer für Cannabis-Präparate rund acht Millionen Euro. Dabei gab es große Kostendifferenzen. Während etwa im Mai 2018 die Ausgaben für Fertigarzneimittel und Rezepturen im Schnitt zwischen 350 und 721 Euro je Cannabis-Patienten betrugen, beliefen sie sich bei Cannabis-Blüten auf 1.708 Euro.
„Cannabis-Blüten sind nicht nur unverhältnismäßig teuer, sondern in der Praxis auch kaum dosierbar, da es verschiedene Sorten, Stärken und Verabreichungsformen gibt. Blüten sollten nicht zum Einsatz kommen, zumal es alternative Cannabis-Präparate gibt“, sagt Dziuk. Die Cannabisblüten und Extrakte durchlaufen zudem nicht den Prozess der frühen Nutzenbewertung, weil sie als Naturprodukte keine Neuentwicklung eines Pharmaherstellers sind.