Aus der Corona-Pandemie lernen
Corona hat das Gesundheitswesen einem enormen Stresstest unterzogen. Diesen hat es in vielen Bereichen mit Bravour gemeistert. Gleichzeitig hat die Krise strukturelle Defizite deutlicher denn je aufgedeckt. Ein Großteil dieser Probleme ist nicht neu und besteht seit Jahrzehnten. Auf keinen Fall darf es ein „weiter so“ geben! Umso mehr ist es an der Zeit, die Probleme endlich zu beheben. Handlungsbedarf besteht vor allem im stationären Sektor. Es hat sich gezeigt, dass besonders spezialisierte und große Krankenhäuser die Versorgung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten sichergestellt haben. Daran sollte sich die Krankenhausplanung orientieren. Stationäre Leistungen sollten an den Standorten konzentriert werden, die die personellen und apparativen Anforderungen erfüllen und ausreichend Erfahrung haben, eine qualitativ hochwertige Versorgung sicherzustellen. Das bedeutet nicht, dass Krankenhäuser geschlossen werden müssen. Eher sollten kleinere Kliniken in Gesundheits- oder Pflegezentren umgewandelt werden. Außerdem sollten mehr stationäre Leistungen ambulant erbracht werden.
Als weiterer Schritt sollte das Krankenhaus-Vergütungssystem weiterentwickelt werden. Insbesondere ist es dabei wichtig, dass Leistungen besser abgebildet und Vorhaltekosten je Versorgungsstufe besser berücksichtigt werden als bislang. Die Pflegekosten sollten wieder eingegliedert werden. Auch eine ausreichende investive Ausstattung der Krankenhäuser muss sichergestellt sein. Die Investitionsmittel der Länder sind nach wie vor unzureichend.
Anpassung der Mindestmengenregelungen für Krankenhäuser
Mit dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz (GVWG), das im Juni beschlossen wurde, sind die bis dato bestehenden Mindestmengen-Regelungen für bestimmte Leistungen im Krankenhaus verschärft worden. Über Ausnahmeregelungen konnten die Länder bislang den Krankenhäusern ermöglichen, Leistungen erbringen zu dürfen, obwohl sie die entsprechende Mindestmenge nicht erreicht hatten. Zukünftig können die Länder zwar weiterhin Ausnahmen von den Mindestmengenvorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses vorsehen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sonst die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung gefährdet würde. Über Ausnahmen von der Mindestmengenregelung entscheidet künftig die Landesbehörde auf Antrag des Krankenhauses im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen.
Die Aussetzung von Mindestmengenvorgaben ist jeweils auf ein Jahr befristet und muss danach neu beraten werden. Damit die bundesweiten Qualitätsvorgaben in der Krankenhausversorgung stringent umgesetzt werden, wäre die ursprünglich vorgesehene Streichung aller Ausnahmetatbestände von den Mindestmengenregelungen konsequenter gewesen.
Dass die Landesbehörden zukünftig nur im Einvernehmen mit den Krankenkassen Ausnahmeentscheidungen gewähren können, ist dennoch sinnvoll. Die Kostenträger erhalten damit ein verbindliches Mitspracherecht im Rahmen der Krankenhausplanung. Auch wenn dieses Mitspracherecht nur auf die Mindestmengenregelung begrenzt ist, handelt es sich um einen Schritt in die richtige Richtung und um eine Hürde, Ausnahmeentscheidungen nicht willkürlich anzuwenden.
Nur eine vollständige ePA ist eine gute ePA
Seit dem 01.07.2021 müssen alle vertragsärztlich tätigen Leistungserbringer mit der elektronischen Patientenakte (ePA) verbunden sein und diese nutzen und befüllen können. In Krankenhäusern ist ihr verpflichtender Einsatz spätestens zum 01.01.2022 vorgesehen. Ab dem Jahr 2022 sollen darüber hinaus auch weitere strukturierte Dokumente, wie der Impfpass oder das Untersuchungsheft für Kinder gespeichert werden und digital abrufbar sein können.
Es kommt nun darauf an, die Akte schnell mit Leben zu füllen und Hürden bei der Einrichtung abzubauen, damit die ePA eine breite Akzeptanz finden kann. Die ePA stiftet nämlich nur dann einen medizinischen Nutzen, wenn die enthaltenen Befunde vollständig und aktuell sind. Unvollständige Dokumente könnten dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte sich nicht auf die vorliegenden Informationen verlassen. Parallele Dokumentation und Doppeluntersuchungen könnten gar befördert werden. Bei der Freigabe der Dokumente sollten die Versicherten deshalb Datenschutz und medizinischen Nutzen sorgfältig abwägen.
Darüber hinaus sollten Versicherte ihre Daten zu Forschungszwecken zur Verfügung stellen können. Für den Nutzen des Patienten bzw. der Patientin wird es entscheidend sein, dass die Daten aus seiner bzw. ihrer wie aus der Behandlung aller anderen für die Gesundheitsforschung genutzt werden können. Eine enge Verzahnung zwischen Versorgung und Forschung erhöht die Chancen differenzierter Diagnostik und zielgenauer Therapie auf dem jeweiligen Stand der Wissenschaft.