Übung macht den Meister - stationäre Leistungen konzentrieren
Mehr als 900 Patientinnen und Patienten in Schleswig-Holstein könnten von mehr Qualität bei Hüft-, Knie- und Herzoperationen profitieren und vor Gelegenheitschirurgie bewahrt werden. Dabei müssten sie nur geringfügig längere Fahrzeiten zur Klinik in Kauf nehmen. Das ist das Ergebnis unserer Analyse im Krankenhausreport. Selbst 285 Eingriffe am Herzen ließen sich in Krankenhäuser verlegen, in denen der Patient besser aufgehoben wäre. Die Verlagerung von Operationen hat darüber hinaus nur einen geringfügigen Einfluss auf die Fahrzeiten. Dem stehen erwartbare Qualitätssteigerungen in der Behandlung gegenüber. Wo immer eine Verlagerung möglich ist, sollte sie daher erfolgen. In Schleswig-Holstein erreichen immerhin 96 Prozent der Bevölkerung den nächsten Krankenhausstandort mit Optimalversorgung in weniger als 30 Minuten. Eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausplanung darf sich deshalb nicht an der Zahl der Betten orientieren, sondern an Qualitätsparametern im Sinne der Patientensicherheit.
„Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch anwenden;
es ist nicht genug zu wollen, man muss es auch tun.“
Dieses Zitat aus einem Buch von Johann Wolfgang von Goethe passt zum deutschen Gesundheitswesen. Schon lange diskutieren wir über notwendige Reformen. Aber die wirtschaftlich guten Jahre, in denen wir etwas hätten verbessern können, haben wir dafür nicht genutzt. Jetzt ist die Zeit vorbei, in der wir könnten, und wir bekommen die Quittung für unsere Untätigkeit: Personalmangel im Gesundheitswesen, Über-, Unter- und Fehlversorgung, steigende Ausgaben und ein GKV-Defizit von mindestens 17 Milliarden Euro. Josef Hecken sagte beim diesjährigen Hauptstadtkongress, man könne sich 40 Jahre einfrieren lassen. Das Gesundheitswesen würde nach dem Auftauen noch immer über dieselben Themen diskutieren. Wir haben kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Es wird zu lange geredet und zu oft blockiert. Lassen sie uns notwendige Reformen und wichtige Dinge wie die sektorenübergreifende Versorgung nicht auf die lange Bank schieben. Die Barmer macht dazu konkrete Vorschläge in ihrem überarbeiteten 10-Punkte-Papier.
Jede zehnte Operation könnte ambulant durchgeführt werden
Viele Operationen werden in Deutschland völlig unnötig stationär durchgeführt. Dabei könnten allein in Schleswig-Holstein rund neun Prozent aller Eingriffe ambulant erfolgen. Mit Vorteilen für die Patientinnen und Patienten. Zu diesem Ergebnis kommt das Barmer Institut für Gesundheitssystemforschung (bifg) in einer Analyse. Für die beiden Kreise Steinburg und Stormarn wurde ein noch etwas höheres Ambulantisierungspotenzial von mindestens elf Prozent und mehr ermittelt. Das tatsächliche Potenzial im Bereich der Ambulantisierung dürfte für unser Land aufgrund des konservativen Berechnungsansatzes der Studie noch höher liegen. Bei jüngeren ist es im Vergleich zu älteren Patienten natürlich ebenfalls höher. Eins wird sehr deutlich: der Grundsatz "ambulant vor stationär" muss stärker als bisher gelebt werden. Kliniken, Arztpraxen und Medizinische Versorgungszentren sollten sich ganz gezielt auf ambulante Operationen ausrichten. Denn dadurch würden in den Krankenhäusern nur noch Patienten stationär behandelt, die dort zwingend hingehörten. Und damit gleichzeitig Ärztinnen, Ärzte und Pflegepersonal entlastet.